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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
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brachte ihm einen Becher kühles Bier. Auf der Seite liegend, kippte er es in sich hinein. Er presste Augen und Lippen zusammen, um es bei sich zu behalten. Pazuzu biss ihn noch einmal kräftig und gab sich dann ein wenig friedlicher.
    »In der Nacht klopfte jemand ans Tor«, begann Mardak. »Ein Mädchen.«
    Merit? Schanherib hob den Kopf. »Hat sie ihren Namen genannt?«
    »Nein.«
    »Kurze Haare? Nachtschwarze ägyptische Augen, verführerisch und unschuldig und schön wie Ischtar?«
    Mardak sah ihn verblüfft an. »Hab noch nie gehört,dass du so etwas über eine Frau sagst. Jedenfalls, ja, solche Gedanken mögen einem bei ihrem Anblick in den Sinn kommen.« Er entblößte in der Erinnerung seine kräftigen Zähne. »Bei Assurs Gemächt, ich hätte sie gerne an mich gerissen, wie sie so entblößt vor uns stand und vor Angst schlotterte …«
    »Entblößt?«
    »Ihr Kleid war völlig zerrissen. Sie hat es zusammenzuhalten versucht, aber man konnte trotzdem ihre Euterchen sehen. Und dann ihr süßer gestutzter Rasen da unten, am liebsten hätte ich …«
    »Ja ja, schon gut«, knurrte Schanherib. »Was hat sie gesagt?«
    Mardak gluckste. »Sie hat eine abgebrochene Speerspitze auf uns gerichtet, hat sie wohl irgendwo aufgelesen. Das Ding zitterte wie ein Schilfrohr im Sturm, aber sie hat so getan, als könne sie uns damit auf Abstand halten. Wir haben das Spiel mitgemacht, damit sie nicht vor Angst in Ohnmacht fällt. Sie hat gesagt, dass du verletzt in einer Gasse irgendwo beim Palast liegst, hat den halben Speer fallen lassen und ist weggerannt. Dort haben wir dich dann aufgesammelt. Du hast den Tag verschlafen, und jetzt herrscht wieder der Mondgott Sin am Nachthimmel.«
    Was war nur in sie gefahren? Schanherib verlangte ein zweites Bier, damit sich sein Kopf klärte. Womit hatte er Merit so sehr erschreckt? Nicht mit dem Kugelspiel, erst danach hatte er sie aus dem Zelt vertrieben. Er schüttelte sich, als er daran zurückdachte, sie in der Gewalt entfesselter Soldaten gesehen zu haben, und er dankte Assur und allen Göttern, dass er sie vor dem Äußersten hatte bewahren können. Aber wie war sie dann auf den Gedanken gekommen, hier Hilfe zu holen?
    »Herr.« Mardak stemmte gewichtig eine Faust in die Seite. Unter der Haut spielten seine Armmuskeln wie eingesperrte Schlangen. »Wenn du jetzt gewillt wärst, uns zu erklären, was passiert ist? Ich meine, vorher? Die genähte Wunde oberhalb deines Herzens, woher stammt die? Warum hast du dich so entsetzlich verunstaltet?«
    »Verunstaltet?«
    »Dein Bart ist ab! Ab! Du trägst einen ägyptischen Schurz und das Amulett eines ägyptischen Tiergottes!« Er rollte die Augen. »Wie verzweifelt muss man sein, dass man solche absonderlichen Dinge tut? Wer bedroht dich?«
    Stöhnend rieb sich Schanherib die Stirn und ertastete an der Schläfe eine schmerzende Schwellung, bedeckt von einem verkrusteten Verband. Den riss er herunter, in der Hoffnung, das Nachdenken fiele dann nicht so schwer. Wie konnte Merit von diesem Anwesen wissen? Vielleicht hatte er sie angewiesen, hierherzulaufen, und erinnerte sich nur nicht daran.
    »Du blutest wieder«, sagte Mardak mit tadelndem Unterton.
    Schanherib ruckte hoch. Ihn schwindelte. Auch das war nicht neu. Diesmal jedoch war keine kleine Göttin da, ihn zurechtzuweisen, weil er zu früh aufstand.
    Er kämpfte sich auf die Füße und spreizte die Beine, um einen sicheren Stand zu finden. Seine Männer starrten ihn an. »Ich werde es euch noch nicht erklären, denn was ihr nicht wisst, wird euch auch nicht in Schwierigkeiten bringen. Räumt halt morgen friedlich das Haus. Seid ihr angewiesen worden, euch irgendwo einzufinden?«
    »Nein.«
    »Gut, dann wählt Nanachts Schenke als Quartier. Die findet ihr … Ach, ist mir zu mühselig, das jetzt zu erklären, das findet ihr schon heraus.« Er schritt etwas unsicher an Mardak vorbei und berührte beschwichtigend seine Schulter. »Nanacht wird zetern, aber wenn ihr nett zu ihrem prächtigen Körper seid, ist sie auch nett zu euch.«
    »Gut zu wissen …«, Ursu-Gila wischte sich über die feuchten Lippen. »Und du? Du solltest wenigstens bis zum Morgen liegen bleiben.«
    »Nein. Ich suche das Mädchen.«
    Er wankte zur Tür, stützte sich einen Moment an der Türlaibung ab und lief hinaus. Er glaubte zu wissen, wie die Männer ihm fassungslos hinterherstarrten, aber das kümmerte ihn nicht. Merit, nur Merit zählte jetzt. Mit dem Handrücken fuhr er über die Schläfe, die

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