Glühende Leidenschaft
betrachtete der Graf Meg mit ihrer neuen Haube. »Nächstes Mal muss sie auf jeden Fall Blumen haben.«
Unwillkürlich berührte sie ihr hübsches Samtbarett. »Vielleicht habe ich es lieber schlichter.«
»Aber manchmal gefällt mir der Effekt eines frivolen Bonnets mit Blumen.«
Einerseits wünschte sich Meg so etwas, andererseits sträubte sie sich dagegen. Einerseits wollte sie diesem Mann gefallen, andererseits wollte sie sich gegen ihn auflehnen.
»Ah, schauen Sie, Sir«, rief Richard, »das ist unser Haus! Das mit der blauen Tür, gleich hinter dem Nag’s Head Inn.«
Meg betrachtete es mit den Augen einer Fremden und schämte sich fast seiner Schmucklosigkeit wegen. Allerdings war sie auch froh, dass es anständig aussah. Wenigstens würden sie nicht wie Wohltätigkeitsempfänger dastehen, wenngleich sie genau das waren. Vermutlich musste sie Sir Arthur dafür dankbar sein; als Vermieter war er seiner Verantwortung gerecht geworden.
Bis jetzt hatte sie noch gar nicht daran gedacht, dass sie ihr Zuhause nun für immer verließ, und nun spürte sie fast ein Bedauern. Heute Morgen beim Verlassen des Hauses hatte sie aus irgendeinem Grund noch geglaubt, sie werde mit der Lösung für all ihre Probleme in der Tasche wieder zurückkommen. Und nun mussten sie ihren Besitz mitnehmen, damit eine andere Familie hier einziehen konnte.
Die beiden schönen Kutschen lösten eine kleine Sensation aus; Spaziergänger blieben stehen, um sie zu bewundern, und Nachbarn kamen heraus und wollten sehen, was los war. Da die Zwillinge die Nasen an die Scheibe gepresst hielten, wussten die meisten der Neugierigen gleich, wer angefahren kam, und bestimmt fragten sich die meisten, während sie ihnen zulächelten oder winkten, was hier wohl vor sich ging.
Meg, die sich nie wohlgefühlt hatte, wenn man zu viel über sie wusste, fand diesen ganzen Zirkus entsetzlich peinlich. Sie dankte dem Himmel, dass wahrscheinlich niemand erriet, was wirklich geschehen war.
Anscheinend konnte der Graf Gedanken lesen. Als die Kutsche zum Stehen kam, sagte er leise: »Ich nehme an, es ist nicht nötig, die ganze Geschichte auszuplaudern.«
»Ich hoffe nicht.«
Die Zwillinge waren völlig damit beschäftigt, Freunden zuzuwinken, und warteten ungeduldig darauf, dass die Stufen heruntergeklappt wurden.
»Was hast du deiner Familie erzählt?«
Sie errötete wegen ihrer Lüge. »Dass wir uns bei den Ramillys kennengelernt haben – das ist die Familie, bei der ich als Gouvernante angestellt war.«
»Und dass wir uns wahnsinnig ineinander verliebt haben?«
»Natürlich nicht. Das wäre absurd.«
Er zog verwundert die Brauen hoch. »Du glaubst, Liebe ist etwas Absurdes?«
»Nein. Aber zwischen uns beiden …« Sein Blick ließ sie verstummen. »Ich meine, Liebe auf den ersten Blick«, setzte sie dann hinzu. »Das ist unmöglich.«
»Du lebst in einer sehr rationalen Welt.«
»Na ja«, beeilte sie sich einzuwenden, »du hast erfahren, dass ich in einer Notlage war. Und da du eine Ehefrau brauchtest, hast du dieses Arrangement vorgeschlagen.«
»Wie köstlich kaltblütig und pragmatisch. Das behalten wir bei. Außerdem schlage ich für weitere Anfragen etwas aristokratischen Hochmut vor.« Er kletterte aus der Kutsche und reichte Meg eine Hand.
»Leider verfüge ich über so etwas nicht, Sir.«
»Dann übt, meine liebe Gattin, übt!«
Meg konnte nicht umhin, zu lächeln, während sie in ihrer Tasche nach dem Hausschlüssel suchte. Doch plötzlich öffnete sich die Tür, und Sir Arthur erschien.
Ihr stockte der Atem. Sie hatte völlig vergessen, dass mit dem heutigen Tag die Wochenfrist auslief, die er gesetzt hatte. Sie war wie erstarrt und hätte womöglich eine peinliche Situation heraufbeschworen, doch die Zwillinge rannten auf Sir Arthur zu und konnten es nicht erwarten, ihm sämtliche Neuigkeiten zu erzählen.
Sein eisiger Blick glitt über Meg und Laura. »Stimmt das?«
Meg zwang sich zu einem Lächeln. »Ist das nicht wundervoll, Sir Arthur? Und für Sie muss es doch eine große Erleichterung sein, wenn Sie sich unseretwegen keine Gedanken mehr machen müssen.«
Sein Blick war so voller Wut, dass sie womöglich nicht imstande gewesen wäre, auf die Tür und auf ihn zuzugehen, wenn der Graf sie nicht begleitet, ja beinahe geschoben hätte. Einen Moment lang befürchtete sie, Sir Arthur würde sich ihnen in den Weg stellen, doch dann wich er in den Flur zurück, das Gesicht bleich, aber immerhin brachte er ein Lächeln zustande.
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