Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gluecksstern mit Schwips

Gluecksstern mit Schwips

Titel: Gluecksstern mit Schwips Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
Vom Netzwerk:
stoßen.“
    Rainer Rausch ist der Gründer der Werbeagentur Rausch. Frostbeule muss wirklich wichtig sein, denn sonst würde sich Rainer niemals bei einem Brainstorming blicken lassen. Es folgt das übliche Susanne-Geschwätz über unsere Unfähigkeit, ihre Fähigkeit und so weiter und so weiter ... Gerade, als ich dabei bin, ins Nirwana abzudriften, geht die Tür auf, und Rainer Rausch betritt im Stechschritt den Konferenzraum.
    Sofort herrscht absolute Stille.
    „Guten Tag, Susanne“, begrüßt er sie.
    „Rainer, mein Lieber“, erwider t Susanne und wirft Rainer ein verheißungsvolles Lächeln zu. „Wie schön, dass du Zeit gefunden hast, dem Meeting beizuwohnen.“
    „Danke , meine Liebe“, antwortet Rainer zuvorkommend. „Bitte lasst euch durch mich nicht stören. Ich bin schon sehr gespannt auf den Slogan für die Frostbeulen- Kampagne.“ Rainer gehört zu den Menschen mit feuchter Aussprache. Susanne verzieht das Gesicht, als sie die Rainer-Niesel-Speichel-Wolke trifft.
    Rainer Rausch gehört zu der Sorte Chef, die darauf bestehen, dass alle Mitarbeiter sich duzen, um modern und aufgeschlossen zu wirken. Allerdings hat dieser Umstand nichts mit dem wirklichen Bild zu tun. Rainer ist klein, unscheinbar, schmal gebaut und hat den Sex-Appeal eines pubertierenden Jünglings. Die Haare, (sie haben die Farbe von Durchfall!), sind nach oben gestellt und mit Tonnen von Gel festbetoniert. Er trägt immer ein Jackett und als modisches Accessoire eine eckige Brille. Leider ist die ganze Mühe umsonst, denn der Mann schwitzt wie ein Schwein. Außerdem nimmt er gerade die Brille von der aristokratischen Nase und pult sich mit dem Bügel im Ohr herum. Würg!
    „Genau darüber wollte ich gerade sprechen.“ Susanne klatscht in die Hände. „Alle mal herhören!“ Hä! Was soll denn das? Sei t Rainer den Raum betreten hat, herrscht sowieso andächtiges Schweigen. Susanne spielt sich eben gerne in den Vordergrund. „Ich habe eine erfreuliche Mitteilung zu machen!“
    „Na, da dürfen wir ja alle mal gespannt sein“, wispert Melanie und grinst, was uns prompt einen bösen Blick von Susanne einhandelt. Da Susanne alle schlechten Neuigkeiten mit diesen Worten beginnt, halte ich instinktiv die Luft an.
    „Wie ihr alle wisst, ist Frostbeule einer unserer größten Kunden. Leider sind die Marktanteile von Frostbeule in den letzten zwei Jahren drastisch zurückgegangen. Unser Auftrag ist es, Frostbeule wieder zum Marktführer zu machen.“ Sie wirft einen Blick zu Rainer, der zustimmend nickt. „Als Leiterin der Marketing-Abteilung fühle ich mich persönlich verantwortlich, deshalb habe ich das Wochenende damit verbracht, mich auf dem Markt mal umzusehen und ...“
    „... und habe den Chef gevögelt“, flüstert Melanie mir zu.
    Ich kann nur mit Mühe ein Kichern unterdrücken. In der Abteilung ist allgemein bekannt, dass Susanne und Rainer ein Verhältnis miteinander haben. Dass Rainer verheiratet ist und zwei Kinder hat, scheint keine Rolle zu spielen.
    „Ich denke, die Zeit ist reif für einen Imagewechsel. Frostbeule muss jünger werden!“ Susanne zieht die Mundwinkel nach oben, was ich als Versuch zu lächeln deute. Ich beuge mich gespannt nach vorne. „Ich bin sehr stolz bekannt zu geben, dass uns dieser Imagewechsel gelungen ist und das die zündende Idee dafür aus meinem Team gekommen ist.“
    Mein Herz schlägt bis zum Hals. Jetzt ist es so weit! Endlich werde ich für mein Durchhaltevermögen belohnt. Der neue Shootingstar der Agentur Rausch! Ich strecke meine Brust heraus, schiebe mein Kinn nach vorne und schaue selbstbewusst in die Runde. Susanne zwinkert mir zu! Ich lächele zurück.
    Susanne drückt einen Knopf an der Schaltanlage. Sofort spring t der Beamer an und projiziert das alte Werbeplakat von Frostbeule auf die Wand.
    „Das ist das letzte Mal, das wir alle das alte Plakat sehen werden. Darf ich euch vorstellen ...“ Sie drückt erneut auf den Knopf. „Das neue Gesicht von Frostbeule !“
    Ich starre wie gebannt auf das Foto an der Wand. Um mich herum ertönt frenetischer Applaus , und lautes „Ah“ und „Oh“ ist zu hören.
    Ich sage allerdings nichts, ich schlucke nur trocken. Mein Hirn versucht noch immer zu verarbeiten, was meine Augen sehen.
    „Unser Fisch ist immer frisch“, liest Susanne laut vor. Rainer steht auf und applaudiert. Ich starre wie betäubt auf das Bild. Wo ist meine Meerjungfrau, wo mein Pirat? Was soll das? Warum? Was soll der alte Mann auf dem

Weitere Kostenlose Bücher