Glut und Asche
Fingernägel sein Gesicht aufrissen, die in Wah r heit aber eisenharte und dolchscharf geschliffene Klauen waren. Kleine, aber tödlich spitze Zähne schnappten nach seiner Kehle und versuchten, sie aufzureißen, und möglicherweise hätten sie ihr Ziel auch erreicht, hätte Andrej nicht endlich seine Ersta r rung abgeschüttelt und wäre ihm beigesprungen.
Die Vampyrin rammte den Ellbogen zurück und schleuderte ihn zu Boden, ohne zu ihm zurückzusehen, aber die winzige Ablenkung reichte Abu Dun trotzdem, nicht nur den Kopf z u rückzuwerfen und auf diese Weise ihrem zuschnappenden Raubtiergebiss zu entgehen, sondern sie auch mit beiden Hä n den wuchtig von sich zu stoßen. Die Vampyrin taumelte, fand ihr Gleichgewicht aber nicht nur augenblicklich wieder, so n dern federte ansatzlos in die Höhe und vollführte eine halbe Pirouette in der Luft, an deren Ende ihr Fuß mit der Gewalt e i nes Hammerschlags in Abu Duns Gesicht landete. Jedem no r malen Mann hätte dieser Tritt vermutlich das Genick gebr o chen.
Abu Dun machte er nur wütend.
Im gleichen Sekundenbruchteil, in dem die Vampyrin auf ihren Füßen landete und wieder zum Sprung ansetzen wollte, war er bereits bei ihr, umschlang sie mit den Armen und drüc k te mit seiner ganzen gewaltigen Kraft zu. Die Vampyrin kreis c hte vor Schmerz und Wut und versuchte, nach seiner Kehle zu beißen, und Abu Dun stieß ihr die Stirn mit solcher Macht ins Gesicht, dass das Blut spritzte. Gleichzeitig verstärkte er seinen tödlichen Griff. Das Kreischen der Vampyrin wurde noch ei n mal lauter und schriller und brach dann plötzlich ab, als Abu Duns erbarmungsloser Griff ihr die Luft aus den Lungen pres s te. Andrej konnte hören, wie ihre Rippen unter dem enormen Druck nachgaben und eine nach der anderen brach.
Mühsam stemmte er sich hoch, blinzelte den roten Schmerz vor seinen Augen fort und beugte sich zur Seite, um Blut und saure Galle zu spucken. Der Ellbogenstoß der Vampyrin hatte auch ihm eine Rippe gebrochen -mindestens - und mit ihrer ungeheuren Kraft schien sie selbst Abu Dun Probleme zu b e reiten, der der mit Abstand stärkste Mann war, dem er in se i nem ganzen Leben begegnet war Was immer dieses Geschöpf war, das aussah wie eine ebenso junge wie zerbrechliche Frau, Andrej war nicht einmal mehr sicher, dass es tatsächlich einmal ein Mensch gewesen war. Vielleicht waren sie hier auf etwas g e stoßen, das älter als die Menschen war und unendlich böser.
Aber auch Abu Dun war alles andere als ein normaler Mann. Die Vampyrin wehrte sich immer noch mit übermenschlicher Kraft, aber Andrej kannte den grausamen Griff, mit dem er sie umklammert hielt, aus eigener Erfahrung. Die gewaltigen Arme des Nubiers u m schlangen die Vampyrin mit der Gewalt eines Schraubstocks. Seine Gegnerin wand und wehrte sich mit ve r zweifelter Kraft, bekam irgendwie einen Arm frei und schlug die Krallen in seinen linken Bizeps. Abu Dun grunzte vor Schmerz, verdoppelte seine Anstrengungen aber nur noch. A n drej hörte ein Geräusch wie von trockenem Reisig unter einer Stiefelsohle, als noch mehr ihrer Rippen knackten.
Dann brach ihr Rückgrat.
Die Vampyrin erschlaffte. Die schier unbezwingbare wilde Kraft, die gerade noch in ihr gewesen war, war von einem Atemzug auf den anderen nicht mehr da, und Andrej glaubte zu spüren, wie irgendetwas Unsichtbares und sehr Düsteres aus ihr wich. Abu Dun lockerte seine tödliche Umklammerung trot z dem noch einige Sekunden lang nicht, bevor er die Vampyrin zu Boden gleiten ließ und mit einem Fußtritt von sich schle u derte.
Dann fiel er auf die Knie, stöhnte vor Erschöpfung und Schmerz und sank noch weiter nach vorn e , bis er seinen Sturz mit dem unversehrten Arm auffing. Sein Atem ging schwer und keuchend. Andrej hatte ihn selten so erschöpft gesehen wie nach dem kurzen Kampf mit dieser zierlichen Frau.
Allerdings gönnte er sich auch kaum mehr als zwei oder drei ebenso tiefe wie schwere Atemzüge, bevor er sich wieder in die Höhe stemmte, einen kurzen Blick auf die Frauengestalt hinu n terwarf und dann zu Andrej hinschlurfte. »Vielen Dank für deine Hilfe, Freund«, sagte er schwer atmend. »Würdest du mir vielleicht deine Waffe leihen, Sahib, damit dein unwürdiger Diener seine Aufgabe beenden kann?«
Andrej verstand nicht einmal, was er meinte. Abu Dun maß ihn mit einem ärgerlichen Blick, der ganz und gar nicht g e schauspielert war, beugte sich vor und riss ihm den Geländerpfosten aus der Hand, den Andrej die ganze
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