Glut und Asche
nach Abu Dun und ihren Dienerinnen zu sehen. Er hatte sich auf dem schmuddeligen Lager ausgestreckt und war auf der Stelle eingeschlafen, noch immer zu Tode erschöpft und von einer Müdigkeit erfüllt, die beinahe körperlich schmerzte.
In seinem Traum jedoch war sie nicht nur geblieben, sondern hatte Mantel und Kleid abgestreift und sich neben ihn gelegt, um seinen Körper mit heißen Küssen zu bedecken.
Natürlich hatte er sich gewehrt. Als er das letzte Mal mit Meruhe geschlafen hatte, da hätte es ihn fast das Leben geko s tet, und er hatte Wochen gebraucht, wenn nicht Monate, um sich endgültig davon zu erholen.
Doch die rothaarige Nubierin war viel stärker als er, und selbst wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte und ihr ebenbürtig gewesen wäre, so wäre sein Widerstand trotzdem rasch erlahmt, denn Meruhe war nicht nur eine Vampyrin von einer Art, die Abu Dun und ihm ebenso hoffnungslos überlegen war, sie war auch eine Frau, die Jahrtausende Zeit gehabt hatte, um herau s zufinden, wie sie sich einen Mann gefügig machen konnte. Sie hatten sich auf eine Art geliebt, die er sich bisher noch nicht einmal hätte vorstellen können, und genau wie damals hatte er sich d a nach dem Tode näher gefühlt als dem Leben.
Dennoch war etwas anders gewesen. Sie hatte ihn fast all seiner Kraft beraubt, einschließlich derer, die sie ihm vorhin gegeben hatte, doch diesmal gab sie ihm auch etwas zurück, ohne dass er genau sagen konnte was. Aber da war plötzlich etwas Fremdes und Neues in ihm, wie der Keim einer neuen, unvorstellbar starken Kraft, die tief in ihm heranzuwachsen b e gann und die ihn zugleich erschreckte wie mit einer schier u n widerstehlichen Verlockung erfüllte, gegen die er sich weder wehren konnte noch wollte.
Aber es war nur ein Traum, und er war noch nicht vorbei.
Sie liebten sich ein zweites und sogar noch ein drittes Mal und Meruhe brachte ihn an den Rand einer Erschöpfung, die tiefer war als der Tod. Erst, als sie ihm jedes bisschen Kraft genommen hatte, das er nicht unbedingt zum nackten Überl e ben brauchte, ließ sie endlich von ihm ab und streckte sich mit e i nem erschöpften Seufzen neben ihm aus.
Andrej wartete darauf einzuschlafen. Er fühlte sich leer, ausgelaugt und erschöpft wie seit einem Jahrhundert nicht mehr, und alles, was er wollte, war Schlaf, einige wenige kos t bare Momente Ruhe, um vielleicht ein paar Tropfen aus dem Ozean von Kraft, den sie Ihm genommen hatte, zurückzub e kommen.
Er konnte es nicht. Etwas hielt Ihn wach, etwas ... In Ihm. Etwas, das Ihn erschreckte.
Er schlug die Augen auf, fand sich In fast vollkommener Dunkelheit wieder und spürte Meruhes warmen Körper neben sich. Seine Innere Uhr verriet Ihm, dass nur noch weniger als zwei Stunden Zelt bis zum Sonnenaufgang und damit Meruhes Ve r abredung mit dem Schicksal war, und er fühlte sich noch Immer matt und zu Tode erschöpft... das aber auf eine sonde r bar wohltuende Art, als wäre es eine Erschöpfung, die nur der Vorbereitung auf etwas anderes und viel Größeres diente. Ihm war kalt, was daran lag, dass es durch das löchrige Strohdach zog und er nackt war. Meruhes Geruch haftete noch an Ihm, und allein bei der Erinnerung an Ihre samtweiche Haut und die Süße Ihrer Lippen durchrieselte Ihn ein warmer Schauer, den er mit geschlossenen Augen und so lange genoss, bis er von selbst verschwand. Erst dann setzte er sich auf, tastete nach seinen Kleidern und öffnete die Augen, als er sie nicht fand.
»Du hast geschlafen«, sagte Meruhe neben Ihm. »Ich wollte dich nicht wecken, aber sie müssten dir passen. Ich hoffe, Ich habe deinen Geschmack getroffen.«
Unweit der Stelle, an der er seine Kleider abgestreift hatte (oder um genau zu sein: Meruhe sie Ihm vom Leib gerissen hatte und das wortwörtlich - der verbrannte Stoff war zum größten Teil einfach unter Ihren Händen zerfallen), lag ein St a pel säuberlich zusammengelegter, frischer Kleider: Hose, Hemd, ein wollenes Wams und ein modisch geschnittener schwarzer Umhang, dazu ein Hut von sonderbar dreieckiger Form und ein Paar aus feinstem Leder gearbeiteter Stiefel. A l les, was von seinem früheren Besitz übrig geblieben war, war Gunjir, doch auch das Götte r schwert war jetzt nicht mehr In eine einfache Decke eingew i ckelt, sondern steckte In einem prachtvollen Waffengurt, der mindestens hundert Jahre alt war, aber penibel gepflegt.
»Das Ist ...« Andrej streckte zögernd die Hand aus und spü r te, von welch hervorragender Qualität
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