Glühende Lust
dirheruntertropft.« Ihre Hände schlüpften unter das Kleid und strichen über die Schenkel, wanderten den Körper hinauf. »Und jetzt rasiere ich deine Beine.« Danach berührten die Fingerkuppen äußerst sacht ihre geschlossenen Lider. »Und nun schminke ich dich mit feinstem Kohel, das schützt deine Augen vor der Sonne. Dann noch goldener Puder auf die Lider, und jetzt bist du die schönste Frau der Stadt.«
»O Tani«, Merit warf die Arme um sie. »Du bist so lieb.«
Sie wiegten sich, und jetzt wollte Merit wirklich glauben, dass alles wie früher war. Doch der Augenblick der Täuschung wurde jäh durch den Krach zerbrechenden Geschirrs und Nanachts Fluchen gestört. Kawit schoss aus dem Schankraum, dass der Vorhang sich hinter ihr blähte, und suchte ihr Heil im Geäst des Feigenbaums.
Die Wirtin baute sich im Durchgang auf und stemmte die Hände in die Seiten. »Das Vieh ist nicht nur die faulste Katze, die mir je unterkam, sondern auch die ungeschickteste! Wenn sie schon ihren Kopf in den Milchkrug steckt … Ach, was rede ich!« Stöhnend warf sie die Hände hoch. »Man sieht ja, dass ihr alle drei aus demselben Haushalt kommt. Mehr habt ihr noch nicht geschafft?«
Merit betrachtete die schmutzigen Schalen, Becher und Krüge und den viel kleineren Stapel daneben, den sie sorgfältig geschrubbt und aufgeschichtet hatte. »Der Dreck muss Monate alt sein, da kannst du nicht verlangen, dass er in wenigen Stunden verschwindet.«
»Monate, Unfug«, schnaubte Nanacht und fuchtelte in der Luft herum. »Mein Bierhaus ist ordentlich, aber in diesen wirren Zeiten gerät schon einmal etwasdurcheinander! Was rechtfertige ich mich euch gegenüber eigentlich? Ich hole euch von der Straße und gebe euch Schutz, nur damit ihr frech werdet? Hat man in eurem feinen Hause keine Dankbarkeit gelehrt?«
Das war zu viel! Merit sprang auf die Füße und lief auf Nanacht zu. Die Empörung ließ sie jedoch keine Worte finden, und so konnte sie nur die Fäuste ballen. Hochmütig blickte die Wirtin auf sie herab. Da erschollen plötzlich Stimmen im Schankraum. Nanacht warf einen raschen Blick durch den Vorhangspalt. »Assyrische Krieger«, zischte sie und legte eine Hand auf Merits Schulter. »Und gleich sechs, mögen die Götter geben, dass sie nicht zu viel Tumult machen.«
Merit hörte die Männer umherlaufen und rufen. Bislang waren keine Assyrer erschienen, und auch von den ägyptischen Gästen hatten sich nur wenige blicken lassen. Ein einziges Mal hatte sie einen Becher mit Bier und eine Schale mit Linsensuppe gefüllt und an den Tisch getragen, dafür zwei Kupferringe bekommen und sie in einen großen Tonkrug gesteckt. Dazu hatte der Mann ihr ein Lächeln geschenkt und gesagt, er wolle öfter kommen, wenn sie ihn bewirtete. Nein, die Arbeit einer Schankfrau wollte sie ganz sicher nicht tun. Beklommen blickte sie Nanacht an, ob die es jetzt von ihr fordern würde. Dann würde sie doch fortlaufen, ganz sicher.
»Komm schon, Wirtin, uns brennen die Kehlen!«, rief einer in gebrochenem Ägyptisch. Nanacht schob Merit von sich.
»Geht aufs Dach und bleibt dort. Mit denen werde ich allein fertig.«
Merit brachte ein dankendes Nicken zustande. Gemeinsam mit Tani, die Kawit auf der Schulter trug, eiltesie aufs Dach. Aber wirklich sicher fühlte sie sich hier oben auch nicht – einer der Männer war in den Hof getreten. Er blickte sich um und warf dabei seine überaus langen Haare zurück. Merit erbebte vor Furcht, als sie an das Gebrüll des schrecklichen Mannes dachte, der jetzt in ihrem Heim hauste. Und atmete auf, als der Kerl in den Schankraum zurückkehrte. Tonkrüge klapperten, Hocker wurden gerückt, Worte klangen herauf. Pfiffe, Klatschen, anzügliches Lachen – es hörte sich an, als habe jemand Nanacht aufs Gesäß geschlagen. Sie lachte ebenfalls, wenngleich es verkrampft klang.
So ging es eine ganze Weile. Doch irgendwann wurden die Stimmen leiser, das Geklapper hörte auf. Nanacht stöhnte.
»Sie tun ihr irgendetwas an«, murmelte Merit, der es vor Schreck heiß und kalt wurde.
»Ja, Dinge, die eine Wirtin öfter aushalten muss.« Tani umfasste Merits Arm. »Sie wusste schon, weshalb sie uns wegschickte, und du denkst hoffentlich nicht daran, nachzusehen.«
Merit schüttelte ihre Hand ab und kroch zur Öffnung, die in den Lagerraum hinabführte. »Wenn wir leise sind, bemerken sie uns nicht.«
»Herrin!«
»Vielleicht haben sie ihr ja die Kehle durchgeschnitten!«
»Und dann willst du da
Weitere Kostenlose Bücher