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Glutnester

Glutnester

Titel: Glutnester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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verabreicht, um ihr schließlich mit einem Narkosemittel den Rest zu geben.«
    »Warum sollt s’ des doa? Ohne Motiv gibt’s koan Mord. Außerdem hat d’ Helga, seit d’ Gerry auf der Weid is, nur no ab und zu beim Veterinär ausg’holfen. Der wird Eana scho song, dass in der Praxis nix feid«, entgegnet er knurrend und in breitestem Dialekt.
    »Wird er das? Woher wissen Sie das so genau? Haben Sie etwa bereits für Stillschweigen gesorgt oder das Mittel vor längerer Zeit woanders erstanden?«, gießt Elsa weiter Öl ins Feuer seiner bereits angefachten Emotionen.
    Hubs entreißt Elsa die Mistgabel. Entrüstet und drohend zugleich kommt er damit auf sie zu. Elsa stolpert hastig zurück. Bleibt mit dem Absatz irgendwo hängen und fällt zu Boden. Geradewegs in die Scheiße. Vielleicht bin ich zu weit gegangen?, schießt es ihr durch den Kopf. Eventuell hat sie diesen anfangs recht zugänglichen Mann unterschätzt. Hubs bleibt vor ihr stehen. Er kann das Abwandern seiner Gesichtszüge – ins grenzenlos Verabscheuende – nicht verhindern. Blickt auf sie hinab. Mit wilden Pupillen in tief liegenden Augen. »Elendig’s Weibsbuid. Langsam drängt’s mi, Eana zu zoang, wo’s aussigeht. Schaun S’, dass weiterkemma. Und kommen S’ erst wieder, wenn S’ Beweise ham. Und jetzt schleichen S’ Eana. Hier bin i dahoam. Und Sie ham erst wieder Zutritt, wenn S’ a Vorladung oder so was mitbringen. Koan Atemzug eher. Ham S’ g’hört? Koan Schnaufer z’fria. Dafür sorg i.« Kaum zu Ende gesprochen, presst Hubert ein gehässiges Lachen aus sich heraus. Während Elsa, die Kleidung von oben bis unten mit Dung besudelt, sich aufrappelt, lacht er in vollen Zügen. Lacht provokant weiter, so lange, bis sie den Stall verlassen hat und – so hofft er – das gesamte Areal.
    Elsa geht raschen Schrittes quer über den Hof auf das Gasteiger-Wohnhaus zu. Während des Gehens klopft sie sich das Heu von der Kleidung. Und den übrigen Dreck, den sie sich eingefangen hat. Klein beigeben ist bestimmt nicht ihre Sache. Wo sie links hinausgeworfen wird, tritt sie rechts wieder ein. Helga Kratzer, die im Garten Bettwäsche aufhängen will, kommt aus der Tür, gerade, als Elsa ins Haus will. Sie trägt einen Wäschekorb auf dem Arm und wischt sich mit der freien Hand über die leicht verschwitzte Stirn. Elsa bleibt vor ihr stehen. Eine Absperrung in Menschenform. Sie wird diesen Tag in Schach halten. Koste es sie auch noch so viel Mühe. Diese verdammte Abfolge von Ereignissen ohne erkennbares Muster fängt an, sie zu beleidigen. Erfolgversprechende Ermittlungen sehen anders aus. Fühlen sich wesentlich besser an. Sie muss endlich einen Schritt setzen. Einen, der nach vorne zeigt.
    »Kommen Sie heute oder morgen noch mal in mein Büro. Die Spurensicherung hat Ihre Fußabdrücke vor Veronika Steffels Haus sichergestellt. Wir werden uns ernsthaft darüber unterhalten müssen, was Sie dort verloren hatten, Frau Kratzer.«
    Helga wird blass. Leichenblass. Sie stellt den Wäschekorb mit zittrigen Händen auf die Steinmauer, die rings ums Haus verläuft. Dann schluckt sie, reckt sich, als sei sie bereits in sich zusammengefallen und müsse sich wieder aufrichten, und beginnt zu sprechen.
    »’S is oan Tag vor Veronikas Tod g’wesen …«, Helga zögert, als suche sie nach den richtigen Worten, »… ois i bei ihr war. Kurz, ganz kurz nur. Sie is in der Küch’ g’sessen, hat Tee ’kocht und Schinkenbrote g’schmiert. I hob hoit mit ihr sprechen wolln. Einfach nur sprechen.«
    »Worüber?« Elsa kann ihre Neugierde kaum bezähmen.
    »Wenn S’ es unbedingt hören wollen …?« Helga Kratzer macht eine kurze, quälende Pause, während der sie sich zu fassen versucht. Doch das misslingt gründlich. Ihr Gesicht zeigt überdeutlich ihre Unsicherheit. »’S ging um sie und mi. Um uns beide …« Helga stockt erneut und steckt ihre Hände in die Taschen ihrer Hose.
    Elsa packt sie bei der Schulter. »Sprechen Sie weiter«, fordert sie Helga Kratzer unwillig auf. Gleichzeitig befriedigt und genervt, dass, für ihren Geschmack viel zu spät, aber immerhin, jemand dabei ist, mit der Wahrheit – wie auch immer die lauten mochte – herauszurücken.
    »I hob wissen wolln, ob s’ mei Mutter is«, bringt Helga Kratzer ihre Aussage zu Ende. Kaum hat sie das ausgesprochen, verfällt ihr Gesicht. Das ohnehin wenig ansprechende Antlitz zieht sich unförmig zusammen. Zuerst legt sich die Stirn in Falten, dann die Wangen und schließlich die

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