Gluecksstern mit Schwips
Das wird ja immer schlimmer. Was redet der Typ nur für einen gequirlten Mist.
„Welches Gefängnis? Meinst du etwa Hassans Kneipe?“
Er sieht mich verständnislos an. „Nein, die Flasche.“
„Die Flasche?“
„Ja, die Flasche“, bestätigt Jim.
„Welche Flasche?“ Es ist zum Mäuse melken. Kann der Mann vielleicht mal in deutlichen und klar verständlichen Sätzen mit mir sprechen?
„Na die, die du kaputt gemacht hast“, entgegnet er fröhlich. „Deshalb bin ich ja auch bei dir.“
„Aha!“ Ich verstehe nur Bahnhof. „Du willst also behaupten, ich habe dich aus einer Flasche befreit?“ Vielleicht ist das ja eine Art Wortspiel: Der Geist aus der Flasche gleich Flaschengeist, als Symbol für den Alkohol?!
„Ja, meine Herrin, und dafür bin ich dir überaus dankbar.“ Er neigt seinen Kopf zum Dank.
„Also, Jim, jetzt mach mal nen Punkt. Ich war zwar ziemlich betrunken gestern Nacht, aber das heißt nicht, dass ich total bescheuert bin. Die Nummer mit der Flasche kannst du deiner Oma erzählen, aber bitte nicht mir!“ So langsam bekomme ich Oberwasser. „Und hör auf mit diesem Herrinnen-Gefasel!“
„Ich würde es niemals wagen , dich zu belügen.“ Seine Augen blitzen. Belustigt. Unverschämt!
„Ich bin der Flaschengeist, den du befreit ha st“, erklärt Jim seelenruhig.
„Und was hast du jetzt vor?“, frage ich gespielt und tue so, als ginge ich auf den Blödsinn ein. Schließlich soll der Typ nicht merken, dass meine Hände vor Aufregung zittern.
„Bei dir zu bleiben“, antwortet Jim seelenruhig.
„Äh ...“ Ich schlucke. „Wie meinst du das, bitte?“
Jim kommt ein Stück näher. Eine heiße Welle überflutet mein Gesicht. Der Mann bringt mich völlig aus der Fassung. Er beugt sich zu mir. „Dass ich ab jetzt bei dir wohne. Schließlich kann ich nicht mehr zurück in die Flasche.“
„BEI MIR?“ Abrupt setze ich mich gerade. „Du kannst nicht zurück in die Flasche?!“ Jetzt ist klar, was mit diesem Jim los ist – der Typ ist eindeutig nicht ganz frisch im Kopf. Ich habe es mit einem Irren zu tun. Oh mein Gott! Totale Panik überkommt mich. Ich habe einen spontanen Schweißausbruch, wie man ihn sonst nur in Comicfilmen zu sehen bekommt.
Huston – we have a problem!
Jim hingegen lächelt zufrieden.
„Aber ...“ Ich setze mein Ich-komme-in-Frieden-Gesicht auf. „… Aber du kannst nicht bei mir bleiben. Ich meine, du kannst doch nicht erwarten, dass du bei mir wohnen kannst, nur weil ich dich ...“ Jim sieht mich mit großen Augen an. „.. Ich wohne hier. Ich habe einen Freund. Ich kenne dich überhaupt nicht.“ Endlich ist mein Körper aus seiner Schockstarre erwacht, und ich rutsche ein Stück weg von Jim.
„Aber ich muss bei dir bleiben, Sonne meines Lebens“, entgegnet Jim seelenruhig.
„Waaas?“ Der Typ hat definitiv eine an der Waffel, anders kann ich mir seine Worte nicht erklären. Ich schüttele den Kopf. Ich brauche dringend Hilfe.
„Kann ich mal kurz ...?“
Jim sieht mich fragend an.
„Ich muss mal eben telefonieren“, erkläre ich betont ruhig. „Ich bin gleich wieder da.“ Ich hebe beschwichtigend meine Hand, wie es die Polizisten immer tun, wenn sie einen Mörder davon abringen wollen, seinem nächsten Opfer den finalen Todesstoß zu geben. „Rühr dich nicht von der Stelle.“ Ich gehe rückwärts in Richtung Schlafzimmer.
Jim nickt. Wenigstens ist er nicht aggressiv, das macht die ganze Sache leichter.
Außer Sichtweite stürme ich in mein Schlafzimmer. Wo ist nur das verdammte Handy? Ich brauche Hilfe – und zwar schnell. Mist! Ich fege alles von meinem Nachtisch. Ohne Erfolg. Wo habe ich nur ...? Ich tauche kopfüber in den Wäschekorb und durchwühle meine getragene Wäsche. Ah, da ist es! In meiner Jeans werde ich endlich fündig. Wen soll ich am besten anrufen? Die Polizei? Nachdenken, Sara. Nachdenken! Die Polizei erklärt mich bestimmt für total verrückt, wenn ich denen am Telefon erzähle, dass ich gestern Nacht betrunken einen Mann mit auf die Wohnung genommen habe und mich heute an nichts erinnern kann. Schließlich hat er mir nichts getan, außer, dass er halb nackt in meiner Wohnung sitzt. Kein sehr schlagendes Argument für eine mögliche Festnahme. Was ich jetzt brauche, ist jemanden, der schlagfertig ist und einen messerscharfen Verstand hat. Also Anna! Hektisch wähle ich Annas Nummer.
Es klingelt.
Klick.
„Anna!“
„Wassistlosss?“
„Anna, h örst du – Notfall!“ Das mit dem Notfall
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