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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schon ist, und öffnen Sie!«
    »Bess?«, fragte Andrej. »Was tust du hier?« Als ob er das nicht wüsste! »Das ist albern, Frederic«, sagte er. »Und damit wirst du keinen Erfolg haben. War das deine Idee?«
    »Warum?«, fragte Frederic. Seine Augen funkelten, und in seinem Blick lag etwas Altes, Wissendes.
    Er zwang sich trotzdem, ihm standzuhalten. »Weil es ki n disch ist«, antwortete er und deutete auf das Mädchen. »Wenn er mich in Verlegenheit bringen wollte, dann ist ihm das gelu n gen. Aber mehr auch nicht.«
    »Verlegenheit?« Frederic grinste hässlich. »Ja, so kann man es nennen, glaube ich. Das Wort gefällt mir.«
    »Mister Delany , meine Geduld hat Grenzen!«, drang Marcus' Stimme durch die geschlossene Tür. »Öffnen Sie jetzt oder wir verschaffen uns gewaltsam Zutritt! Ich gebe Ihnen eine Minute Zeit!«
    Andrej hörte nicht einmal hin. Er versuchte Bess' Blick fes t zuhalten, aber es gelang ihm nicht. Das Mädchen trat unbeha g lich von einem Fuß auf den anderen und wich seinem Blick aus, aber Andrej sah trotzdem, wie wenig wohl es sich in seiner Haut fühlte. Er sah jetzt auch, dass es sich nicht nur zusätzliche Locken ins Haar gedreht, sondern sich auch ebenso ungeschickt wie aufdringlich geschminkt hatte.
    »Bess«, sagte er müde. »Wer hat dir gesagt, dass du das tun sollst? Frederic? Oder jemand anders?«
    Bess antwortete nicht, sondern warf dem Jungen einen Hilfe suchenden Blick zu. Sie begann verlegen auf der Unterlippe zu kauen. Andrej konnte ihr ansehen, dass sie sich weit, weit weg wünschte, und sein ohnehin nur schwacher Zorn auf sie ve r rauchte endgültig. Er wandte sich wieder an Frederic.
    »Du weißt nicht, worauf du dich einlässt, Junge«, sagte er. »Was immer euch dieser angebliche Mister Smith auch gesagt haben mag, ist gelogen. Er ist kein guter Mensch, glaub mir.«
    »Nein, ist er nicht?« sagte Frederic schnippisch.
    »Wenn man es genau nimmt, ist er überhaupt kein Mensch«, fuhr Andrej fort. Er dachte an Meruhes Warnung. Etwas würde geschehen, etwas sehr Schlimmes. Und er wusste, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. »Aber das spielt im Moment keine Ro l le. Ich möchte, dass ihr die Stadt verlasst, beide, und nehmt am besten alle eure Freunde mit. Noch heute Nacht.«
    »Ah ja?«, griente Frederic. »Und wenn wir gar nicht gehen wollen?«
    »Dann werde ich dich dazu zwingen«, sagte Andrej ernst. »Oder zumindest sie.«
    Er deutete auf Bess, und das Mädchen wich so erschrocken z u rück, als hätte er ausgeholt, um sie zu schlagen.
    »Na, da bin ich aber mal gespannt, wie du das machen willst«, sagte Frederic und zog sein schartiges Messer mit der abgebrochenen Klinge. Dieser fremde und zugleich so erschr e ckend vertraute Ausdruck war noch immer in seinen Augen.
    Andrej seufzte. »Hör mit dem Unsinn auf, Frederic«, sagte er. »Ich verschwinde jetzt. Bess nehme ich mit, und du solltest besser auch gehen.«
    Frederic trat grinsend hinter Bess, legte ihr besitzergreifend die linke Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht zulassen, fürchte ich«, sagte er, grinste noch breiter und schnitt ihr die Kehle durch.
    Andrej wollte schreien, aber er konnte es nicht. Er wollte sich auf den Jungen stürzen und ihm das Messer entreißen, auch wenn es dazu viel zu spät war, aber auch das konnte er nicht. Er stand einfach nur wie gelähmt da und starrte, während Bess das hellrote Blut aus der durchschnittenen Kehle lief. Vergeblich versuchte er zu begreifen, was er sah. Bess' Augen weiteten sich. Da war kein Schmerz in ihrem Gesicht und in ihrem Blick und auch keine Furcht, nur Erstaunen und Fassungslosigkeit. Sie wollte etwas sagen, aber alles, was über ihre Lippen kam, war ein weiterer Schwall Blut. Langsam sank sie auf die Knie, hob die Hände, wie um nach der schrecklichen Wunde an ihrem Hals zu greifen, und fiel dann auf die Seite. Ihre Augen erl o schen, und in der gleichen Sekunde spürte Andrej, wie das L e ben aus ihr wich.
    Und endlich fiel die Lähmung von Andrej ab. Mit einem Schrei warf er sich nach vorne, entriss Frederic das Messer und ve r setzte ihm mit der anderen Hand einen Hieb, der ihn quer durch die Backstube und gegen eine offenstehende Ofenklappe schleuderte, wo er bewusstlos zusammenbrach. Vielleicht auch tot. In diesen Moment war das Andrej gleich.
    Draußen auf der Straße wurde es plötzlich laut. Andrej glaubte Schreie zu hören, hastig trappelnde Schritte und vie l leicht sogar die Geräusche eines Kampfes, dann

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