Glühende Leidenschaft
gewusst, bis Pocock es ihm vorhin erklärt hatte. Nicht einmal über diesen Mann, sein »Mädchen für alles«, war er wirklich im Bilde gewesen.
Allmählich beunruhigten ihn die vielen Dinge, von denen er offenbar absolut keine Ahnung hatte.
Sax hatte den Schraubenzieher – Schraubendreher? – ausprobiert und wusste von daher, dass man damit schon einige Kraft brauchte. Er war nicht ganz sicher, ob seine gräfliche Gemahlin das schaffen würde, vor allem, wenn es gleich zehn Schrauben waren. Er fürchtete, es könne ihren zarten Händen Schmerzen bereiten. Aber er konnte es nun einmal nicht für sie erledigen, sie musste es selbst machen.
»Nun?«, fragte er nach einer Minute voller Anspannung und gezähmter Ungeduld.
»Es geht«, hörte er sie durch das geschlossene Fenster sagen, »aber sehr langsam.«
»Still, Bedienstete!«, zischte Sax und versteckte sich wieder um die Ecke.
Er wartete, bis ein Mann und eine Frau, die sich in einem der Schuppen zu schaffen machten und noch ein bisschen miteinander schäkerten, wieder verschwunden waren, und biss so lange frustriert die Zähne zusammen. Der heilige Georg, das Symbol der Ritterlichkeit, musste nicht auch noch hier sein Unwesen treiben, während seine Maid sich aus den Klauen des Drachen herausschraubte.
Vielleicht hatte sie denselben Gedanken gehabt. Als er zum Fenster zurückging, öffnete sie es einen Spalt und fragte: »Warum bist du nicht einfach zur Herzogin gegangen und hast meine Freilassung gefordert?«
Die Antwort war zumindest teilweise, weil er sich ein Abenteuer gewünscht hatte. Außerdem wollte er nicht mit dem Drachen in einem Raum sein. Er hatte jedoch bessere Gründe anzugeben.
»Weil ich nicht genau weiß, was sie vorhat, und ich will nicht das geringste Risiko eingehen, dass du im Gefängnis landest, selbst wenn du die bestmögliche Unterkunft bekämst. Owain ist an der Sache dran, er arbeitet mit der Bow Street zusammen, mit dem Innenminister und so weiter. Sobald wir die gesamte Situation kennen, werden wir uns damit befassen, aber aus einer Position der Macht. Wie kommst du voran?«
»Noch zwei Schrauben oben. Meine Hände tun weh.«
Er zuckte zusammen, ließ sich jedoch nichts anmerken. »Ich werde sie besser küssen«, sagte er. »Oder noch besser, mach einen Moment Pause und lass es mich mit meinem Zauber versuchen.«
»Zauber?« Ihr nervöser Ton brachte ihn zum Grinsen. Sie, mit ihrem verrückten Glauben an Zauberstatuen.
»Gib mir eine Hand heraus.«
Ihre rechte Hand schob sich durch das Gitter und die schmale Öffnung am unteren Rand des Fensters.
Er bückte sich und küsste ihre kalten Fingerknöchel, rieb ihre Finger zwischen seinen ebenfalls kalten Händen und hauchte darauf, um sie anzuwärmen. »Hast du kein Feuer da drinnen?«
»Doch, aber nur ein kleines. Und ich bin ja hier am offenen Fenster.«
Er drehte ihre Hand und sah die von dem Werkzeug geröteten Druckstellen. »Verdammt. Ich wünschte, ich könnte zu dir kommen und dir diese Arbeit abnehmen.«
Er küsste ihre Finger erneut und hörte ihr Kichern, und sie schob sich unter dem Vorhang nach oben wie ein Hündchen, das unter einer Decke hervorgekrochen kommt. »Ich nehme an, meine Hände sind mehr an Arbeit gewöhnt als die Ihren, Mylord Graf.«
So zerrauft und schelmisch grinsend sah sie absolut köstlich aus.
Er lutschte an ihrem Daumen. »Unverschämtes Weib. Die meinen sind auf jeden Fall größer und kräftiger.« Er legte eine Hand auf die ihre, um es ihr zu zeigen. Dann verschränkte er seine Finger mit ihren. »Aber sie passen gut zusammen.«
»Ja?« Selbst durch das schmutzige Glas sah er an ihren großen Augen, dass sie es ebenfalls spürte – dieses plötzliche Ineinandergreifen, dieses Zusammenpassen, diese zwischen ihnen fließende Energie. Einen Moment lang dachte er ganz ernsthaft daran, das Glas, das sie trennte, einfach zu zerschlagen …
»Du weißt, dass ich ihn nicht umgebracht habe, nicht wahr?«
Er sah ihren sorgenvollen Blick. »Ich weiß es.« Und so war es auch. Sie war bestimmt fähig, jemanden zu ermorden, nicht aber, davon so unberührt zu bleiben.
Ihre Nase bebte; als er diesen Hinweis auf Tränen bemerkte, hätte er die Mauer am liebsten mit bloßen Händen niedergerissen. Noch nie in seinem Leben hatte sich Sax so machtlos gefühlt. Er stand auf. »Komm jetzt, Meg. Sehen wir zu, dass du da herauskommst.«
Der Vorhang fiel wieder, und er hörte, wie sie an den letzten Schrauben arbeitete.
Wahrscheinlich waren ihre
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