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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seufzte Marcus. »Ich wollte es Ihnen leichter machen, aber es ist Ihre Entscheidung.« Er zog endlich seine Hand zurück - es sah aus, als koste es ihn große Kraft - und stand auf. »Es war für uns alle ein langer und anstrengender Tag. Vielleicht sollten wir allesamt eine Pause einlegen und ein wenig zur Ruhe kommen. Danach sehen wir vielleicht manches anders. Sagen wir: eine Stunde?« Er gab den beiden Männern hinter Andrej einen Wink. Einer von ihnen begann die Stricke zu lösen, mit dem sie ihn auf dem Stuhl festgebunden hatten, während der andere in respektvollem A b stand stehen blieb und ihn mit einer Muskete bedrohte.
    »Diese beiden Gentlemen bringen Sie jetzt in eine Zelle, Mister Delany «, sagte Marcus. »Nutzen Sie die Zeit, und de n ken Sie darüber nach, ob es nicht klüger wäre, mit uns zu k o operieren. An Ihrer Strafe wird das wohl kaum noch etwas ä n dern, aber es könnte die Zeit bis dahin leichter für Sie machen. Sehr viel leichter.«
    Und auch darauf antwortete Andrej nicht.
    »Bringt ihn in Zelle fünf«, seufzte Marcus. »Und dann holt mir diesen Bengel her. Ich möchte mit ihm reden.«
    Die beiden Männer zerrten ihn grob auf den Gang hinaus, wo zwei weitere Wächter auf sie warteten. Andrejs Hände waren noch immer auf dem Rücken zusammengebunden und seine Fußgelenke mit einem kaum eine Handspanne messenden Strick gefesselt, sodass er nur kleine, trippelnde Schritte m a chen konnte. Trotzdem stießen ihn die Männer grob und ung e duldig zwischen sich her, wobei sie auch nicht zögerten, ihn mit derben Kolbenstößen zu größerer Eile anzuspornen - was sie allerdings wohl auch dann getan hätten, wäre er schneller g e laufen. Doch er sagte nichts und tat auch nichts von alledem, wozu er mit jedem Kolbenstoß mehr Lust verspürte, sondern biss nur die Zähne zusammen und konzentrierte sich stattdessen auf seine Umgebung.
    Auch ohne Marcus' Worte hätte er spätestens jetzt gewusst, dass er sich in einem Gefängnis befand. Die Luft war schlecht, und es roch nach faulendem Stroh, Schweiß und Exkrementen und Blut und vor allem nach Rauch. Es gab keine Fenster, und die aus mächtigen Steinquadern zusammengefügten Wände waren schon vor einem Menschenalter oder mehr schwarz vom Ruß unzähliger Fackeln geworden. Der Gang war unerwartet breit, aber so niedrig, dass er sich unentwegt ducken musste, und wurde von zahlreichen schweren Türen flankiert, in die winzige vergitterte Fensterchen eingelassen waren. Auch ohne einen Blick durch ein einziges zu werfen, wusste Andrej, dass sie a l lesamt belegt waren. Zumindest in diesem Teil der Stadt schien es eine Menge schlechter Menschen zu geben.
    Vor einer Tür am Ende des Ganges hielten sie an. Einer se i ner Bewacher schob den massiven Riegel zurück, während sich ein anderer an seinen Hand - und Fußfesseln zu schaffen machte und sie nacheinander löste. Andrej warf ihm einen leicht übe r raschten Blick zu und erntete ein höhnisches Grinsen.
    »Wäre doch unfair, wenn du dich nicht mal wehren könntest, oder?«, fragte der Bursche.
    Die Tür wurde aufgerissen, und Andrej stolperte, von einem derben Stoß zwischen die Schulterblätter getroffen, hindurch. Er schloss die Augen, damit sie sich an die veränderten Lich t verhältnisse gewöhnen konnten, und wartete, bis die Tür hinter ihm wieder zufiel und der Riegel vorgelegt wurde, bevor er sie wieder öffnete. Schwere Schritte entfernten sich, und Schatten umgaben ihn.
    Die Zelle war kahl, einzig mit einer Lage faulendem Stroh auf dem Boden eingerichtet und allenfalls groß genug für zwei Insassen. Trotzdem umgaben ihn vier Gestalten. Keiner der Männer war kleiner als er oder weniger muskulös.
    »Ist das der Kerl, von dem Matt gesprochen hat?«, fragte e i ne raue Stimme.
    »Glaub schon«, antwortete eine andere.
    »Der, der das Kind umgebracht hat?«
    »Sieht jedenfalls so aus, wie er ihn beschrieben hat.«
    Andrej seufzte leise, wollte etwas sagen und stolperte dann rücklings gegen die Wand, als ihn ein harter Stoß gegen die Schulter traf.
    »Bist du der Kerl, von dem Matt erzählt hat, Freundchen? Der, der so großen Spaß an kleinen Mädchen hat?«
    »Ja«, seufzte Andrej. »Der bin ich wohl.«

Kapitel 12
     
    Inspektor Marcus ließ ihn fast auf die Minute pünktlich h o len, nachdem die verabredete Stunde um war Andrej hatte ein paarmal Schritte draußen auf dem Gang gehört und einmal auch ein Scharren, als mache sich jemand am Riegel zu schaffen, aber niemand war

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