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Glut der Herzen - Roman

Glut der Herzen - Roman

Titel: Glut der Herzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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das Risiko, jemanden zu streifen, was zu einem starken Schub unangenehmer Traumlicht-Energie führen konnte. Sie hatte sich von der Begegnung mit Luttrells Gorilla noch nicht erholt. Eine weitere Dosis fremder Träume war das Letzte, was sie im Moment brauchen konnte.
    Sie war nun so angespannt, dass sie fast aufgeschrien hätte, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung erhaschte. Ihr Mantel schwang herum, als sie sich jäh umdrehte, um sich der Bedrohung zu stellen.
    Der Junge, der neben einem Kutschpferd stand, senkte reuig den Kopf.
    »Verzeihung, Ma’am«, sagte er. »Wollte Sie nicht erschrecken. Will nur das Pferd beruhigen. Der alte Ben wird im Gedränge leicht nervös.«
    »Na, dann haben Ben und ich viel gemeinsam«, erwiderte sie.
    Der Junge grinste. »Achtung vor Langfingern, Ma’am. Die treiben sich gern im Gedränge herum.«
    »Danke für die Warnung.« Sie lächelte, obwohl er ihr Gesicht unter dem Schleier nicht sehen konnte. Dann drehte sie sich um und wollte zu ihrem Wagen.
    Nun aber schlug die Intuition in ihr Alarm, und sie ließ ihrem Talent freien Lauf. Plötzlich war das Pflaster von gespenstischem Ultralicht und den merkwürdigen Schattierungen erhellt, die die Reststrahlung von Jahrzehnten von Traumspuren hinterlassen hatte. Weitere Spuren fluoreszierten
in eisigen Farben an den Seitenwänden der Kutschen. Sie konzentrierte sich auf jene, die frisch und so verstörend waren.
    Eine gewaltige Aufgabe. Als sie ihre Sinne voll aktiviert hatte, brodelte die Atmosphäre um sie herum vor Energie. Traumspuren glühten vor Lust, Zorn, Schmerz, Angst, Beklemmung und, was am beunruhigendsten war, vor aggressiver Wut. Wer über ihre ungewöhnliche Fähigkeit verfügte, sah im Allgemeinen mehr von der Welt und der menschlichen Natur, als ihm lieb sein konnte.
    Besondere Aufmerksamkeit widmete sie einer Fährte, die verzerrte Strömungen von Wut zeigte. Sie wurde von einem Mann mit Zylinder hinterlassen, der die Straße querte. Er hielt einen Spazierstock in seiner behandschuhten Hand. Ihr schauderte bei dem Gedanken, dass es nur einer geringen Provokation bedurfte, damit er mit dem Stock ausholte.
    Sie sah, wie der Mann in eine Droschke sprang. Das kleine Gefährt fuhr sofort los und entführte seinen zornigen Fahrgast in die Nacht. Sie atmete erleichtert auf.
    Jetzt war es nicht mehr weit. Der Kutscher des Wagens, den sie gemietet hatte, sprang vom Kutschbock, um ihr den Wagenschlag zu öffnen. Fast wäre sie in einen unwürdigen Laufschritt verfallen.
    Sie war so darauf erpicht, die Sicherheit des Gefährts zu erreichen, dass ihr die unnatürlichen, auf sie zugleitenden Schatten nicht auffielen, bis sich der Arm eines Mannes um ihre Taille schlang und sie so rasch und so kraftvoll auf das Pflaster hinuntergezerrt wurde, dass sie nicht einmal aufschreien konnte.

    Als Nächstes wusste sie nur, dass sie flach auf dem Rücken lag. Der schwere Körper eines Mannes drückte sie nieder. Ihre Sinne waren noch immer weit geöffnet. Instinktiv machte sie sich auf die erwartete Explosion albtraumhafter Energie gefasst. Sie blieb aus.
    Sofort erkannte sie die Strömungen heißer, beherrschter Energie.
    » Mr Winters .«
    Ein Schuss ertönte irgendwo in der Nacht. Griffin schreckte heftig zusammen. So viel zu ihrer Theorie, dass in einer Menge ehrenwerter Theaterbesucher niemand eine Waffe bei sich trug.
    Die Dunkelheit war von Geschrei und Gekreische erfüllt. Pferde wieherten ängstlich, Hufe stampften und schlugen auf das Pflaster. Wagenräder rumpelten.
    Adelaide wurde von den eisigen Energieströmungen, die sie wie Schläge empfand, fast überwältigt. Es war nicht ihre eigene Energie, wie sie merkte.
    »Griffin«, stieß sie hervor. »Man hat auf Sie geschossen.«
    »Sozialreformerinnen«, murmelte Griffin. »Verdammte Plagegeister, allesamt.«

7. KAPITEL
    Seine linke Schulter war tödlich kalt. Er war schon einmal angeschossen worden, in jüngeren, kühneren Tagen. Damals, als er sich wie andere junge Männer für unbesiegbar gehalten hatte. Dieser Zwischenfall hatte ihm mehrere Lehren erteilt, eine war die, dass er tatsächlich sterblich war. Er wusste, dass ihn die heiße Flamme des Schmerzes rasch erfassen würde, obwohl ihm im Moment merkwürdig kalt war. In der Zwischenzeit gab es für ihn einiges zu tun.
    Er blickte auf Adelaide hinunter, die in einem Gewirr von Röcken, Unterröcken und Samtmantel unter ihm lag. Hut und Schleier waren ihr abhandengekommen, ihr Haar war gelöst, da sie alle Nadeln

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