Gluehende Dunkelheit
Aufmerksamkeit, die er ihrem Hals widmete, hätte man glauben können, er wäre ein Vampir.
Biffy frisierte ihr das Haar für das glanzvolle Ereignis. Für die Dauer der Hochzeitsvorbereitungen war er an Miss Tarabotti ausgeborgt worden. Er wusste bemerkenswert viel darüber, wer eingeladen werden musste , wer eingeladen werden sollte , wie die Einladungen auszusehen hatten, welche Blumen zu bestellen waren und so weiter. Als Brautjungfer gab Ivy Hisselpenny ihr Bestes, doch das arme Ding war ein bisschen von den Einzelheiten überfordert. Biffy zeigte ein geschicktes Händchen darin, Ivy sicher aus allem herauszuhalten, was irgendwie mit Stil zu tun hatte, sodass am Ende alles bezaubernd aussah und perfekt harmonierte. Sogar Ivy.
Die Zeremonie sollte kurz nach Sonnenuntergang bei Viertelmond stattfinden, sodass jeder daran teilnehmen konnte. Und nahezu jeder tat das auch, einschließlich der Königin, Lord Akeldama und all seiner Drohnen und der Crème de la Crème der Londoner Gesellschaft. Wer besonders auffallend durch Abwesenheit glänzte, waren die Vampire, die sich nicht einmal die Mühe gemacht hatten, die Einladung höflich abzusagen, sondern das Paar unverblümt schnitten.
»Sie haben guten Grund zu protestieren«, meinte Lord Akeldama.
»Aber Sie nicht?«
»Oh, ich habe ebenfalls guten Grund dazu, aber ich vertraue dir, und ich mag Veränderungen.« Dabei beließ er es, trotz Alexias hartnäckiger Nachfragen.
Das Westminster-Haus bildete hinsichtlich der Vampire eine weitere Ausnahme: Countess Nadasdy schickte Lord Ambrose, um der Zeremonie beizuwohnen, was er eindeutig nicht aus freien Stücken tat. Sie übersandte Alexia außerdem ein unerwartetes Geschenk, das eintraf, als sie sich nachmittags gerade für die Hochzeit ankleidete.
»’atte isch Ihnen nischt gesagt, dass sie misch loswerden will?«, sagte Angelique mit einem selbstironischen Lächeln.
Miss Tarabotti war ein wenig erstaunt. »Sie sind an einer neuen Stellung interessiert? Bei mir?«
Das Mädchen mit den veilchenblauen Augen zuckte auf gleichmütige französische Art mit den Schultern. »Mein Meister, er ist tot wegen der Wissenschaftler. Zofe, das ist besser als ’ausmädchen.«
»Aber was ist mit Ihrem Drohnenstatus?«
Angelique wirkte zurückhaltend. »Isch kann doch immer noch Claviger werden, oder?«
»Also gut, dann willkommen«, sagte Miss Tarabotti. Natürlich war ihr klar, dass die junge Französin als Spionin zu ihr geschickt worden war, doch Alexia fand, dass es besser war, das zu wissen und sie in ihrer Nähe zu behalten, als das Westminster-Haus zu verzweifelteren Maßnahmen zu zwingen. Dennoch beunruhigte es sie. Warum machten die Vampire ein solches Aufheben?
Angelique half Biffy sofort dabei, Alexias gelockte Hochsteckfrisur fertigzustellen, indem sie verhalten das Thema einer Blume über dem rechten Ohr kritisierte.
Beide protestierten, als sich Alexia, noch nicht fertig angezogen, erhob und sie hinauswinkte.
»Ich muss jemandem einen Besuch abstatten«, sagte sie gebieterisch. Es war später Nachmittag, die Sonne war noch nicht untergegangen, und es gab vor dem großen Ereignis an diesem Abend noch viel zu erledigen.
»Aber ausgerechnet jetzt?«, ereiferte sich Biffy. »Das ist schließlich Ihr Hochzeitsabend!«
»Und wir ’aben gerade erst Ihr ’aar fertig!«
Miss Tarabotti wurde bewusst, dass die beiden eine ernst zu nehmende Größe waren, mit der sie in Zukunft würde rechnen müssen. Doch das war sie ebenfalls. Alexia wies sie an, ihr Kleid vorzubereiten, und versprach, innerhalb einer Stunde wieder zurück zu sein; also kein Grund zur Aufregung. »Es ist ja nicht so, als ob irgendjemand ohne mich anfangen könnte, nicht wahr? Ich muss einen Freund wegen der Sonne besuchen.«
Ohne zu fragen nahm sie die Kutsche der Loontwills und fuhr zu Lord Akeldamas prächtigem Stadthaus. Sie rauschte durch die Eingangstür an mehreren Drohnen vorbei und weckte Lord Akeldama durch ihre Berührung aus seinem todesähnlichen Tagesschlaf.
Ganz Mensch blinzelte er sie verschlafen an.
»Es ist kurz vor Sonnenuntergang«, sagte Miss Tarabotti mit einem kleinen Lächeln, die Hand auf seine Schulter gelegt. »Kommen Sie mit.«
Sie nahm den nur im Nachtgewand gekleideten Vampir fest bei der Hand und führte ihn durch die Pracht seines Hauses hinauf aufs Dach ins schwindende Tageslicht.
Alexia legte ihm die Wange an die Schulter, und gemeinsam standen sie stumm beieinander und sahen zu, wie die Sonne über der
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