Gluecksstern mit Schwips
Fläschchens?
„Fläschchen?“
„Ja, das kleine rote Fläschchen, das sie mir in die Handtasche gesteckt hat.“
Hassan schlägt sich mit der flachen Hand auf die Stirn. „Typisch für Mutter. Hat Ask Iksiri in Tasche gesteckt?“
„Ja , genau. Ich muss sie unbedingt zu dem ... äh … Inhalt etwas fragen.“
„Wenn du Rezept willst , musst du warten bis nächste Besuch.“
„Ich kann nicht bis zum nächsten Besuch warten“, sage ich verzweifelt. „Das hier ist wichtig – sehr wichtig sogar!“
„Musst warten oder Urlaub in Türkei machen.“
Hinter mir hat sich mittlerweile eine Schlange von hungrigen Kunden gebildet.
„Brauchst du mehr, kaufst du noch eine Flasche.“ Hassan deutet auf die Wand hinter mir. Ich drehe mich um. Tatsache! Dort an der Wand hängt ein kleines Regal, indem mehrere der roten Fläschchen mit dem seltsamen Likör stehen. Wieso ist mir das bisher nicht aufgefallen?
„ Mutter hat Nachschub aus Türkei mitgebracht. Ask Iksiri. sehr beliebt bei Kunden“, erklärt Hassan stolz, als könnte er meine Gedanken lesen. Ich zweifele allerdings, dass andere Kunden die gleiche Überraschung wie ich erleben, wenn sie den Likör kaufen.
„Nein, ich will nicht noch mehr kaufen.“
„Was willst du dann?“ Hassan fährt sich mit der Hand durch das dichte Haar. „Antworten auf ein paar Fragen.“
„Fragst du . ..“
„Tja äh, ich weiß, das klingt jetzt ein bisschen verrückt – aber gab es schon mal Beschwerden von anderen Kunden über … Flaschengeister?“
Für einen kurzen Augenblick verengen sich Hassans Augen. „Flaschengeist?“
„Na ja, Flaschengeist – Dschinn oder so?“
„In meine Laden?“
„Genau genommen in diesen Fläschchen dort.“ Ich deute auf das Regal.
Verdutzt sieht mich Hassan an. Dann bricht er in lautes Lachen aus. „Kunde habe schon viel gesagt über Ask Iksiri, aber noch nie hat einer Geist gesucht.“ Hassan hält sich den Bauch vor Lachen. Der Typ hinter mir fängt ebenfalls an zu grinsen.
Ich würde vor Scham am liebsten im Boden versinken.
„Möchtest du Döner? Hassan lädt dich ein?“ Hassan lächelt , und seine Goldzähne blitzen.
„Nein, vielen Dank“, winke ich ab. Mir ist der Appetit vergangen. Hassan nickt.
„Ich geh dann mal wieder“, sage ich.
„Bis bald“, verabschiedet mich Hassan und wendet sich seiner Kundschaft zu.
Frustriert trete ich nach draußen. Hier werde ich keine Antwort mehr auf meine Frage finden, was es mit Jim und dem ganzen Gerede von der Flasche auf sich hat.
4. Kismet und Helene Fischer
Als ich die Haustür aufschließe, läuft im Wohnzimmer leise Musik. Volksmusik?! Definitiv keine von meinen CDs. Nanu! Ein verführerischer Essensduft zieht durch die Wohnung. Meine Laune verbessert sich schlagartig um mindestens zwanzig Prozent. Das ist schon immer so bei mir gewesen. Oft in meinem Leben war Essen mein bester Freund, besonders in Krisenzeiten. Ein gutes Mahl hat etwas Tröstliches. Ebenso Schokolade.
„Hallo!“
Keine Antwort. Komisch.
„Jim?“, rufe ich hoffnungsvoll.
Nichts! Ich gehe ins Wohnzimmer. Zumindest ist alles noch an seinem Fleck: Fernseher, Stereoanlage und DVD-Spieler. Wenigstens hat Jim nicht die Gelegenheit ergriffen und die Wohnung in meiner Abwesenheit leergeräumt. Überhaupt sieht alles ausgesprochen ordentlich aus. Wahnsinn! Die Zeitschriften liegen ordentlich aufeinander gestapelt. Meine Kuscheldecke hängt fein säuberlich gefaltet über der Armlehne des Sofas. Auf dem Couchtisch steht eine Vase mit frischen Rosen. Im Radio trällert Helene Fischer gerade über die Liebe. Ich verdrehe die Augen. Nicht, dass Helene Fischer nicht schön singen kann – nein, die Frau hat wirklich eine tolle Stimme. Aber, wer mit diesem schrecklichen Florian Silbereisen zusammen ist, den kann ich einfach nicht ernst nehmen, und schon gar nicht, wenn er von Liebe singt. Der Typ ist ein Schleimer, wie er im Buche steht. Und dann noch die furchtbar gefärbten Haare. Florian Silbereisen – das Streifenhörnchen der Volksmusikszene.
Ich lege mein en Laptop auf dem Schreibtisch ab.
„Hallo, Sara.“ Ich drehe mich um.
„J ... Jim“, stottere ich. Jim steht halb nackt vor mir. Ich kann nicht anders und starre ihn einfach an. Der Mann sieht einfach unverschämt gut aus. Seine feuchten Haare glänzen im Licht. Er hat seine Pluderhose gegen eine Jeans eingetauscht, die wie angegossen um die Hüfte sitzt. Sein Oberkörper ist nackt. Ich kann jeden seiner Muskeln sehen. Wie
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