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Glutnester

Glutnester

Titel: Glutnester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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verstohlenen Blick in Richtung seiner Achseln.
    »Wie wär’s mit einem Bad im Wössener See? Frisch, aber gesund.« Elsa grinst auf eine Art und Weise, die Degenwald noch nicht kennt. Belustigt und hinterhältig zugleich.
    Seine Mundwinkel deuten empfindlich nach unten. »Ein…ver…standen«, quält er sich ab und fängt gleichzeitig das Handtuch auf, das Elsa ihm zuwirft.
     
    Als Elsa und Degenwald nach einem erfrischenden Bad im See in Kruchenhausen ankommen, verlässt Hubert Kratzer gerade das Haus. Elsa geht zielstrebig auf ihn zu. »Wohin so früh am Morgen, Herr Kratzer?«
    »Des geht Sie gar nix o«, entgegnet Kratzer unwirsch und steuert seinen Wagen an, der vor der Garage steht.
    »Da liegst du leider falsch, Hubs«, mischt Degenwald sich ein. Er kommt näher. »Wir müssen dich bitten, mit nach Traunstein zu kommen.«
    »Sie stehen unter Verdacht, die Veronika Steffel umgebracht zu haben«, klärt Elsa Kratzer auf.
    Der wird bleich im Gesicht und zwingt sich ein klägliches Lächeln ab. »Ja, seid’s jetzt durchdraht?« Er lässt die Autotür, die er schon in der Hand hält, los.
    »Leider nein, Hubs.« Degenwald schaut pikiert zu Boden und dann wieder auf. Ihm ist die Situation unangenehm. Er kann sich jedes Mal wieder nicht vorstellen, wieso ein Mensch einem anderen mit Gewalt das Leben nimmt.
    »Es hat sich ein dringender Tatverdacht ergeben, Herr Kratzer«, setzt Elsa nach. »Wir haben das Buch gefunden, das Sie sich besorgt haben. In dem Veronikas Todesart beschrieben ist. Und bei Frau Felber habe ich rekonstruiert, dass Sie zumindest die Möglichkeit hatten, sich am Mischgerät zu schaffen zu machen, um eine Flasche Sevofluran zu entwenden. Und zwar so, dass es niemandem auffiel. Ein defektes Gerät bedeutet, es gibt keinen direkten Nachweis, wie viel Sevofluran man verbraucht hat. Die Folge: Niemand schöpft Verdacht, dass in der Praxis etwas entwendet wurde. Legen Sie ein Geständnis ab. Das wirkt sich strafmildernd aus.«
    »I ruaf an Anwalt o.« Kratzer hat sich umgedreht und will ins Haus zurück.
    Elsa ruft in seinen Rücken hinein. Ihre Stimme klingt messerscharf und bestimmt. »Es ist vorbei, Herr Kratzer. Vielleicht mögen Sie es uns noch eine Zeit lang schwer machen. Aber das war’s dann auch. Die Rechtsmedizin ist heute ein wahres Zauberkabinett. Wir haben doch noch beweisen können, dass Sie an jenem Tag …«
    Hubs schneidet Elsa das Wort ab. »Was haben ’S g’funden? I hob nix …« Seine Stimme reißt ab.
    »Sie meinen, Sie haben nichts zurückgelassen?« Elsas Mundwinkel zucken. »Auf den ersten Blick mag das stimmen. Auf den zweiten oder dritten stellt sich meist heraus, dass wir alle nur Menschen sind. Menschen machen Fehler.«
    »Ich hob koan Fehler g’macht. Verdammt!« Hubert Kratzer fährt sich mit beiden Händen übers Gesicht. Seine Augen pressen sich zusammen, als wollten sie Elsa ausblenden.
    »Seien Sie wenigstens jetzt vernünftig, Herr Kratzer.« Elsa schaut den Mann vor sich an. Er hat sich endlich zu ihr gedreht. Plötzlich stehen Tränen in seinen Augen. Blind machende, wütende, traurige, über die Situation entsetzte Tränen.
    Helga Kratzer kommt aus dem Haus. »Hubert?«, bringt sie hervor. Dann kommt sie auf ihn zu. Mit einem Mal eine Furie, die sich auf ihn stürzt und ihn rüttelt und schüttelt. »Was host du Saukerl doa? Denkst koa bisserl an uns. An mi und d’ Kinder?«, wirft sie ihm an den Kopf und drischt auf ihn ein. Immer und immer wieder. Ehe er überhaupt etwas zu ihr sagt.
    »Nix anders dua i. Dog und Nacht. I denk nur an di und d’ Kinder.« Hubs bricht ab. Sein stummes Weinen findet endlich einen Ton. Er sackt in sich zusammen. Seine Fußballen berühren den Boden. Er hält den Kopf auf’s Kopfsteinpflaster am Boden gerichtet. Versenkt ihn in beide Hände. Tief hinein. Es schüttelt ihn. Helga hat aufgehört, auf ihn einzuschlagen. Hockt jetzt neben ihm und weint so laut wie er.
    Degenwald kommt näher. Legt Hubs die Hand auf den Rücken, nachdem er ebenfalls in die Knie gegangen ist. »Hubert! Sprich mit uns, ich bitte dich«, verlangt er leise.
    »I hob d’ Luise net o’g’fasst und d’ Veronika a net. Mei Wort drauf. I wollt immer nur, dass es den Kindern besser geht. Dass der Hof verkauft werd.«
    Hubert Kratzer schaut Karl Degenwald bittend an. Helga Kratzer läuft endlich davon. Hinein ins Haus. Wo die Kinder warten. Und Stunden voller Schuldgefühle und beißender Trauer.
     
    Marissa sitzt am Tisch, an dem sie sonst ihre

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