Glut der Herzen - Roman
Sie da?«
»Ich erkläre es Ihnen.« Ihr Ton war sehr kühl, fast belehrend. »Sie sind mir dankbar, dass ich an Ihrem Bett saß und in den letzten drei Tagen Ihre Wunde versorgte. Ich erlebte schon wiederholt, dass kranke oder verletzte Männer dazu neigen, ihre Pflegerinnen zumindest für kurze Zeit als Engel anzusehen. Keine Sorge, Mr Winters. Mit dem Fortschreiten der Genesung verblasst diese Idealisierung.«
»Glauben Sie mir, Mrs Pyne, seitdem ich Sie kenne, bin ich kein einziges Mal auf die Idee gekommen, in Ihnen einen Engel zu sehen. Mich plagt nur das Verlangen, Sie zu küssen, bis Ihre Strafpredigten verstummen. Wenn Sie jetzt nicht zur Tür laufen, werde ich es wirklich tun.«
Sie stand reglos da und beobachtete ihn mit ihren traumhaften Augen, Hitzeströme wirbelten in der Atmosphäre. Man muss kein Talent sein, um die intensive Spannung zu spüren, die entsteht, wenn die Energiefelder zweier sinnlich voneinander angezogener Menschen sich so nahe kommen, dachte er. Die Wirkung ähnelte der eines kleinen Blitzgewitters.
Das Wissen um ihre Erregung war sehr befriedigend, sehr motivierend und kräftigend. Ein echtes Stärkungsmittel, dachte er, ein viel wirkungsvolleres als eine nahrhafte Brühe.
»Ich kann nicht umhin festzustellen, dass Sie nicht zur Tür flüchten«, ließ er sich leise vernehmen.
»Nein.« Es klang verhalten und atemlos. »Das tue ich nicht.«
»Darf ich fragen warum?«
»Ich bin nicht sicher«, gestand sie. »Vielleicht aus Neugierde.«
»Sie sind neugierig, wie es ist, einen Mann mit einem so einzigartigen Beruf zu küssen?«
»Eine so ungewöhnliche Gelegenheit bietet sich nicht oft.«
Diese gar nicht subtile Herausforderung steigerte nur sein Verlangen. »Sie glauben wohl, Sie könnten mich wieder einschläfern, wenn das Resultat nicht Ihren Erwartungen entspricht, habe ich recht?«
»Das wäre sicher eine Option«, entgegnete sie. »Unter den gegebenen Umständen wundert es mich, dass Sie gewillt sind, das Risiko des Experiments einzugehen.«
»Ich bin eine Unterweltgröße. Risiko ist Teil meines Lebens.«
In der Absicht, den Kuss als langsamen, verführerischen Streifzug zu gestalten, strich er mit seinem Mund über ihre Lippen. Kaum aber hatte er sie berührt, zündete plötzlich die Energie, die sie einhüllte.
Der tastende Kuss wurde binnen eines Herzschlags heiß und versengend. Triumph und Befriedigung durchschossen ihn.
Er hatte gewusst, dass es sich so anfühlte.
Zugleich spürte er, wie der Schock der Erkenntnis und des Verstehens sie traf. Eine langsame Steigerung des Begehrens war nicht möglich. Ohne Vorwarnung gerieten beide an den Rand der Beherrschung. Die Intensität ihrer Gefühle ließ sie erbeben.
Er spürte, wie sie ihre Arme unter dem Kragen seines Morgenmantels um seinen Nacken schlang, nackte Haut auf nackter Haut. Er drückte sie enger an sich und nutzte sein Körpergewicht, um sie an den Schrank zu pressen, damit
er die Rundung ihrer Brüste und die weiche, weibliche Form ihrer Hüften unter dem schweren Stoff ihres Kleides spüren konnte.
Das Bett war so nahe...
»Nein.« Adelaide riss ihren Mund los. »Das dürfen wir nicht. Ihre Schulter...«
Ganz vage spürte er, dass seine Schulter schmerzte, aber im Moment erschien ihm das unwichtig. Er beugte sich wieder über sie und küsste ihre Kehle. Strähnen lösten sich aus den Haarklemmen und umrahmten ihre Schultern.
»Vergiss meine Schulter«, hauchte er an ihrer unglaublich weichen Haut. »Ich halte es ebenso.«
»Ganz und gar nicht.« Ihr Ton war nun bestimmter. Sie drückte ihre Handflächen gegen seine nackte Brust und schob ihn von sich. »Wir können nicht riskieren, dass die Wunde aufreißt. Sie heilt so gut. Wir dürfen kein Risiko eingehen.«
Vermutlich hatte sie recht, doch er wollte darüber jetzt nicht nachdenken. Dennoch spürte er, dass der Zauber verflogen war, zumindest für sie. Mit einem schweren Seufzer trat er widerstrebend einen Schritt zurück.
»Ich werde mich jetzt anziehen, Mrs Pyne, Sie können gerne bleiben und zugucken, wenn Sie wollen. Ich nehme an, Sie haben von mir schon fast alles gesehen, also besteht kein Grund mehr, die Form zu wahren, oder?«
Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, ging Adelaide rasch zur Tür.
»Wir treffen uns unten in der Bibliothek«, sagte sie. »Sie sind bereits auf dem Weg der Besserung, und es gibt viel zu besprechen.«
Er wartete, bis sie die Tür geöffnet hatte.
»Eine Frage, ehe Sie gehen, Adelaide.«
Sie
Weitere Kostenlose Bücher