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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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erwähnt hatte.
Denn auch nach zehnminütigem Palaver wollte mir nicht einleuchten, dass sich die
Finanzmacht aus Frankfurt von einem Gemütsbolzen wie Dr. Eichelscheid vertreten
ließ, während tough guy Harboth für die Belange der Provinz stand. Umgekehrt wäre
eher ein Schuh daraus geworden: wenn Eichelscheid einen auf Heimatfritzen gemacht
und Harboth den Investmentbanker gegeben hätte.
    Aber sah
ich vielleicht aus wie ein erfolgreicher Privatermittler?
    »Ein Glücks-Fall«,
murmelte ich, löste die beiden Brausetabletten Aspirin aus ihrer Umhüllung und ließ
sie in die Tasse gleiten. Heftiges Sprudeln begleitete ihren Untergang. Wie Erkältungstee
mit Aspirin wohl schmeckte? Ich wusste ja nicht einmal, wie er ohne schmeckte!
    »Frau Glück«,
ergriff Harboth das Wort, »gehört zu denjenigen Sportlern, die sich zu ihrer Region
bekennen. Was man beileibe nicht von allen sagen kann, die hier an den Olympiastützpunkten
trainieren. Wenn es um Sponsorentermine oder Charityveranstaltungen geht, bei denen
prominente Gesichter gefragt sind, kann man immer auf sie zählen.«
    Ich probierte
einen Schluck Tee. Schien ja eine windschnittige Person zu sein, diese Katinka Glück.
Immer Gewehr bei Fuß, wenn der Ausrüster rief. Kein Sportlerball ohne ihre austrainierten
Beine.
    Und der
Tee? Der schmeckte vor allem eins: heiß.
    »Letzten
Herbst hat sie sich für London qualifiziert«, ergänzte Eichelscheid. »Eine 2:29
in Berlin bei suboptimalen Bedingungen.«
    »Das ist
nicht ganz richtig.« Harboth ließ mal wieder sein Gebiss durch das Büro leuchten.
»Sie hat die Qualifikationsnorm geschafft. Ob sie nominiert wird, ist noch offen.«
    »Natürlich
wird sie. Wer sonst?«
    »Die Konkurrenz
ist ungewöhnlich groß in diesem Jahr.«
    Der Banker
winkte nur ab.
    »Wenn sie
so toll ist«, warf ich ein, »warum wird sie dann bedroht?«
    »Frau Glück
wird nicht bedroht«, schüttelte Dr. Eichelscheid den Kopf.
    »Aber ich
soll sie beschützen.«
    »Sie sollen
in ihrer Nähe sein. Aufpassen, die Augen offenhalten. Mehr nicht.«
    Mehr nicht.
Es gab Tage, an denen zählte das Augenoffenhalten zu den größten Herausforderungen
der Menschheit. Heute zum Beispiel. Noch einmal am Tee genippt. In Form von Brausetabletten
soll Aspirin ja schneller helfen.
    »In den
letzten Monaten«, fuhr Dr. Eichelscheid fort, »gab es ein paar Vorfälle im sportlichen
Umfeld von Frau Glück, die Spuren hinterließen. Interne Querelen im DLV, die Frage,
welche Betreuer und Ärzte für die Kaderathleten zuständig sein sollen und so weiter.
Unsere Katinka Glück ist kein Kind von Traurigkeit, sie sprach die Probleme offen
an, hielt mit Kritik am Verband nicht hinterm Berg und bekam prompt Gegenwind.«
    Also doch
nicht so windschnittig, schoss es mir durch den wehen Schädel.
    »Streit
um ihren Trainer gab es auch. Alles nichts Ungewöhnliches, von außen betrachtet,
aber Sie wissen ja, wie Spitzensportler sind.«
    »Sensibel«,
half Harboth. »Übersensibel.«
    Mein Blick
fiel auf den dicken Gewichtheber, der 2008 in Peking Olympiagold gestemmt hatte.
Wusste ich, ob so einer sensibel war?
    »Man muss
das verstehen.« Fürs Verstehen war natürlich der Gemütliche zuständig. »Sportler
haben nur ihren Körper als Kapital. Und das auch nur eine begrenzte Zeit lang. Jede
kleine Verletzung, jede hartnäckige Erkältung kann sofort einen Verdienstausfall
nach sich ziehen. Während der normale Arbeitnehmer …«
    »Aber hier
ging es doch gar nicht um Verletzungen«, fiel ich ihm ins Wort. »Oder habe ich etwas
überhört?«
    »Das Umfeld
muss stimmen, Herr Koller. Nur dann bringt der Sportler seine Leistung. Wenn Bezugspersonen
wegfallen, verschiebt sich das gesamte Koordinatensystem.« Mit seinen zarten Händen
zeigte mir Eichelscheid an, wie es war, wenn sich so ein System verschob.
    »Und dann«,
ergänzte Harboth, »kam der Stalker.«
    »Der Stalker?«
    »Letzte
Woche schlich ein Mann um das Haus der Glücks. Abends, Katinka hat ihn entdeckt.
Sie war allein mit den Kindern und bekam es mit der Angst zu tun.«
    »Kein Wunder«,
nickte Eichelscheid.
    »Was wollte
der Mann?«, fragte ich.
    Harboth
zuckte die Achseln. »Niemand weiß es. Herumlungern, in die Fenster schauen. Auf
das Grundstück wagte er sich nicht, verschwand aber erst nach geraumer Zeit. So
die Aussage von Frau Glück. Wer er war, ob nun ein Spanner, ein Fan oder ein Exhibitionist
– wir können nur raten.« Er lehnte sich zurück. »Das Haus der Familie ist das letzte
in einer

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