Glückliche Ehe
entwaffnend Ehrliches hatte: »Ich bin komisch mit meinen Bildern, Mom. Ich zeige sie einfach nicht gern. Es hat nichts mit dir zu tun. Ich zeige sie nur nicht gern.« Sie bewegte sich, als wollte sie sich aufsetzen, und sagte zu Enrique: »Es ist verrückt, aber ich glaube, mein Magenschlauch ist von den Würstchen verstopft. Es staut sich.« Sie schlug die Bettdecke zurück. Im PEG-Schlauch waren die rotbraunen und beigen Bestandteile ihres Deli-Mittagessens deutlich zu erkennen. Bei dieser schonungslosen Demonstration flüchteten die Cohens in entferntere Teile des Zimmers.
Enrique zog sich mit Margaret ins Bad zurück, wo sie erstmals seit seinem Gespräch mit Dorothy und Leonard über die Beerdigungsmodalitäten allein waren – Gelegenheit zu einer Analyse der Lage. Enrique schilderte, wie ihre Eltern reagiert hatten, während er am Waschbecken stand und Margaret half, Stücke unverdauter Nahrung abzusaugen, die zu grob für das dünne Schlauchende waren. Darinwaren sie alte Hasen. Es hatte auch einmal Zeiten gegeben, da diese groteske Prozedur sie anekelte. Als mehr Würstchen und Knishes herauszukommen schienen, als hineingelangt waren, mussten sie lachen, und sie lachten noch lauter, als Margaret sagte: »Ich habe das Gefühl, da kommen alle Würstchen raus, die ich je gegessen habe.« Enrique saugte und Margaret quetschte, und er erzählte ihr, wie Dorothys beinahe ausgeflippt sei, als sie gehört habe, dass Margaret nicht bei ihrer Familie begraben werden wolle. »Du hast deine Sache gut gemacht, Puff«, sagte sie.
»Woher willst du das wissen?«
»Weil sie zu mir kein Wort darüber gesagt hat.«
Diese Selbstzensur hielt nicht lange an. Dorothy schnitt das Thema an, sobald das jüdische Essen weggeräumt und Schlauch und Beutel dezent verborgen waren. Die Cohens gruppierten sich wieder um das Ehebett. Sie setzten sich auf Stühle, nur Dorothy stellte sich hinter ihren älteren Sohn, Rob, der beim Cowboy-und-Indianer-Spiel einst so gemein gewesen war, und verkündete: »Stell dir vor, Margs! Ich war so außer mir, weil du nicht im Familiengrab beerdigt werden willst, bei uns allen, und da habe ich mit Rob gesprochen, und rate mal, was er gemacht hat!« Sie lachte entzückt. »Er hat eine Grabstelle in New Haven gekauft!«
Rob zwinkerte Enrique verschwörerisch zu. »Wer will schon in New Jersey beerdigt werden? Jeder will doch in der Nähe von da begraben werden, wo er gelebt hat. Außer meinen Eltern. Die wollen mal in einem Staat liegen, wo sie nie gelebt haben und den sie gar nicht leiden können.«
Leonard sagte liebevoll: »Sei nicht so frech.«
Dorothy protestierte: »Papa Sam hat das Grab gekauft, weil es groß und günstig war. Ihr wisst doch, dass er günstigen Angeboten nicht widerstehen konnte. Und ich dachte, es wäre doch schön, wenn wir alle zusammen sein könnten. Und so praktisch. Nur eine Fahrt.« Dorothy lachte über sichselbst. »Aber das ist nicht so wichtig. Wir beide haben uns lieb, das ist wichtig.«
»Hey, Ma, du willst bei mir begraben werden?«, sagte Margaret mit einem verschlagenen Grinsen. »Kein Problem. In Green-Wood ist noch ein Grab zu haben.« Margaret machte eine übertriebene Großmutsgeste. »Dann sind wir für immer vereint.«
Jetzt endlich kam Dorothy an ihr Bett – den ganzen Tag hatte sie jeden unmittelbaren Kontakt vermieden. Sie setzte sich neben ihre Tochter und nahm deren Gesicht zwischen beide Hände. »Ich glaube nicht, dass du mich für alle Ewigkeit gleich nebenan haben willst.« Sie küsste Margaret kurz und fest auf die Stirn, resolut wie immer, drehte sich dann zu ihren Schwiegertöchtern um und erklärte ihnen: »Als Teenager hat Margaret mir verboten, vor dem Frühstück mit ihr zu sprechen.«
»Beim und nach dem Frühstück auch«, sagte Margaret, worauf alle loslachten. »Ich kann es nicht leiden, vor Mittag angesprochen zu werden, stimmt’s, Enrique?«
»Und ob«, sagte er, und bei seinem gespielt furchtsamen Ton lachte die ganze Familie wissend. Aber diese kleine Komödie war eine Lüge. Er wusste, wie er seine Frau zum Reden bringen konnte, sobald sie ihre erste Tasse Kaffee geleert hatte. Ja, sie wollte oft lieber allein sein und schweigen. In ihren neunundzwanzig gemeinsamen Jahren hatte es viele Momente gegeben, in denen ihm klar gewesen war, dass sie sich wegen seiner schieren Anwesenheit, wegen Lärm und Trubel, den ihre Söhne veranstalteten, wegen der Aufschwünge und Abstürze seiner Karriere und der Melodramen seiner Eltern
Weitere Kostenlose Bücher