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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Terry O’Dowd. Er hat die Tür an Ihrem Haus praktisch umsonst repariert, und ich habe ihm versprochen, sollte ich je Gelegenheit haben, mit Ihnen zu sprechen, dann würde ich Sie bitten, ihn und die Leute in Leitrim zu besuchen.«
    »… Okay.«
    »Nichts Besonderes, einfach Tee und Sandwiches in Ihrem Haus, eine offene Einladung. Man muss nicht bis ans Ende der Welt reisen, um Menschen zu helfen, Docker. Zurzeit ist die Moral in diesem armen Land ziemlich am Ende, die Leute haben es nicht leicht, und wenn Sie nach Leitrim fah ren, wird das der Höhepunkt des Jahres für die Menschen dort sein. Sie würden wirklich …« Ich wollte nicht sarkastisch klingen, wirklich nicht. »Sie würden etwas bewirken .«

68
    M um kam auf Zehenspitzen die Treppe runter. »Ist er weg?«
    »Ja.«
    »War er wirklich da? Ist das alles wirklich geschehen?«
    »Ja.«
    »Das war eins der schlimmsten Erlebnisse in meinem gan zen Leben. Davon werde ich mich niemals erholen.«
    »Ich mich auch nicht. Ich glaube, ich lege mich ein bisschen hin.«
    Ich fühlte mich höchst sonderbar, stieg langsam nach oben und kroch ins Bett, ohne mich vorher auszuziehen. Ich musste die Zeit irgendwie rumkriegen, bis das Büro, das Wayne am Morgen seines Verschwindens angerufen hatte, um zehn Uhr wieder aufmachte. Und wenn es, was ich vermutete, eine Telefongesellschaft war, dann würde ich Jay Parker anrufen und ihm nahelegen, alle drei Konzerte abzusagen.
    Ich schloss die Augen, verfiel für zwei Stunden in einen seltsamen Schwebezustand, und kam um fünf vor zehn wie der zu mir.
    Langsam richtete ich mich auf und stellte die Füße auf den Boden. Ich beschloss, dass ich zuallererst meine Tablette nehmen würde. Ich holte die Packung aus dem inneren Reißverschlussfach meiner Handtasche, wo ich sie immer sicher und leicht erreichbar verstaute, und aus lauter Dankbarkeit, dass sie da war, hätte ich sie beinahe geküsst. Ich dachte an die Cymbalta in Waynes Nachttischschublade und die Stilnox in seinem Badezimmerschrank, und dass er sich einfach locker abgesetzt hatte – wohin auch immer –, ohne sie mitzunehmen. Zurzeit konnte ich nirgendwo hingehen, ohne meine Tabletten bei mir zu haben – allein der Gedanke, ohne sie zu sein, war entsetzlich.
    Und in dem Moment, aus heiterem Himmel, hatte ich eine meiner seltenen, aber brillanten Eingebungen: Ich wusste, wo Wayne Diffney war.
    Ich rief Artie an: »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten«, sagte ich.
    Dann wählte ich eine andere Nummer, und Docker antwortete nach dem vierten Klingeln. »Helen?«
    Es war furchtbar laut, ich konnte ihn kaum verstehen. »Docker? Gott, was ist das für ein Lärm? Wo sind Sie?«
    »Im Moment über Roscommon. Ich bin in einem Hub schrauber. In fünfzehn Minuten landen wir bei meinem Haus in Leitrim.«
    Ein Hubschrauber. Wenn das kein Glücksfall war!
    »Ich habe mit Ihrem Freund gesprochen, Terry O’Dowd«, brüllte er, um sich durch das Motorengeräusch verständlich zu machen. »Netter Kerl. Es ist alles vorbereitet. Vom Hotel im Ort kann ich mir dreihundert Tassen und Untertassen leihen und ein paar Teemaschinen. Terry kümmert sich um Sandwiches und Kuchen, er kennt da jemanden. Seine Frau und ihre Freundinnen sind schon im Haus und machen ein bisschen sauber. Die Einladung ist über den Lokalsender rausgegangen.«
    Es tat gut, all das zu hören. Aber es sollte noch besser werden für Docker und seine Altruismussucht. »Hören Sie, Docker, ich habe eine fantastische Neuigkeit für Sie.«
    »Und das wäre?« Trotz des Geratters konnte ich einen Anflug von Beklommenheit in seiner Stimme hören.
    »Heute werden Sie noch eine weitere Gelegenheit haben, etwas Positives zu bewirken.«
    »Aha … Und wie?«
    Ich musste meine Erklärung und die Anweisungen laut brüllen, aber Docker hörte jedes Wort und verstand genau.
    Dann schickte ich Waynes Telefondaten an Walter Wolcott, denn die waren jetzt nicht mehr wichtig.

69
    A lle sagten, es sehe wie ein Hotel aus, aber das stimmte nicht. Es sah wie ein Krankenhaus aus. Ein schönes, zugegeben, aber es war trotzdem zweifelsfrei ein Krankenhaus. Es gab Fenster, die das Tageslicht hereinließen, aber die Betten waren eindeutig Krankenhausbetten, schmal und höhenverstellbar, mit Metallstreben als Kopfteil. Und die Funktion der schrecklichen, leise gleitenden Vorhänge zwischen den Betten, die einen abschirmten, wenn der Arzt kam und einen am Hintern untersuchte, ließ sich nicht vertuschen.
    In Sankt Teresa gab es Stationen,

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