Glückskekse
Vorhaben ab. Tief in mir taucht wieder dieser Schmerz auf, der mich, seit ich Gabriel kenne, immer wieder befällt. Nicht einmal das laute Rufen meines Namens lässt es besser werden.
„Leo“, brüllt jemand über den ganzen Platz und ich hebe meinen Kopf, um kurz darauf in Jos abgehetztes Gesicht zu blicken. „Sorry, dass wir so spät sind. Aber wir haben die Bahn verpasst. Darf ich dir meinen Mann vorstellen? Leo, das ist Piet. Piet, das ist Leo“, deutet er auf einen hageren, etwas älteren Mann, der jetzt neben ihn tritt. Er sieht nett aus, muss ich zu meiner Verwunderung gestehen. Gar nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Was man wohl auch an meinem überraschten Blick sehen kann.
„Hallo, Leo. Ich bin nicht der Menschenfresser, den du erwartest hast. Ich bin nur manchmal über die Typen genervt, die mein Guter hier immer wieder mal aufließt. Und als er mir von dir erzählt hat, da hab ich schon das Schlimmste befürchtet.“
„Hey Piet. Und, deine Befürchtung eingetroffen?“, frage ich und sehe ihn abwartend an.
„Nein, positiv überrascht“, gesteht er mir offen und ehrlich. „Du kannst dir nicht vorstellen, was Johannes schon so angeschleppt hat. Manchmal denke ich, er wäre bei der Bahnhofsmission besser aufgehoben als beim Zugpersonal“, lacht er mich an und wird durch einen Schlag auf den Hinterkopf von seinem Mann am Weiterreden gestoppt.
„Was erzählst du denn da? Leo muss ja denken, dass ich jeden Penner mit nach Hause bringe.“
„Na ja, nicht jeden“, grinst Piet und tritt schnell einen Schritt beiseite, weil Jo die Hand schon wieder zum Schlag ausholt.
„Okay, so schlimm ist er wirklich nicht. Auf jeden Fall freue ich mich wirklich, dich kennen zu lernen. So, und jetzt? Wollen wir erst einen Kleinigkeit essen oder uns gleich ins Getümmel werfen?“ Fragend sieht Piet mich und Jo an.
Ich zucke mit den Schultern. „Ist mir egal. Ich kann gleich auf die Piste. Aber essen geht auch immer“, grinse ich die beiden an.
„Erst was futtern, Schatzi“, quengelt Jo und hakte sich bei seinem Mann unter. „Ich hab heute noch nichts gehabt.“
„Wie … und was war mit dem Kuchen heute Nachmittag und das späte Frühstück? Und wenn ich mich recht entsinne, dann hast du vorhin auch noch eine halbe Tüte Chips in dich reingemuffelt“, dabei streicht der ihm lächelnd über den Bauch.
„Wie, willst du jetzt sagen, dass ich dir zu dick bin? Ich dachte, du liebst mich so, wie ich bin“, schluchzt Jo leise auf und wird sofort von seinem Mann in die Arme gezogen.
„Tu ich doch auch, Schatz. Du weißt doch, dass ich jedes Gramm an dir liebe. So und nun sei nicht solch eine Dramaqueen. Was soll denn Leo von dir denken, hm?“
Entsetzt dreht er sich zu mir um. „Mist, Leo … ich bin nicht immer so. Ich … weißt du, eigentlich …“, stammelt er und findet nicht die richtigen Worte.
„He, keine Panik. Ich finde euch beide echt niedlich zusammen. Ich denke mal, ihr ergänzt euch gegenseitig. Was du zu viel hast, hat Piet zu wenig … oh, oh, und damit meine ich nicht euer Gewicht oder so. Ich meine eher, du bist so überschwänglich, während Piet doch eher etwas zurückhalten und abwartend ist, oder?“
„Da hast du recht. Und soll ich dir mal was sagen … ich lieben diesen verrückten Kerl über alles!“
„Und ich dich, mein Brummbär“, haucht Jo und kuschelt sich an seinen Mann. Der murmelt ihm etwas ins Ohr, was ihn leise kichern lässt.
„Em … ich will ja nur sehr ungern stören, aber mir frieren hier gleich die Füße fest. Wenn ihr dann soweit seid, würde ich gerne etwas essen gehen.“
„Ups, Sorry“, grinsen die beiden und zu dritt suchen wir uns eine Kneipe, die auch Snacks anbietet. Wir haben viel Spaß miteinander und auf einmal merke ich, wie sehr ich meine Freunde zu Hause vermisse.
Einen Augenblick schweifen meine Gedanken ab, sind bei Tim und Tom, Arne und vor allen Dingen bei meiner Nettie. Irgendwie fühle ich mich schlecht, weil ich mich so lange nicht bei ihnen gemeldet habe.
„Was ist los, Leo?“, fragt Piet und sieht mich besorgt an.
„Nichts, alles im grünen Bereich. Hab nur grad an zu Hause denken müssen.“
„Wo kommst du eigentlich her? Aus München?“
„Nein. Ich komme aus Norddeutschland. Schleswig-Holstein. Aus der Nähe von Kiel. Ich weiß nicht, ob euch das was sagt?“
„Natürlich. Ich bin schon oft da gewesen. Na ja, mit dem Zug. Ist ein Endstationsbahnhof. Leider habe ich es bisher noch nicht geschafft,
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