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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einen Blick in den dahinterliegenden Raum, der aber nur weitere Säcke mit grauem Mehl und hart gewordenem G e bäck enthielt - und noch mehr Unordnung und Schmutz.
    »Bleibt die Frage, warum er uns herbestellt hat«, sagte Abu Dun nachdenklich. »Doch bestimmt nicht nur, um dieses arme Bäckerlein zu erschrecken.«
    Andrej lauschte in sich hinein. Es war nahezu Mitternacht und damit die Zeit, zu der Frederic sie herbestellt hatte. Nach wie vor war er der Auffassung, dass es ein Leichtes war, eine Falle gegen genau den zu wenden, der sie aufgestellt hatte - doch d a zu musste man sie erst einmal erkennen.
    Er wandte sich um, begann die Treppe wieder hinunterzug e hen und blieb auf halber Höhe stehen. Jemand - etwas - wartete dort unten auf sie. Andrej hörte nichts. Selbst seine übe r menschlich scharfen Sinne ve r rieten Ihm nichts - aber etwas war da. Er wusste es einfach - vielleicht gewarnt von einem zusätzlichen Sinn, von dessen Existenz er bisher nicht einmal etwas geahnt hatte.
    Abu Dun, der nur eine Stufe über Ihm war, schien es ähnlich zu ergehen. Andrej hörte, wie er scharf die Luft einsog, und konnte spüren, wie er sich anspannte.
    »Warte hier«, raunte der Nubi e r. »Ich gehe außen rum.« Er zog sich nahezu lautlos zurück. Nur einen Moment später hörte er das Geräusch der ledernen Angeln und dann das Klappern eines Fensterladens. Andrej zählte In Gedanken langsam bis zwanzig, kam zu dem Schluss, dass Abu Dun jetzt genug Zeit gehabt hatte, außen an der Wand hinunterzuklettern und das Haus zu umrunden, und setzte seinen Weg dann fort. Der Span In seiner Hand war nahezu heruntergebrannt, sodass er bereits die Hitze der Flamme spürte, aber der flackernde rote Schein reichte I m mer noch aus, um Ihm zu zeigen, dass die Backstube nach wie vor leer war. Und er spürte deutlicher denn je, dass Irgendetwas auf Ihn lauerte.
    Aber anders als zuvor war an diesem Gefühl plötzlich ganz und gar nichts Unheimliches mehr. Andrej verspürte ganz Im G e genteil eine seltsame Mischung aus Neugier und Erregung, als er begriff, dass er hier keineswegs einer neuen und bisher u n bekannten Bedrohung gegenüberstand. Es waren seine Sinne, die sich plötzlich erweitert hatten, die Welt In einer ganz and e ren, größeren Dimension wahrnahmen und Ihm Dinge zeigten, von deren Existenz er bisher nicht einmal eine Ahnung gehabt hatte. Irgendetwas geschah mit Ihm, etwas Erstaunliches und Großes. Andrej war nicht ganz sicher, ob er Angst davor haben sollte.
    Dann hörte er doch etwas: Schritte. Sie erklangen draußen auf der Straße und stammten von jemandem, der sich keine Mühe gab, leise zu sein, sondern eher das genaue Gegenteil zu bea b sichtigen schien. Es war nicht Abu Dun, so viel zumindest war Ihm klar.
    Kurz darauf wurde lautstark gegen die Tür gehämmert, und eine befehlsgewohnte Stimme rief: »Mister Delany ! Öffnen Sie! Wir wissen, dass Sie dort drin sind!«
    »Konstabler Marcus?«, murmelte Andrej erstaunt, nur zu sich selbst gewandt und viel zu leise, als dass seine Stimme draußen auf der Straße zu hören sein konnte.
    Er bekam trotzdem eine Antwort, auch wenn die Stimme nicht dem Konstabler gehörte und nicht draußen auf der Straße e r klang, sondern hinter ihm. »Aber der gute Konstabler hat dir doch gesagt, dass er dich Im Auge behalten wird, Andrej. Hast du ihm etwa nicht geglaubt?«
    » Frederic .« Warum war er eigentlich überrascht? Im Nac h hinein wurde Ihm klar, dass es Frederics Anwesenheit gewesen war, die er die ganze Zeit über gespürt hatte. Er war die ganze Zeit über in Ihrer Nähe gewesen, nur hatten sie Ihn - warum auch immer - nicht gesehen.
    Andrej hob seine Improvisierte Fackel höher, um Frederics G e sicht besser erkennen zu können. Lag es an den zuckenden Schatten, dem flackernden roten Licht oder an seiner Nervos i tät, dass er sich einbildete, etwas unheimlich Vertrautes In se i nen Zügen zu erkennen, etwas, das ganz und gar unmöglich da sein konnte?
    Ein Rascheln wie von Stoff erklang, und eine lockige kleine Gestalt in einem schmuddeligen Spitzenkleid, das ihr um me h rere Nummern zu groß war, tauchte aus dem Verkaufsraum auf, streifte Andrej mit einem scheuen Blick und eilte dann mit trippelnden Schritten an Frederics Seite. Das Hämmern gegen die Eingangstür wiederholte sich. »Mister Delany !«, rief Ma r cus. »Wir wissen, dass Sie dort drinnen sind! Und wir wissen auch, wer bei Ihnen ist und warum! Also machen Sie es nicht noch schlimmer, als es ohnehin

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