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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schließen, nur weil sie zufällig Frederic heißen? Du weißt, was mit ihm geschehen ist. Hast du Wien vergessen?«
    Wie konnte er das? Er fühlte leise Bitterkeit, als er an das letzte Mal dachte, als er Frederic - den wirklichen Frederic! - gesehen hatte, aber er erlaubte sich nicht, dem Gedanken nac h zuhängen. Abu Dun hatte recht, mit jedem Wort, das er gesagt hatte, und zugleich täuschte er sich so sehr, wie es überhaupt nur möglich war.
    Es war nicht nur sein Name. Allein die Idee war lächerlich. In den unzähligen Jahren ihrer Suche hatten sie mehr als einen Frederic getroffen, und er hatte niemals so ähnlich gefühlt. E t was an diesem Jungen war Nein, er wusste es nicht. Etwas an ihm war anders. Und ung e heuer wichtig.

»Schauen wir nach, welche Überraschung unser Freund für uns vorbereitet hat«, sagte Abu Dun.
    Andrej widersprach nicht. Aber sein Gefühl sagte ihm, dass nichts Gutes sie erwartete.
    Er sollte recht behalten.

Kapitel 11
     
    D as Erste, das Ihm auffiel, war der Geruch.
    Er war falsch. Die Bäckerei roch nicht so, wie eine Bäckerei riechen sollte. Wahrscheinlich taten das die wenigsten Bäck e reien in dieser Stadt (ebenso wenig wie die Metzgereien, Fischhandlungen, Konditoreien, Gemüsehandlungen und son s tigen Kaufleute, deren einziger Daseinszweck darin zu bestehen schien, seinen feinen Geruchssinn zu beleidigen), aber das hier war ... anders. Unangenehmer. Der Geruch, der ihnen entg e genschlug, als sie hintereinander die schmale Stiege zum ersten Stockwerk hinaufgingen, war nicht muffig oder der von schlecht gewordenem Mehl und schimmelndem Brot, den er erwartet hätte, sondern viel schlimmer.
    Es stank nach Tod. Aber nicht nach jener direkten, blutigen Art des Todes, die sie nur zu gut kannten und die ihr beider Handwerk war, sondern nach etwas Subtilerem und sehr viel Schlimmerem: Nach Dingen, die vor langer Zeit hier oben g e storben, aber trotzdem noch da waren - als lauere etwas Uraltes und Fauliges Irgendwo über Ihnen In den Schatten und b e obachte sie.
    Andrej schüttelte den Gedanken ab und belegte sich selbst mit einigen wenig schmeichelhaften Bezeichnungen. In diesem Haus war also etwas gestorben. Und? Das traf vermutlich auf jedes zweite Haus In London zu. Abu Dun hatte sich nicht g e täuscht: Er war nervös. Besser er vergaß nicht, dass nervöse Männer dazu neigten, Fehler zu machen.
    Auch Abu Dun war sehr vorsichtig. Die Treppe endete in e i nem winzigen Absatz, von dem gleich drei Türen abgingen. Alle drei waren geschlossen, und durch eine drang ein gru n zendes Schnarchen, das laut genug war, um vermutlich noch unten auf der Straße gehört zu werden. Der tote Geruch sickerte durch die Ritzen der Tür zur Linken.
    Abu Dun deutete darauf, umfasste seine improvisierte Fackel fester und schob die Tür mit der anderen Hand auf. Die lede r nen Scharniere knarrten, und ein Schwall trockener, nach Staub und Mehl und Fäulnis riechender Luft schlug Ihnen entgegen. Abu Dun duckte sich unter dem niedrigen Türsturz durch und drehte sich einmal langsam um sich selbst, während Andrej draußen auf dem Treppenabsatz zurückblieb und die beiden anderen Türen im Auge behielt.
    Hinter der Tür befand sich ein Lagerraum, in dem sich S ä cke, Körbe und roh zusammengezimmerte Kisten türmten. Hier herrschte nicht nur eine unglaubliche Unordnung, sondern auch ein solcher Schmutz, dass sich selbst Andrej vornahm, In dieser Bäckerei ganz gewiss nichts zu kaufen. Es war zwar unmöglich, Ihn zu vergiften, aber es gab Grenzen ...
    »Nichts«, murmelte Abu Dun. »Obwohl ...« Er drehte sich noch einmal herum, ging in die Hocke, griff hinter einen schmutzigen Sack Mehl und zog eine tote Ratte am Schwanz dahinter hervor. Mit einem leicht angewiderten Laut richtete er sich wieder auf. »Das Ist seltsam«, murmelte er.
    »Das Ist nicht seltsam, das Ist eine tote Ratte«, antwortete Andrej. »Und es wundert mich kein bisschen . Wahrscheinlich hat sie von dem Brat gegessen und Ist daran verendet.«
    Abu Dun blieb ernst. »Sie Ist schon eine Welle tot, und sie Ist nicht hier gestorben. Jemand hat sie hierher gelegt.«
    »Vielleicht ein neidischer Konkurrent, der dem guten Mann schaden wollte?« Andrej sah sich demonstrativ um. »Obwohl Ich mir nicht vorstellen kann, was den Ruf dieses Etabliss e ments noch schlechter machen könnte.«
    »Oder jemand, der uns hier herauf locken wollte«, sagte Abu Dun und legte den toten Nager sorgsam wieder zurück.
    »Und wozu?«
    »Sehen wir uns

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