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Gluecksstern mit Schwips

Gluecksstern mit Schwips

Titel: Gluecksstern mit Schwips Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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funktioniert bei Anna immer. Bei dem Wort schaltet Anna normalerweise in den Arztmodus.
    „Notfall?“, fragt Anna prompt. In Gedanken sehe ich sie bildlich vor mir. Die Haare wild zerzaust. Über die Augen hat sie ihre geliebte Schlafmaske gezogen. Eine Angewohnheit, die sie unserem Lieblingsfilm „Frühstück bei Tiffany“ zu verdanken hat. Knitterfalten im Gesicht. Nur mit T-Shirt und Höschen bekleidet.
    „Ja, Notfall! Komm bitte rüber!“
    „Um diese Uhrzeit?! “ Ich höre sie im Hintergrund rascheln. „Was ist denn passiert? Bis du verletzt?“
    „Nein, ich bin kerngesund ...“ Ich stocke für einen Moment. „Glaube ich zumindest. Das musst du dir schon mit eigenen Augen ansehen.“
    „O h Sara, du hast doch nicht schon wieder das falsche Haarfärbemittel benutzt, oder?“ Sie gähnt lautstark in den Hörer. „Marlis Möller hat bestimmt noch deine Karteikarte.“
    „Nein, habe ich nicht. Das hier ist todernst“, verteidige ich mich. 
    Mein Versuch, mir die Haare zu blondieren, ist bis heute Gesprächsthema. Ich hatte letztes Jahr beschlossen, meiner von Natur aus eher langweiligen Haarfarbe (ich würde sie als aschblond bezeichnen) ein wenig Pep zu verleihen, indem ich ein paar hellere Strähnchen hinzufügen wollte. Um Geld zu sparen, beschloss ich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Das Produkt, das ich damals in der Drogerie gekauft habe, versprach im Handumdrehen sommerliche Strähnen und sollte mir dadurch eine natürliche Frische schenken. Da abends das Geschäftsessen mit Florians Chef angesetzt war, dachte ich mir, dass dies durchaus ein günstiger Zeitpunkt wäre, sich mit neuen Strähnchen zu präsentieren. Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen, schließlich arbeite ich in der Werbebranche. Und da verkaufen wir den Eskimos Eis, wenn es der Kunde so möchte. Aber ich bin eben ein von Natur aus neugieriger Mensch, der sich gerne von Dingen überzeugen lässt.
    Bewaffnet mit einem Kamm, einem Pinsel und der Gebrauchsanleitung machte ich mich voller Vorfreude auf die sommerliche Frische ans Werk. Schon die Verteilung der flüssigen Färbemasse gestaltete sich weitaus schwieriger als gedacht. An den Wänden meines Badezimmers kann man bis heute die Spuren meines Färbeversuches bewundern. Und dann dieser Gestank! Das Färbemittel roch derart schlimm, dass ich das Gefühl hatte, Zeuge eines Chemie unfalls zu sein. Nach circa zehn Minuten nahmen meine Haare eine fast schwarze Farbe an. Was bei mir zu einer mittleren bis schweren Panikattacke führte. Erst, nachdem ich den Beipackzettel erneut las, in dem stand, dass dies eine zu erwartende chemische Reaktion sei, war ich einigermaßen beruhigt. Nach dreißig Minuten wusch ich meine Haare mit klarem Wasser aus. Als ich den Blick in den Spiegel wagte, sah das Ergebnis gar nicht so schlecht aus. Aber mit jeder Minute, die meine Haare trockener wurden, veränderte sich das Ergebnis von Naturblond zu Naturblond mit grünlichen Strähnen.
    Ich neige eigentlich nicht zu Überreaktionen. Aber in dem Moment, als ich meine grünen Haare sah, war es mit meiner inneren Ausgeglichenheit vorbei.
    Selbst Florian, der normalerweise die Ruhe selbst ist und gut mit meinen Krisen umzugehen weiß, konnte mir nicht helfen. Sein Rat: „Jetzt atme doch erst mal tief durch“, brachte mich nur noch mehr auf die Palme. Als ob man grüne Haare so einfach wegatmen könnte! So kam es, dass er den Abend allein mit seinem Chef und dessen Frau verbrachte, während ich mit Alufolie auf dem Kopf bei Marlis Möller im Salon saß und darauf hoffte, danach wieder unter die Menschen gehen zu können. Ganz nebenbei sei noch erwähnt, dass der ganze Spaß mich ein Vermögen kostete, von dem ich durchaus einen ganzen Abend mit Freunden hätte bestreiten können.
    „Du musst sofort kommen. Das ist eine Sache auf Leben und Tod. Also, schwing deinen Hintern aus dem Bett und komm rüber.“
    „Ich hoffe, das ist keiner deiner schrägen Witze.“ Endlich ist sie aufgewacht! Im Hintergrund klingelt ein Handy. „Bleib kurz dran“, ruft Anna.
    Ich werfe einen hastigen Blick zur Tür. Gott sei Dank !, kein Jim.
    Ich höre, wie Anna im Hintergrund mit dem Krankenhaus spricht.
    „Gib mir zwei Minuten“, knurrt Anna. Es rumpelt und raschelt. Sie flucht leise. So, wie es sich anhört, ist sie aus dem Bett gefallen.
    Mach schon! Ich tippele nervös von einem Fuß auf den anderen.
    „Sara!“, habe ich plötzlich ihre Stimme im Ohr.
    „Ja.“
    „Ich muss weg! Tut mir

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