Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
Vom Netzwerk:
Fellknäuel lief zwischen seinen Füßen herum. Getreidebrei, erkalteter Linseneintopf, verschrumpelte Zwiebeln und scheußlicher Knoblauch. Er entsann sich des Duftes von gebratenem Geflügel, jedoch auch, dass es recht zäh gewesen war. In Ninive würde diese Schenke keine zwei Tage überleben.
    In einer Vorratskammer fand er seine Rüstung. Er schüttelte Mäusedreck herunter, warf sie dann aber wieder hin. Wann sollte er sie je wieder tragen? In der Ecke lehnte sein Schwert im Gurt. Er zog den Dolch heraus. Sollte er wirklich …? Es war wohl vernünftig.Also übte er sich darin, die Bartstoppeln wieder zu entfernen. Eine mühselige Arbeit, die sich mit Öl erleichtern ließe, so viel wusste er wohl über das Bartscheren. Aber die Klinge war scharf genug. Das in einer Ecke lehnende Schwert nahm er an sich und ging auf den Hof hinaus. Er zog es aus der Scheide und hieb es nieder. Zischend zerteilte die Klinge die Luft. Einige Übungen später erkannte er, dass die paar Tage des Nichtstuns ihre Spuren hinterlassen hatten: Er keuchte, als habe er einen echten Gegner gefordert, Schweiß floss ihm den Rücken hinunter, und der Schmerz stach bis in die Schulter.
    Im Gärtchen pflückte er eine Feige und aß sie, an den Baum gelehnt. In einigen Tagen würde er sich sicherlich gut genug fühlen, dieses Wirtshaus zu verlassen. Aber wo sollte er hin? Er war fern der Heimat, fern von seinen Getreuen, fern vom assyrischen Heer. Und wenn er allein zurück nach Ninive gelangte, was dann? Bald würde auch sie zurück sein, Zakutu, die ihm zur Feindin geworden war. Sie hatte ihn entwurzelt, ins Elend und eine ungewisse Zukunft gestoßen – ungestraft durfte sich niemand Zakutus Wünschen widersetzen, auch er nicht.
    Es wäre besser gewesen, mit ihr ins Bett zu steigen.
    Nein! So heftig schleuderte er das Schwert auf den Rasen, dass er die Zähne zusammenpressen musste, um dem Aufbegehren seiner Schulter Herr zu werden. Niemand zwingt mich dazu, auch die Palastfrau nicht!, schoss es ihm durch den Kopf. Schamasch mochte sie blenden, Ninurta mit einem Pfeilhagel niederstrecken, Ereschkigal in die Unterwelt zerren!
    Er wollte zurück zum Brunnen, um noch einmal zu trinken. Töpfegeklapper ließ ihn innehalten. Merit-Sobek"kniete am Wasser, tauchte einen Eimer hinein und trug ihn zu einem Stapel dreckigen Geschirrs. Ungeschickt leerte sie ihn darüber aus. Dann kniete sie sich hin, warf Sand hinein, steckte eine Bürste in einen Topf, die sich als zu groß erwies, und ergriff eine kleinere. Schon war ihr an vielerlei Stellen gerissenes und geflicktes Kleid genässt und schmiegte sich an ihre kleinen, wie halbe Äpfel geformten Brüste. Rosig zeichneten sich die Höfe darunter ab.
    »Meine armen Finger!« Sie betrachtete ihre Hände. »Ach, Kawit, ich bin dafür nicht gemacht.«
    In der Tat, ungeschickter hatte sich hierbei wohl keine Frau je angestellt. Sie musste aus einem reichen Hause stammen; der Krieg hatte sie hierhergespült, wie ihn. Schanherib stellte sich vor, hinter ihr zu knien, ihr sanft den schäbigen Stoff abzustreifen und die Arme um sie zu legen. Die kleine Göttin würde sich sträuben, aber schließlich nachgiebig werden, wie Ton unter den kundigen Händen des Töpfers, und sie würde sich umwenden und ihm den offenen Schoß darbieten. So offen wie jetzt, da sie sich rücklings hinsinken ließ und die Katze auf den Bauch setzte. Die Beine hatte sie angezogen, und so zeigte sie ihm unabsichtlich, worin er bereits seine Zunge versenkt hatte. Merit kicherte, als die Katze auf ihr herumzustelzen begann und die Pfoten fordernd in sie stemmte, wie ein Junges an der Zitze der Mutter.
    »Was machst du denn da?« Die Wirtin erschien in der Tür zum Schankraum, eine Faust in die üppige Seite gestemmt, und verschwand wieder. »Ich brauche saubere Schalen!«
    Merit verzog das Gesicht. »Wozu denn«, maulte sie in sich hinein. »Für die drei Leute täglich?«
    Schanherib schritt über den Hof. Am Eingang sah er sich nach ihr um, als bemerke er sie nun erst. Mit einem leisen Aufschrei ruckte sie hoch und zerrte das Kleid über die Hüften. »Mit wem hast du denn gekämpft?« Die Arme hielt sie verschränkt, den Blick gesenkt. Ihre Haare waren viel zu kurz, das Erröten zu verbergen. Die Sonne malte zittrige Schatten ihrer Wimpern auf die Wangen. Hart aufatmend, suchte er eine Antwort auf ihre verlegene Frage, während sie sich offenbar weit fortwünschte.
    »Ich kämpfe mit mir selbst«, erwiderte er rau. »Damit ich

Weitere Kostenlose Bücher