Glut der Herzen - Roman
Schmerzwoge empfand er ihre Hand als sehr angenehm auf seiner Haut. Beruhigende Energie besänftigte seine Sinne.
»Der Schmerz verschlimmert den Schock noch«, sagte Adelaide und beugte sich tiefer über ihn. »Er belastet Körper und Sinne mit zusätzlichem Stress. Verzeihen Sie, Sir, es wird Ihnen nicht gefallen, was ich jetzt tun werde.«
Er öffnete die Augen ein wenig. »Wovon reden Sie, zum Teufel?«
»Entspannen Sie sich, Sir.«
Energie pulsierte leicht.
Er wollte nach oben fassen, ihre Hand ergreifen und sie für immer festhalten. Der Energiepuls wurde stärker, drängte ihn an einen Ort, an dem es keinen Schmerz gab. Doch es gab etwas, das er tun musste, ehe er sich den Schatten auslieferte.
»Jed«, sagte er. Er konnte seine Augen nicht mehr öffnen. »Mrs Pyne kommt mit uns in die Abbey. Du sorgst dafür, dass sie dort bleibt.«
»Jawohl, Boss«, sagte Jed. Er öffnete das blutdurchtränkte Hemd.
»Was um alles auf der Welt bilden Sie sich ein, Mr Winters?«, wollte Adelaide wissen. Sie löste ihre Finger von Griffins Stirn und drückte sie auf die Wunde. »Sie können mich nicht gegen meinen Willen festhalten.«
Er ging nicht auf sie ein. »Jed, sag den anderen, dass sie Tag und Nacht bewacht werden soll.«
»Ich fürchte, Sie leiden an Halluzinationen, Mr Winters«, sagte Adelaide. »Sie erwähnten bereits, dass Sie in letzter Zeit Probleme damit hatten.«
»Der Schütze zielte nicht auf mich«, sagte er zu Jed. »Der Kerl wollte Mrs Pyne töten. Wenn ich nicht mehr erwache, soll Inspektor Spellar von Scotland Yard verständigt werden. Er steht tief in meiner Schuld. Er wird wissen, was zu tun ist. Bis dahin muss die Dame rund um die Uhr bewacht werden. Ist das klar?«
»Ja, Boss«, bestätigte Jed.
»Du lieber Himmel«, flüsterte Adelaide schockiert. »Eine für mich bestimmte Kugel hat Sie getroffen.«
Sie nahm kurz eine Hand von seiner Schulter, um seine Stirn wieder zu berühren. Ihre Fingerspitzen waren leicht wie Schmetterlinge und rot von seinem Blut.
Er glitt in tiefen Schlaf hinüber.
8. KAPITEL
Der Traum entspringt der Dunkelheit, fieberheiß und kalt wie ein Gletscher. Er beginnt am Fuße der Treppe...
Er steigt langsam hinauf, dem Grauen entgegen, das ihn erwartet. Er würde alles, auch seine Seele, dafür geben, um umdrehen und aus dem Haus laufen zu können. Aber er weiß, dass dies nichts an der Realität der Entdeckung ändern kann, die ihm bevorsteht.
Die Stille in dem Stockwerk über ihm ängstigt ihn mehr als alles, was ihm in seinen sechzehn Jahren je begegnete. Alte Häuser sind nicht so still. Es ist, als wäre das einst warme, fröhliche Heim zu einer Gruft geworden.
Er erreicht den Treppenabsatz und geht den Korridor entlang bis zur geschlossenen Tür des elterlichen Schlafzimmers. Auf dieser Etage sind die Schatten dichter. Sein Puls rast vor Angst. Draußen ist es später Nachmittag, hier aber ist alles wie von Nacht umhüllt.
Er erwägt, kehrtzumachen und hinaus ins Tageslicht zu flüchten. Doch er weiß, dass er seiner Angst nicht nachgeben darf. Er spürt, dass es Verrat wäre, wenn er vor dem davonläuft, was ihn auf der anderen Seite der Tür erwartet.
Die Tür ist nicht versperrt. Er kämpft darum, seine Nerven zu beruhigen, und öffnet die Tür.
Er will überallhin blicken, nur nicht aufs Bett. Doch es gibt keine Alternative. Das weiße Bettzeug ist mit Blut durchtränkt. Ein bleicher Arm hängt schlaff über den Rand der Matratze.
Zu spät. Immer kommt er zu spät.
Er macht den Mund auf, um in eine gleichgültige Welt Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit hinauszuschreien...
»Beruhigen Sie sich, Mr Winters, Sie träumen wieder. Ich werde wie letztes Mal die Strömungen mildern. Schlafen Sie weiter.«
Er hörte diese sanfte Stimme nicht zum ersten Mal. Er vertraute ihr. Die Traumbilder verflogen und hinterließen ein Gefühl des Friedens, wie er es seit seinem sechzehnten Jahr nicht mehr erlebt hatte.
Er versank in tiefem, heilendem Schlaf.
9. KAPITEL
»Er wird wieder gesund«, sagte Lucinda Jones. »Die Salbe, die ich Ihnen gab, verhindert eine Infektion während der Wundheilung. Sorgen Sie dafür, dass sie täglich zweimal aufgetragen wird. Ich lasse Ihnen auch die Zutaten für einen Kräutertee da, der die Heilung fördert. Er sollte täglich mindestens zwei Tassen trinken, morgens und abends.«
»Danke, Mrs Jones«, sagte Adelaide.
Sie lächelte Lucinda über das Bett hinweg zu. Griffin schlief wieder. Sie spürte nichts
Weitere Kostenlose Bücher