Glut und Asche
atemloser war als zuvor. Sein Herz raste, und in seinem Mund war ein grässlicher G e schmack von Blut, Metall und Erbrochenem, der jeden Ate m zug zu einer zusätzlichen Qual machte. Wieder drohten ihm seine Gedanken zu entgleiten, doch dieses Mal war der Pfad, den sie einschl a gen wollten, rot, nicht schwarz, und an seinem Ende lauerte etwas, das ihm mehr Angst machte als irgendetwas anderes z u vor.
Feuer Es gab nicht viel, wovor er wirklich Angst hatte, aber Feuer gehörte ganz sicher dazu.
Panik wollte ihn packen und seine Gedanken zusätzlich ve r wirren, doch statt dagegen anzukämpfen und damit alles nur noch schlimmer zu machen, nutzte er die Kraft des kreische n den Strudels in seinem Kopf, um sich ganz im Gegenteil zur Ruhe zu zwingen. Schmerz, Atemnot und rasender Puls ber u higten sich kein bisschen, aber er war nun immerhin wieder zu hal b wegs klarem Denken fähig.
Prüfend zog er an seinen Fesseln und kam genau zu dem E r gebnis, das er erwartet hatte: Seine Kräfte mochten zehnmal die eines normalen Mannes betragen, und aus einem Grund, der ihm selbst nicht klar war, hatten sie noch einmal drastisch z u genommen, seit er nach London gekommen war, aber diese Ketten waren dennoch stärken Er erreichte mit seinem Ziehen nicht mehr, als sich selbst neue Schmerzen zuzufügen.
Deshalb also hatte Frederic ihn nicht getötet. London bran n te, zumindest zum Teil, und der Feuerschein und die Hitze des Steins in seinem Rücken sagten ihm, dass auch dieses Gefän g nis verbrennen würde.
So wie er.
Und genau das war Frederics Plan. Er sollte sterben und ganz London würde sein Scheiterhaufen sein.
Andrej zerrte noch einmal an seinen Handfesseln, ignorierte den neuerlichen, pulsierenden Schmerz, der dabei durch seine Handgelenke jagte, und spannte die Kette mit aller Macht zwei oder dreimal ruckartig und ebenso oft langsam, dafür aber mit umso mehr Gewalt, und jedes Mal ohne den geringsten Effekt. Nicht einmal ein durchgehender Stier würde diese Ketten ze r reißen können.
Was nichts anderes bedeutete, als dass er sterben würde.
Andrej dachte diesen Gedanken ganz ruhig. Wie er es auch drehte und wendete, behutsam wie eine Hand, die sich dem glühenden Werkstück in einer Esse nähert und nach einer Stelle sucht, an der sie sich nicht sofort verbrennt, das Ergebnis blieb dasselbe.
Er war an diese Wand gekettet und hatte keine Möglichkeit, sich von seinen Fesseln zu befreien, und das bedeutete, dass er bei lebendigem Leibe verbrennen würde.
Da war ein kleiner Teil in ihm, der diesen Gedanken nicht nur nicht fürchtete, sondern ihn beinahe begrüßte, bedeutete er doch das Ende der entsetzlichen Tortur in die sich sein Leben ve r wandelt hatte. Den Schmerz fürchtete er kaum, war er doch nichts gegen das, was er erlitten hatte, seit er in diese Kammer des Schreckens gebracht worden war.
Aber dieser Gedanke weckte etwas anderes, nämlich seinen Trotz. Es widerstrebte ihm, sein Schicksal zu akzeptieren und nur darauf zu warten, dass er starb. Solange er lebte, konnte er kämpfen. Dabei war es vollkommen egal, ob dieser Kampf sinnlos war oder nicht.
Also zerrte und riss er weiter mit aller Macht an seinen Handfesseln, bis seine Kräfte versagten und das Blut in Str ö men an seinen Armen herablief. Zischend traf es auf den Stein der Wand hinter seinem Rücken. Hätten seine Kräfte dafür g e reicht, so hätte er versucht, sich selbst die Hände abzureißen.
Es wurde immer heißen Die Haut auf seinem Rücken war längst verbrannt, und nun begann sich der glühende Stein z i schend in sein rohes Fleisch hineinzufressen. Seine Kleider schwelten, und da, wo sein Fleisch aufbrach, begann sein Blut zu kochen. Er wusste längst nicht mehr, ob die Schreie, die er hörte, von draußen hereinwehten oder aus seiner eigenen Kehle stammten. Alles drehte sich um ihn, immer schneller und schneller und selbst dann noch, als er die Augen schloss. Zeit wurde b e deutungslos, dann auch der Schmerz, denn obwohl er noch einmal ungeahnten Höhepunkten entgegen strebte, schien er ihn zugleich nicht mehr wirklich zu berühren. Irgendwann brach er in seinen Ketten zusammen, später dann hatte er das Gefühl, schwerelos zu werden, gleichsam zu schweben und mit seinem Gewicht auch alles andere Körperliche abzustreifen, einschlie ß lich der Schmerzen.
War das der Tod, das wirkliche Ende, dem er nun schon so oft entkommen war, dass die Möglichkeit, ihm eines Tages wirklich zu begegnen, schon fast aus seinem Bewusstsein
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