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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wahl hatte er? Meruhe hatte ihm mit wenigen Worten vor A u gen geführt, was geschehen würde, wenn er diese Wahl nicht traf, und jedes einzelne dieser Worte war wahr.
    »Und wie?«, fragte er schließlich.
    »Es ist nicht schwer«, antwortete Meruhe. »Nicht wenn du so weit bist. Aber du musst es wollen.« Sie lachte, aber so bitter, dass ihm ein eisiger Schauer über den Rücken lief. »Es ist wie das Töten, weißt du? Nur ein winziger Schnitt, beinahe mühelos ... aber unmöglich, wenn du es nicht wirklich willst.«
    Warum wählte sie ausgerechnet diesen Vergleich?
    Aber dann dachte er an das, was sie noch gesagt hatte. Er würde Abu Dun töten und dann jeden anderen, der ihm je etwas bedeutet hatte. Es ging um Frederic. Der Fluch, der sein g e samtes Leben bestimmt hatte, musste endlich aufhören. »Wie?«, fragte er noch einmal.
    Statt zu antworten, streckte Meruhe den Arm aus und hob einen Dolch vom Boden auf, den sie offenbar dort bereitgelegt hatte. Ein letzter fragender und sehr ernster Blick - den er mit einem ebenso ernsten Nicken beantwortete -, und sie hob den Arm und führte einen raschen, präzise vertikalen Schnitt, der ihre Pul s ader auf eine knappe Fingerlänge öffnete. Noch bevor das Blut zu Boden tropfte, öffnete sie auch seine Pulsader und presste ihr Handgelenk auf seinen Arm.
    Es war wie vorhin, als sie ihn - vermeintlich - gebissen und ihr Blut sich vermischt hatte, und zugleich vollkommen anders. War es da wie ein Funke gewesen, eine winzige glühende Flamme, die sich ihren Weg in sein Fleisch wühlte, so schien jetzt eine lodernde Sonne direkt in seinen Gedanken zu expl o dieren, grelles Feuer wie aus dem glühenden Schoß eines Vu l kans, heiß genug, um ihn im Bruchteil eines Lidschlags zu Asche zu verbrennen.
    Nur, dass es das nicht tat. Das Feuer war verzehrend, seine Hitze und Zerstörungskraft jenseits aller Vorstellung, aber es verbrannte ihn nicht. Es läuterte ihn, brannte alles Alte, Ve r brauchte und Schlechte aus ihm heraus und ließ wenig mehr als eine leere Hülle zurück, zugleich aber auch ein Gefäß, das b e reit war, mit etwas anderem, Wunderbaren und Neuem gefüllt zu werden. Es war wie ein Rausch, grauenhaft und unvorstel l bar schön zugleich, eine reinigende Katharsis, die nichts z u rücklassen würde außer fruchtbarem Boden, auf dem etwas Neues und Gewaltiges gedeihen konnte.
    »Was ... geschieht mit ... mir?«, murmelte er stockend. Selbst das Reden fiel ihm schwer. Hinter seiner Stirn tobte ein Sturm aus Nichts, der das wenige, was von ihm noch geblieben war, mit sich ins Vergessen reißen wollte. Alles drehte sich um ihn. Sein Arm brannte wie Feuer, wo sich ihr Blut vermischte, und er hatte das vage Gefühl, auch anderenorts Schmerzen zu h a ben, schlimme Schmerzen, wusste aber nicht zu sagen wo, und nach einem Moment war er nicht einmal mehr sicher, ob es wirklich Schmerz war oder nicht vielmehr etwas weitaus Schlimmeres, ein Verlust, der weit über alles hinausging, was er jemals zuvor gespürt hatte. Als würde ihm seine Menschlichkeit genommen.
    »Was ist das?«, fragte er noch einmal. Er versuchte, seinen Arm loszureißen, aber Meruhe hielt ihn fest, ohne sich dabei auch nur anzustrengen.
    »Keine Angst«, sagte sie. »Es ist gleich vorbei. Nur Geduld. Sobald sich unser Blut vermischt hat, wirst du nichts mehr sp ü ren.«
    Andrej fasste sich in Geduld - welche Wahl hatte er auch schon? - und ertrug die nächsten Minuten mit zusammengebi s senen Zähnen. Es dauerte tatsächlich nicht lange. Schon nach einigen Augenblicken ließ sie seine Hand los, hob den Arm und fuhr mit den Fingerspitzen über den Schnitt, den sie sich selbst zugefügt hatte. Die Wunde verschwand wie eine Falte aus na s sem Stoff. Nachdem sie das Blut von ihrem Arm gewischt ha t te, war nichts mehr davon zu sehen. Andrej musste nicht an sich hinabsehen, um zu wissen, dass mit seinem Arm dasselbe g e schah.
    Durchdringend sah er sie an.
    »Was?« Meruhe legte fragend den Kopf auf die Seite.
    »Ich kann deine Gedanken nicht lesen.«
    Für einen halben Atemzug wirkte Meruhe ehrlich verblüfft, dann schüttelte sie lachend den Kopf. »Dummkopf«, sagte sie. »So schnell geht es nicht. Aber es wird auch nicht lange dauern, keine Sorge.« Sie erhob sich, ließ sich fast aus der gleichen Bewegung wieder in die Hocke sinken und streifte ihr Kleid über.
    Andrej sah ihr schweigend zu und genoss die spielerische Anmut ihrer Bewegungen, die bloße Schönheit ihres Anblicks. Er spürte, wie sich

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