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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Mann und eine Frau, die das Pech gehabt hatten hinzufallen und von den Nachdrängenden einfach niedergetrampelt wurden. Meruhe hatte behauptet, dass sich die Anzahl der Opfer bisher in Gre n zen hielt, doch das traf offensichtlich nur auf die der Toten zu. Andrej sah zahllose Verletzte, die meisten davon mit mehr oder weniger schlimmen Brandwunden, viele aber auch mit blute n den Schnitten im Gesicht und an den Händen, auf verstauchten Knöcheln humpelnd oder mit schmerzverzerrtem Gesicht g e brochene Arme oder Handgelenke an den Körper pressend. Männer und Frauen trugen Bündel mit den wenigen Habseli g keiten, die sie aus den Flammen hatten retten können, manche versuchten auch, ihr Hab und Gut auf einem Karren hinter sich herzuziehen, doch sie wurden nicht selten einfach umgeworfen und auch ihr letzter kümmerlicher Besitz in alle Winde ve r streut oder einfach zertrampelt. Kinder schrien nach ihren Mü t tern und Männer nach ihren Frauen, und über allem lag das dumpfe Rauschen der Flammen, die weiter mit unstillbarem Hunger das verzehrten, was von der Stadt noch übrig geblieben war. Hier und da wurde gekämpft - Andrej wusste nicht warum oder wer, doch es erschütterte ihn, dass es offensichtlich selbst in dieser Situation noch dazu kam -, und noch immer wehte in fast regelmäßigen Abständen das Krachen weiterer Explosionen vom Tower herüber.
    Meruhe blieb plötzlich stehen und gebot auch Abu Dun und ihm anzuhalten. »Hier geht es nicht weiter«, sagte sie. »Nach links! Schnell!«
    Etwas an der Art, wie sie das letzte Wort ausgesprochen ha t te, brachte Andrej dazu, ihre Entscheidung nicht infrage zu stellen, sondern auf der Stelle herumzufahren und sich quer g e gen die Richtung des Menschen ström es nach links zu wenden, wohin ihre ausgestreckte Hand deutete. Auch Abu Dun gab l e diglich ein zustimmendes Grunzen von sich und bahnte ihnen weiter wie ein lebender Rammbock mit schierer Körperkraft einen Weg durch die Menge. Ein Chor von Flüchen folgte i h nen, und Fäuste wurden wütend geschüttelt, und Andrej wurde von mehr als einem Fausthieb, einem Tritt oder Ellbogenstoß getroffen, was ihn normalerweise nur amüsiert hätte. Jetzt tat es weh.
    Meruhe deutete auf eine Gasse, die kaum breit genug für sie selbst zu sein schien, geschweige denn für Abu Dun, und ve r schwand wie ein Schatten darin, nur kurze Zeit später gefolgt von Abu Dun, der sich seinen Weg zwar deutlich weniger el e gant als sie bahnte, aber mindestens genauso schnell.
    Andrej hatte dafür umso größere Mühe, die letzten Schritte zurückzulegen. Abu Duns und Meruhes Nähe hatten Ihn gleichsam mitgezogen, wie die Bugwelle eines Schiffs eine winzige Nussschale, doch jetzt war es Ihm unmöglich, die be i den noch einzuholen. Er wurde angerempelt, herum - und zur Seite g e stoßen und schließlich einfach mitgerissen, obwohl er sich mit aller Kraft gegen den Strom aus Leibern stemmte, der Ihn einfach davonzuspülen drohte. Im letzten Moment griff eine g e waltige schwarze Pranke nach Ihm und zerrte Ihn so schnell und mit solcher Gewalt In die Gasse hinein, dass Ihm nicht nur die Luft wegblieb, sondern auch sein Hemd endgültig zerrlss.
    Abu Dun war rücksichtsvoll genug, Ihn loszulassen, bevor er erstickte, legte dann aber die gespreizten Finger der anderen Hand auf seine Brust und drückte Ihn gegen die Wand, damit er nicht sofort wieder zusammenbrach. Das allerdings mit solcher Kraft, dass Ihm schon wieder das Atmen schwer wurde.
    »Was zum Scheijtan Ist los mit dir, Hexenmeister?«, fauchte er. Aber der besorgte Blick seiner Augen strafte seinen scharfen Tonfall Lügen.
    »Nichts!« Andrej schlug seine Hand beiseite (Abu Dun war höflich genug, so zu tun, als gelänge es Ihm tatsächlich), mac h te einen trotzigen Schritt zur Seite und lehnte sich dann hastig - und möglichst unauffällig -sofort wieder gegen die Wand, als seine Knie unter ihm nachzugeben drohten. »Ich brauche kein Kindermädchen, verdammt!«
    Abu Dun runzelte die Stirn und schüttelte dann nur zornig den Kopf, verzichtete aber auf eine Erwiderung, die Andrej vermutlich sowieso nicht gehört hätte, denn seine Worte waren nahtlos In einen qualvollen Hustenanfall übergegangen. Er wartete, bis Andrej wieder zu Atem gekommen war, und als er weltersprach, war jede Schärfe aus seiner Stimme gewichen.
    »Was ist los mit dir, Andrej?«
    »Nichts«, wiederholte Andrej, zuckte dann mit den Schultern und fügte etwas leiser und ohne den Nubier offen anzusehen,

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