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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stolpern, das verborgen In der Dunkelheit auf sie lauerte. Zweimal hatten sie bereits kehrtmachen und sich einen anderen Weg suchen müssen, weil sie sonst die rauchenden Überreste eines Hauses, die die Straße blockierten, hätten überklettern müssen. Es war tiefste Nacht, doch der Himmel vor Ihnen glühte dunkelrot Im Widerschein zahlloser Brände, und die Luft war selbst hier noch so heiß und stickig und von Brandgeruch erfüllt, dass sie In Andrejs Lunge brannte. »Wohin zum Teufel führst du uns eigentlich? Das Ist nicht der Weg zur Themse!«
    »Nicht der direkte«, gestand Meruhe. »Aber der sicherste.«
    Falls es In dieser Stadt noch so etwas wie Sicherheit gab, dachte Andrej. Er hatte es bisher nicht gewagt, sie danach zu fragen, doch Ihm war klar, dass die Zahl der Toten schon jetzt In die Tausende gehen musste, wenn nicht mehr London war eine der größten Städte der Welt. Niemand wusste genau, wie viele Menschen In dem Moloch lebten, der die Stelle des eh e maligen Römerlagers eingenommen hatte, aber eine Feuer s brunst In diesem Labyrinth aus schmalen Straßen und verwi n kelten Ga s sen konnte nur verheerende Folgen haben.
    »Für die Stadt, ja«, sagte Meruhe, die selbstverständlich se i ne Gedanken gelesen hatte. »Nicht für die Menschen. Jedenfalls nicht für Ihre Leben. Wir konnten das Schlimmste verhindern.«
    »Wir?«, fragte Abu Dun.
    »Ich bin nicht allein hier, Pirat«, antwortete Meruhe. »Wäre Ich es, dann wäre Ich jetzt schon tot. Und Andrej und du auch.«
    Oder nichts von alledem hier wäre überhaupt passiert, dachte Andrej bitter.
    Meruhe stockte zum zweiten Mal mitten Im Schritt und drehte sich halb auf dem Absatz herum, um Ihm direkt Ins G e sicht sehen zu können. Für den Bruchteil eines Atemzuges, nicht einmal so lange, wie sie für diese Bewegung brauchte, blitzte reine Wut In Ihrem Blick auf, doch als sie Ihn ansah, las er e t was völlig anderes auf Ihrem Gesicht. Betroffenheit?
    »Vielleicht hast du sogar recht, Andrej«, sagte sie ernst ... vielleicht auch traurig. »Aber das hätte nichts geändert, glaub min Dieser Konflikt schwelt schon lange. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er ausbricht. Früher oder später musste es so weit kommen.«
    »Loki und die anderen?«, fragte Abu Dun.
    »Vielleicht ist es gut so, dass es hier und jetzt passiert«, fuhr Meruhe fort, scheinbar ohne Abu Duns Frage zur Kenntnis zu nehmen. »Bisher ist es uns gelungen, das Leben der Menschen hier zu schützen ... der meisten wenigstens. Eine Stadt lässt sich wieder aufbauen. Ein Leben, das einmal ausgelöscht wurde, ist unwiderruflich verloren.«
    »Was den Leuten nun zweifellos ein Trost ist«, sagte Abu Dun sarkastisch. »Sie werden Allah auf Knien dafür danken, dass sie dabei zusehen dürfen, wie alles zu Asche verbrennt, was sie besitzen.«
    »Möglicherweise war der Zeitpunkt auch nicht so passend«, räumte Meruhe widerwillig ein. »Aber daran können wir ebe n falls nichts mehr ändern. Es wird nicht mehr lange dauern. Die Entscheidung fällt spätestens bei Sonnenaufgang.«
    »Welche Entscheidung?«, wollte Abu Dun wissen.
    »Vielleicht die über die Zukunft der Welt«, sagte Meruhe.
    Erschüttert starrte Andrej sie an, aber Abu Dun lachte. Auch wenn sein Lachen nicht wirklich überzeugend klang. »Die Z u kunft der Welt? Hast du es nicht zufällig ein ganz kleines bis s chen kleiner?«
    »Nein«, erwiderte Meruhe. Sie sah dabei immer noch Andrej an. »Ich rede vom Schicksal unzähliger Menschen. Generati o nen um Generationen von Menschen, Andrej, die unter ihrer Herrschaft leiden werden. Sie werden nicht alle töten, denn sie brauchen sie. Aber es wird ein Leben sein, das es nicht mehr wert ist, gelebt zu werden. Und sie werden nicht einmal wissen, wer sie wirklich beherrscht.«
    »Ich glaube, es ist allmählich an der Zeit, dass wir uns u n terhalten«, sagte Abu Dun.
    »Aber nicht hier. Wir ...« Meruhe brach ab und fuhr ebenso erschrocken zusammen wie Abu Dun und Andrej, als rechts von ihnen und ein gutes Stück entfernt ein grellroter Blitz au f zuckte, nur einen halben Atemzug später gefolgt von einem gewaltigen Donnerschlag, der den Boden unter ihren Füßen erzittern ließ. Eine auseinanderstiebende Wolke aus noch hell e rem Feuer e r hob sich über der brennenden Silhouette der Stadt.
    »Was ...?«, murmelte Abu Dun. »Sind die jetzt völlig übe r geschnappt? Das war eine Explosion!« Die beiden letzten Wo r te hatte er fast geschrien.
    »Sie sprengen die Häuser

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