Glutroter Mond
dadurch definiert, dass es eine Tür und ein Fenster gibt. Ich habe den Schlüssel einst durch Zufall unter einer löchrigen Fußmatte gefunden und trage ihn seitdem bei mir. Ich kann die beiden nervigen Kinder darin einsperren, solange ich zu tun habe.
Ich parke den Wagen direkt vor der Tür zum Zimmer 08. Es wird den beiden eine Weile lang als Aufenthaltsort dienen. Unterhalb des Fensters befindet sich ein ausgeblichenes Grafitti.
Brooklyn Nets
hat jemand in schwarzer Schrift auf die Wand gesprüht. Das war einmal ein Basketballteam der alten Welt.
Ich nehme die Waffe von meinem Schoß, drehe mich im Sitz um und sehe in die verschreckten Gesichter meiner beiden Opfer.
Opfer
, das klingt so dramatisch. Ich habe gar nicht vor, sie zu töten. Und wenn, bräuchte ich dazu sicherlich keine Waffe.
»Ich werde jetzt die Autotüren freigeben, damit ihr sie öffnen könnt. Aber ich rate euch nicht, davonzulaufen. Ihr kämt nicht weit. Hier ist weit und breit nichts und niemand.«
Das Mädchen funkelt mich zornig an. Ich habe sie erst für schüchtern und dumm gehalten, aber mir schwant, dass sie mir noch Ärger machen wird.
Ich betätige den Knopf für die zentrale Türverriegelung, doch die beiden machen gar keine Anstalten auszusteigen. Ich steige aus dem Wagen und öffne die linke hintere Tür von außen.
»Los, steigt aus. Oder muss ich euch daran erinnern, dass ich bessere Argumente habe als ihr?« Ich wedele demonstrativ mit der Beretta 8000 Kaliber 9mm vor ihrem Gesicht herum. In der Waffe befindet sich ein angebrochenes Magazin. Ich weiß nicht, wie viele Patronen noch vorhanden sind oder ob die Beretta überhaupt noch funktionstüchtig ist. Ich habe sie vor Jahren einmal zum Test abgefeuert, nachdem ich sie auf Long Island gefunden hatte. Das ist aber wirklich schon sehr lange her. Für gewöhnlich benötige ich keine Pistole, um meinen Standpunkt deutlich zu machen. Ich kann auch anderweitig äußerst überzeugend sein. Aber das müssen die beiden schließlich nicht wissen.
Der junge Mann lässt sich langsam aus dem Wagen heraus gleiten. Inzwischen stöhnt er nicht mehr, auch hält er sich nicht mehr mit schmerzverzerrtem Gesicht die Schulter. Er soll sich nicht so anstellen. Ich habe ihm schließlich nichts gebrochen.
Das Mädchen folgt ihm auf den Fuß. Ich bemerke, dass ihre Knie zittern, aber sie sieht mir mit hasserfülltem Gesicht geradewegs in die Augen. Sie ist mutiger, als ich dachte.
Ich deute mit der freien Hand auf die Tür zum Zimmer 08, mit der anderen halte ich die Pistole. »Geht hinein. Die Tür müsste unverschlossen sein.«
Der Jüngling, den das Mädchen zuvor Neal genannt hatte - sofern ich mich richtig erinnere - macht sogleich einen Schritt nach vorne, aber das Weibsbild setzt sich nicht in Bewegung. Sie sieht mich noch immer mit einer Mischung aus blankem Hass und Faszination an, was mich sehr verwirrt.
»Sagen Sie mir bitte zuerst, was Sie mit uns vorhaben«, Ihre Stimme klingt erstaunlich ruhig. Ob sie mit ihrem Leben schon abgeschlossen hat? Ich habe einmal gehört, dass Menschen dann gelegentlich zu draufgängerischen Aktionen neigen.
Neal bleibt stehen und dreht sich zu ihr um, in seinem Gesicht ein Ausdruck, als hätte seine Freundin den Verstand verloren - was ich ebenfalls geneigt bin zu glauben.
»Es kostet Sie doch nichts, wenn Sie uns den Grund der Entführung nennen, oder? Ich denke nicht, dass Sie noch vorhaben, uns in die Zentrale zu bringen.«
Beinahe hätte ich laut gelacht, wenn Lachen denn zum Repertoire meiner verkümmerten Emotionen zählen würde. Ist das ihr Galgenhumor oder ihre Dummheit, die aus ihr heraus spricht? Ich muss zugeben, keine schlagfertige Antwort parat zu haben, entscheide aber, dass die beiden nicht wissen sollten, was ihnen bevorsteht. Immerhin möchte ich mir den Rest der Fahrt nicht mit ihrem Gejammere versauen, da ist mir das ängstliche Schweigen wirklich lieber.
»Ich muss mich nicht vor dir rechtfertigen, Kleine«, presse ich schließlich hervor. »Und jetzt beweg dich!« Ich mache eine schnelle Bewegung auf sie zu, nur um sie zu erschrecken. Die Drohgebärde fruchtet, sie fährt zusammen und geht ihrem Freund hinterher. Er öffnet die Tür zum Zimmer, zögert jedoch einen Moment, es zu betreten.
»Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!« Jetzt muss ich lauter werden. Die beiden reißen an meinem Geduldsfaden herum. Ich muss noch einen Termin wahrnehmen, ich kann nicht ewig den Babysitter spielen.
Ich stoße sie unsanft ins
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