GlücksWeib (heiterer Frauenroman) (German Edition)
Hilfsbereitschaft bedanken. Du hast mich eiskalt liegen lassen, als wäre ich ein Stück Dreck!“
„Du bist ein Stück Dreck“, verbessere ich kühn, um es im nächsten Augenblick zu bereuen, weil seine Stimme traurig klingt und ein zaghaftes Mitgefühl bei mir weckt.
„Tosca, du hast mir eine Hodenquetschung zugefügt!“, stöhnt er verbittert. „Das ist nicht lustig!“
„Selber schuld, du hast mich ja auch nicht zum Lachen gebracht“, schnippe ich zurück, während ich mich gedanklich mit den Nachwirkungen einer Hodenquetschung auseinandersetze.
„Bist du noch dran?“, raunt er in den Hörer und kl ingt dabei so greifbar nah und vertraut, als wäre die Zeit stehen geblieben. Für einen Moment verliere ich den realen Bezug zum Augenblick. Gerate ein wenig ins Taumeln, balanciere ein bisschen auf meinen Erinnerungen und lausche gebannt in den Hörer hinein. Wartend, dass er den Satz: „Ich vermisse dich“, denkt. Hoffend, dass er ihn ausspricht. Wütend, dass er es nicht tut.
„Gib mir Marlene!“
Mit diesen Worten, reißt er mich aus meinem Schwebezustand heraus und ich plumpse wie ein angeschossenes Rebhuhn auf den Boden der Tatsachen zurück.
„Marlene ist beschäftigt“, quäke ich angeschlagen . Reiß mich aber dann doch zusammen und überlege es mir anders.
„Moment mal. Ich kann sie ja mal fragen, ob sie dich sprechen möchte.“
Das war natürlich keine Höflichkeit, zu der ich mich durchrang, sondern ein Test. Ich wollte wissen, wie Marlene reagiert.
„ Frau Kaluschke! Irgendein Markus will Sie sprechen!“, schreie ich zum Mithören durch den Salon und winke auffordernd mit dem Hörer.
Marlene giftet mich böse an, weil ich es gewagt habe, ihren Nachnamen zu rufen. Kaluschke. Der einzige Makel, den Marlene besitzt. Sie mag diesen Namen nicht, sie findet ihn peinlich. Ich auch.
Der Name würde meines Erachtens besser zu einer tratschenden Klofrau passen. Ich bin mir sicher, dass Markus dieses süße Geheimnis nicht kennt.
Marlene stutzt für eine Millisekunde und lässt sogar einen Lockenwickler fallen. Besinnt sich jedoch rascher ihres Hochmuts als ihres Ärgers und zeigt lachend mit dem Zeigefinger auf ihre Stirn. Ich nicke ergeben.
„Sie hat mir den Vogel gezeigt. Eine Geste, die sich im übertragenen Sinne natürlich auf dich bezieht“, verkünde ich schadenfroh, wobei mir nicht entgeht, dass Marlene mich im Auge behält, so dass auch ich mich in meiner Ehre gepackt fühle und das Gespräch beende.
„Mo oooment!“, schreit Markus.
„Was ist denn noch?“
„Wie heißt Marlene mit Nachnamen?“
„Kalu schke“, erwidere ich schmunzelnd. „Warum?“, schiebe ich noch gelangweilt nach.
„Ich dachte, Stern … sie hat gesagt, dass sie Stern heißt“, bekomme ich zu hören. Ich verkneife mir einen Lacher, vermeide es aber, mich über die Anwandlungen meiner Freundin lustig zu machen.
„ Du musst dir ja vorgekommen sein wie ein Sterntaler! Dafür gibt es nun zwei Sterne Abzug! Lebwohl.“
Ich lege den Hörer auf und schmunzle schadenfroh vor mich hin. „Sie hat sich mit meinem Namen geschmückt“, denke ich amüsiert. Das ist ja beinahe so, als hätte sie sich ein Stück meiner Identität erschlichen. Ich bin gerührt. „Aber wie lange wäre das denn gut gegangen“, spekuliere ich weiter. Ist sie sogar so weit gegangen, dass sie ein anderes Namensschild an ihrer Wohnungstür angebracht hat? Ich glaube nicht, dass Markus sich über ihren Namen lustig gemacht hätte. Was hat Marlene gedacht? Hat sie ernsthaft geglaubt, dass sie als Kaluschke weniger begehrenswert wäre? So einfältig kann man doch nicht sein. Schließlich hatte es Markus mit seiner Namensgebung auch nicht besonders gut erwischt. Sein Nachname lautet: Schuster. Und das als Schreiner. Also hätte Markus keinen Grund dafür gehabt, sich über „Kaluschke“ lustig zu machen.
„ Marlene, Marlene, manchmal fehlt dir das Selbstbewusstsein“, denke ich so bei mir, während ich meine allerbeste Freundin im Auge behalte – und zerbreche mir dabei weniger über ihr Selbstbewusstsein den Kopf als vielmehr über ihre Gleichgültigkeit gegenüber Markus. Oder „Mark“, wie sie ihn ja genannt hat. Fand sie den Namen Markus auch zu spießig? Oder hat Markus seinem Vornamen etwas mehr Pepp verleihen wollen? Bei Gelegenheit werde ich sie fragen. Momentan jedenfalls fühle ich mich wie ein Kaufhausdetektiv, der eine Ladendiebin ins Visier genommen hat. Ich stehe versteckt hinter einem Regal und versuche,
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