Glühende Lust
anderen zu laufen? An erlesenen Speisen mangelte es ihm nicht. Nicht an duftenden Bettlaken und Kissen, nicht an Papyri mit alten Geschichten und Weisheiten, die seiner Zerstreuung dienen sollten. Man hatte einen goldenen Amun-Schrein aufgestellt, damit er täglich Weihrauch verbrennen und beten konnte. Und wenn es seinen Körper nach etwas gelüstete, kam eine Dienerin, ihn zu waschen, zu salben, ihm Kühlung zuzufächeln; und Zakutu tat alles, seine Lust zu wecken und zu befriedigen.
Seit vier Tagen war er nun in dieses Gemach eingesperrt, und Zakutu kam zweimal täglich. Sie war manchmal freundlich, manchmal herrisch und immer unersättlich. Sonst hatte er keinen Menschen zu Gesicht bekommen, nur schweigsame Diener. Weder der König noch irgendein assyrischer Amtsträgerschien sich für ihn zu interessieren. Was dort draußen in der Welt geschah … Seine Schwester könnte in einem ähnlichen Raum gefangen sein und Ähnliches erleiden müssen, ein unerträglicher Gedanke. Taharqa selbst könnte sich wieder im Palast befinden, eingefangen und gedemütigt, und er, Nefertem, würde von alldem nichts wissen! Er schlug die Faust gegen das verschnörkelte Kupfergitter des hochgelegenen Fensters, durch das er nichts als einen kleinen Hof und ein Stück des Palastparks sah. Wie konnten die Götter das zulassen?, fragte er sich zum hundertsten Male. Nun, sie hatten nicht verhindert, dass Ägypten, das einzig eine wahre Land, wie von Steinen und Sandmassen überrollt worden war – was wog da sein eigenes Schicksal?
Er hörte den hölzernen Schlüssel ins Schloss stoßen. Der Riegel wurde zurückgezogen, die Tür geöffnet. Er lauschte den Schritten Zakutus, dem Rascheln ihres Leinenkleides, dem Klirren der Kettchen und Reife. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass er vielleicht nur noch lebte, weil sie es wollte.
Sie schmiegte sich von hinten an ihn und legte die Hände auf seine Brust. Und da langes Verzögern ihr nicht lag, wanderten ihre Hände rasch hinab. Er hatte nichts dagegen, trotzdem reagierte er nicht wie gewohnt. »Komm weg vom Fenster«, murrte Zakutu. »Das Starren bekommt dir nicht gut.«
»Mir bekommt das Ausharren hier nicht gut!«, warf er zurück und drehte sich in ihren Armen. »Was habt ihr mit mir vor? Warum bin ich hier? Warum lebe ich noch? Mein Vater …«
»Immer die gleichen Fragen.« Mürrisch schürzte sie die Lippen. »Ich weiß doch von alldem nichts.«
»Das glaube ich nicht.«
Ihre Nägel kratzten über seine Brustwarzen. »Deinem Vater geht es gut.«
»Und meiner Schwester?« Unwillkürlich hielt er den Atem an; er fürchtete, zu hören, sie müsse Schanherib in ihrem alten Zuhause zu Willen sein.
Er hatte zum ersten Mal nach ihr gefragt, und überrascht hielt Zakutu inne. »Deine Schwester? Sicher ist auch sie wohlauf, mach dir keine Sorgen. Komm«, ihre Fingerspitzen glitten seinen Arm entlang; sie ließ ihn los und sank auf das Bett. Mit aufreizenden Bewegungen streifte sie ihren durchschimmernden Mantel hinab zu den Ellbogen und kehrte Nefertem mit gesenktem Kopf den nackten Rücken zu. So verharrte sie, als sei sie ein unschuldiges Weib, das sich seiner Wirkung nicht bewusst war.
Er glaubte aus ihrer Antwort herausgehört zu haben, dass sie tatsächlich nichts von Merit wusste. Und da Zakutu nicht die Art Frau war, die die Ereignisse im stillen Gemach an sich vorbeiziehen ließ, wusste es vermutlich niemand. War Merit noch frei?
Zakutu blickte ihn über die Schulter herausfordernd an. Er kniete hinter ihr und liebkoste die nach Myrrhe duftende Haut. Wo mochte Merit jetzt sein? Weiter nach Süden war sie nicht gelaufen, diese Möglichkeit hatte er längst verworfen. Mit der Schulter stieß Zakutu ihn an. »Du bist nicht bei der Sache. Immer wieder lässt du dich von deinen Gedanken ablenken.«
»Weil ich mich immer wieder frage, weshalb du es dir nicht von einem strammen Palastsoldaten besorgen lässt. Ich ahne doch, dass es dich nach Schanherib gelüstet, so gierig, wie du ihn angestarrt hast. Warum lässt du dich nicht in einer Sänfte zu ihm tragen? Dannkönnt ihr das Anwesen meiner Familie aufs Gründlichste entweihen.«
Sie fuhr herum und schlug ihm kräftig ins Gesicht. »Ich mag dich «, murmelte sie, streichelte und küsste seine erhitzte Wange. Er versteifte sich, da er befürchtete, zurückzuschlagen imstande zu sein. Zakutu schien seine geballte Faust nicht zu bemerken, während sie sich herandrängte und ihre Brüste an ihm rieb. »Ich habe mir zu deiner
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