Gluecksstern mit Schwips
...“ Sie überlegt, „... zwanzig Prozent geben. Sie müssen das Kleid einfach kaufen. Es ist wie für Sie gemacht.“
Für einen Moment bin ich versucht, aber dann siegt die Vernunft. „Das ist ganz lieb von Ihnen, aber ich brauche das Kleid nur für eine Hochzeit. Ich wüsste nicht, wann ich es sonst tragen sollte. Aber vielen Dank für Ihr nettes Angebot.“
Die Verkäuferin nickt. „Das ist wirklich schade. Sie sehen so schön damit aus. Ich an ihrer Stelle würde mir es noch einmal überlegen. So ein Kleid findet man nicht alle Tage.“
Ich nicke. „Danke, aber nein.“
Jim steht auf und kommt an meine Seite. „Ist das Kleid genauso, wie du es dir vorgestellt hast?“
„Ja, aber ich kann es mir leider nicht leisten“, flüstere ich mit gesenkter Stimme.
„Dann wünsch es dir doch!“
„Von wem?“ Ich werfe der wartenden Verkäuferin einen entschuldigenden Blick zu.
„Ich bin ein Dschinn, schon vergessen?“ Seine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern.
Ich schüttele den Kopf. Wann hört er endlich mit diesem Blödsinn auf?
„Auf Wiedersehen“, verabschiedet uns die Verkäuferin freundlich.
„Was hältst du von einem leckeren Eis?“, fragt Jim , als wir draußen sind und deutet auf die Eisdiele vor uns.
„Super Idee, dann habe ich nicht nur kein Kleid, sondern auch noch ein Kilo mehr auf den Rippen“, lache ich traurig. „Aber was soll ‘s ... Eis klingt gut.“
„Mach dir darüber keine Gedanken. Du bist wunderschön.“ Er nimmt meine Hand. Diesmal lasse ich es geschehen.
Heute ist der große Tag – mein großer Tag. Der Tag, auf den ich warte, seit ich bei Agentur Rausch angefangen habe. Endlich kann ich beweisen, was in mir steckt. Leider gibt es nur einen klitzekleinen Haken …
„Immer noch nichts!“ Melanie kommt mit hochrotem Kopf um die Ecke geschossen.
„Keine Mail, kein Lebenszeichen von Dirk? Keine Fotos? Nichts?“
Melanie schüttelt den Kopf. „Oh Gott, was machen jetzt wir bloß?“
„Hinhalten“, erkläre ich. „Ich gehe da jetzt rein und erzähle denen etwas über unsere Idee, und du versuchst, Dirk zu erreichen. Einverstanden?“
Melanie nickt. „Toi! Toi! Toi !“, flüstert sie mir zu und rennt los.
Meine Hände sind nass wie ein Schwamm. Verstohlen wische ich mir sie an der Hose ab. Dann straffe ich den Rücken, recke den Hals und drücke die Klinke zum Meetingraum herunter.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich den Raum betrete. Alle sind da. Rainer sitzt wie ein eitler Gockel am Ende des langen Tisches. Neben ihm ein Mann Mitte vierzig mit grau meliertem Haar – wahrscheinlich der Chef der Werbeabteilung von Frostbeule .
„Da bist du ja, meine Liebe.“ Rainer springt aus seinem Stuhl und begrüßt mich überschwänglich. „Das ist Saraswati Wegner, eine meiner fähigsten Mitarbeiterinnen und verantwortlich für das neue Konzept von Frostbeule .“
Der Mann reicht mir die Hand. „Sehr erfreut , Sie kennenzulernen. Wolf von Bergau. Verantwortlicher Leiter der PR-Abteilung von Frostbeule . Ich bin schon sehr gespannt, was Sie uns zu bieten haben.“
Im Moment leider nichts. Aber das behalte ich lieber für mich. Stattdessen sage ich. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Wir müssen uns allerdings noch einen kleinen Moment gedulden. Die Bilder sind noch in der Druckerpresse.“ Ich lache über meinen kleinen Witz. Leider lacht keiner mit mir. Stattdessen sieht mich Wolf von Bergau verständnislos an.
„Äh, die Bilder müssten jeden Moment hier sein. Der Fotograf wollte noch zwei, drei Kleinigkeiten verändern und mir die Abzüge sofort zumailen.“
Ein Schweißtropfen läuft mir kitzelnd den Ausschnitt zwischen meinen Brüsten runter. Wir setzen uns. Rainer trommelt ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch.
„Möchten Sie solange einen Kaffee?“ , frage ich.
„Danke, man hat mir bereits einen Kaffee angeboten.“ Wolf von Bergau schaut bestimmt zum zehnten Mal, seit ich den Raum betreten habe, auf die Uhr. Ich streiche mir eine Strähne aus dem Gesicht. Wo bleibt nur Melanie?
In diesem Moment geht die Tür auf. Ich blinzele hektisch , in der Hoffnung, einer optischen Täuschung unterlegen zu sein – leider nein!
„Susanne“, ruft Rainer erstaunt. „Was machst du denn hier?“
„Ich bin heute aus dem Krankenhaus entlassen worden und wollte nach dem Rechten schauen. “ Sie spitzt ihren Mund. „Wie ich sehe, keine Sekunde zu spät“, fügt sie mit schriller Stimme noch hinzu. Sie ist stark
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