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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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offenbar zumindest einige Brocken Arabisch sprach. »Von Zeit zu Zeit«, antwortete er. »Und um Ihre Frage zu beantworten, Inspektor: Seit einer guten Woche.«
    »Seit einer Woche«, wiederholte Marcus. Sein Finger schien das Zentrum des unsichtbaren Musters erreicht zu haben und kam mit einem Ruck zum Halten. »Sie haben von diesen schrecklichen Morden gehört, die die Stadt unsicher machen, Mister Delany ?«
    »Das Phantom.« Andrej erinnerte sich, dass Frederic dieses Wort benutzt hatte. »Ja.«
    »Ja, so nennen es die Leute wohl«, stimmte ihm Marcus zu. Er machte ein bekümmertes Gesicht. »Auch wenn es mir lieber wäre, sie täten es nicht. Solche Worte ... sind nicht gut. Sie so r gen für Unruhe und dafür, dass die Leute reden, wissen Sie? Auch wenn ich in dieser Stadt lebe und stolz darauf bin, so muss ich doch zugeben, dass sehr viele der Menschen hier ei n fache Leute sind. Leute, die man leicht erschrecken kann und die nur zu gern an all dieses abergläubische Gerede glauben. Nicht, dass ich sie nicht verstehen könnte. Diese Stadt und ihre Bewohner haben viel erdulden müssen in der Vergangenheit. Erst im letzten Jahr diese schreckliche Pestepidemie, die so entsetzlich viele Opfer gefordert hat, und jetzt diese schaude r haften Morde ... Sie wissen, wann sie angefangen haben?«
    »Vor einer Woche?«, vermutete Andrej.
    »Genau«, antwortete Marcus.»Sie wissen nicht zufällig i r gendetwas darüber?«
    »Ändert es etwas, wenn ich Nein sage?«
    Marcus antwortete nicht. »Also gut«, seufzte er stattdessen. »Fangen war mit dem an, was wir wissen. Sagt Ihnen der Name Hancock etwas? Jackob Hancock?«
    »Nein«, antwortete Andrej.
    »Seine Freunde nennen ihn Jack.«
    Andrej sah ihn nur an.
    »Ein einfacher Mann«, sagte Marcus. »Ein kleiner Tag e löhner und Gelegenheitsdieb. Sicherlich niemand, mit dem sich so noble Herrschaften wie Sie oder Ihr Freund abgeben wü r den.«
    »Sicher nicht«, sagte Andrej.
    »Und dennoch«, fuhr Marcus ungerührt fort, »gibt es ung e fähr zwanzig Zeugen, die beschwören, dass sie Sie und Ihren Freund mit ihm reden gesehen haben wollen ... oder jedenfalls zwei Fremde, auf die Ihre Beschreibung genau zutrifft. Jemand will gehört haben, dass ihr euch mit ihm im Star Inn verabredet habt.«
    »Er ist nicht gekommen«, sagte Andrej. Er nahm sich vor, Marcus ganz bestimmt nicht noch einmal zu unterschätzen.
    »Was wollten Sie von ihm?«
    »Nur eine Auskunft«, antwortete Andrej.
    »Sie haben nach dem Jungen gesucht.«
    »Welchem Jungen?«
    »Dem, den Sie vermutlich auch umgebracht hätten, wären wir einige Minuten später gekommen«, sagte Marcus.
    »Unsinn.«
    »Aber ich kann Sie beruhigen, Mister Delany . Dem Jungen geht es gut. Er hat eine mächtige Beule am Kopf, aber das ist auch schon alles. Im Moment isst er eine heiße Suppe und u n terhält sich mit einem meiner Konstabler . Können Sie sich denken worüber?«
    Andrej schwieg, und Marcus' Zeigefinger begann, den ga n zen komplizierten Weg vom Zentrum des Musters aus zurüc k zuwandern. »Nicht, dass es um den Burschen sonderlich schade gewesen wäre«, fuhr Marcus fort . »Ich fürchte, er wird früher oder später sowieso am Galgen landen. Er führt eine Bande von Kindern an, die von kleinen Räubereien und Diebstählen leben ... und er war wohl auch der Zuhälter dieses Mädchens. Ist das nicht schrec k lich? Sie war noch ein Kind und hat doch schon ihren Körper verkauft. Was müssen das nur für Männer sein, die Geld dafür bezahlen, sich an einem unschuldigen Kind zu vergehen? Na ja ...« Er räusperte sich unecht. »Einem Kind.«
    Andrej schwieg weiter.
    »Sie waren also im Star Inn, um sich mit Jack zu treffen?«, fuhr Marcus fort.
    »Wie gesagt: Er ist nicht gekommen«, antwortete Andrej.
    »Was daran liegen mag, dass er tot ist«, sagte Marcus.
    »Tot?«
    »Er wurde ermordet. Gar nicht weit vom Star Inn entfernt«, bestätigte Marcus. »Sie hätten eigentlich über seine Leiche stolpern müssen, als sie das Lokal verlassen haben. Den Gästen, die nach Ihnen und Ihrem Freund gegangen sind, ist es jede n falls so ergangen.«
    »Wir haben ihn nicht getötet«, antwortete Andrej. »Warum sollten wir das tun? Immerhin wollten wir etwas von ihm wi s sen.«
    »Vielleicht haben Ihnen seine Antworten nicht gefallen.«
    Andrej setzte zu einer scharfen Erwiderung an, besann sich dann im letzten Moment eines Besseren und starrte demonstr a tiv an Marcus vorbei ins Leere.
    »Wie Sie möchten, Mister Delany «,

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