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Glutroter Mond

Glutroter Mond

Titel: Glutroter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Narcia Kensing
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legen. Offenbar haben sich das meine beiden Süßen auch gedacht, denn sie kauern in einer Ecke neben dem Bett. Händchenhaltend. Das Mädchen hat ihren Kopf auf die Schulter des jungen Mannes gelegt. Als ich in den Raum trete, sieht sie mich wider Erwarten jedoch nicht an wie ein Reh im Scheinwerferlicht, stattdessen sprüht Zorn und Verachtung aus ihren Augen.
    »Wo sind Sie so lange gewesen? Ich habe schon gedacht, Sie würden uns hier verrecken lassen.«
    Oha. Der Mut einer Verzweifelten. Kesses Mädel, das gefällt mir. Vielleicht wird es nicht ganz so langweilig mit ihr. Immerhin besser als die ganzen kreischenden und bettelnden Menschen, die ich zuvor aus Manhattan ins Quartier der Sippe gebracht habe. Erfrischend anders, das muss ich zugeben.
    »Ich glaube nicht, dass du dich in der Position befindest, mir Fragen zu stellen«, knurre ich.
    Der junge Mann sieht mich nicht minder hasserfüllt an. Ich würde ihm glatt zutrauen, mir die Augen auszukratzen, sollte er die Gelegenheit dazu bekommen. Er ist mir unsympathisch. Ich ihm offensichtlich auch.
    »Ich habe Durst und Hunger!« Die junge Dame scheint nicht auf den Mund gefallen zu sein. Was glaubt Sie, wer sie ist? Als ob mich das interessiert! Sehr zu meinem Verdruss muss ich jedoch feststellen, dass ich tatsächlich einen Augenblick lang darüber nachdenke, wo ich Trinkwasser auftreiben könnte. Wasser gehört nicht unbedingt zu den Lieblingssubstanzen eines Acrai.
    »Und was soll ich jetzt dagegen machen?« Ich lasse mich auf den Boden sinken, mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt.
    »Ich werde morgen tot sein, wenn ich nichts zu essen bekomme!«
    Beinahe hätte ich gelacht. Als ob man so schnell an Hunger stirbt! Ich habe in meinem Leben mit genug Menschen zu tun gehabt, um dem zu widersprechen. Nun, die Kleine hat ihr Leben lang drei Mahlzeiten am Tag vorgesetzt bekommen. Woher soll sie auch wissen, was der menschliche Körper aushalten kann.
    »Holly, sei am besten still«, presst Neal durch seine Zähne hindurch hervor. Vielleicht ist er doch nicht so unsympathisch. Soll er seine kleine Freundin zum Schweigen bringen.
    »Haben Sie wirklich nichts, das sie uns zu essen oder zu trinken geben können?« Sie hat offenbar noch nicht genug und legt noch einmal nach. »Anscheinend ist Ihnen doch daran gelegen, uns lebend irgendwo hin zu verfrachten. Sonst hätten Sie uns bereits getötet.«
    Wenn das jetzt die ganze Nacht so weitergeht - bravo. Immer dieses Gejammere und Gezetere.
    Ächzend erhebe ich mich und sehe aus dem Fenster. Die kleinen Pfützen auf dem Parkplatz zeigen keinerlei Verwirbelungen von Wassertropfen mehr. Eine Regenpause. Obwohl ich mich bereits selbst dafür hasse, verlasse ich das Motelzimmer erneut, schließe von außen ab und gehe zum Wagen. Ich glaube, ich habe im Kofferraum irgendwo noch etwas von dem gepressten Gebäck, mit dem wir unsere menschlichen Gefangenen im Quartier am Leben erhalten.

Kapitel acht
    Holly
    »Wohin geht er?«, fragt Neal. Er senkt die Stimme zu einem tiefen Knurren. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass man ihn in diesem Zustand nicht provozieren sollte. Wenn ihn die Angst nicht lähmen würde, wäre er unserem Entführer vermutlich längst ein weiteres Mal an die Kehle gesprungen. Aber Cade ist bewaffnet und wir befinden uns eindeutig in der schlechteren Position. Uns bleibt kaum etwas anderes übrig, als dem Lauf der Dinge tatenlos zuzusehen.
    »Ich weiß nicht, wohin er geht. Vielleicht holt er uns etwas zu essen.«
    Neal lacht einmal auf, kalt und getränkt von Bitterkeit. Ich habe ihn lange nicht mehr so erlebt. »Traust du ihm so viel Mitgefühl zu?«
    Ich zucke die Achseln und beiße mir auf die Unterlippe. Ich möchte nicht, dass Neal mir ständig vor Augen führt, wie aussichtslos unsere Situation ist. Er soll aufhören, so negativ zu reden. Ich gebe mir die größte Mühe, den Dingen noch etwas Positives abzugewinnen. Andernfalls würde ich verrückt werden. Carl hat früher, als ich noch ein Kind war, schon immer gesagt, er bewundere meine Verbissenheit und meinen Ehrgeiz. Außerdem würde mich nie der Mut verlassen. Das stimmt nicht ganz. Ich habe mir mit den Jahren lediglich eine Taktik zurechtgelegt, um nicht zu zerbrechen. Es mag sein, dass ich mir selbst etwas vormache und eine Fassade zur Schau stelle, aber ich sehe keinen anderen Ausweg.
    »Immerhin hat er uns noch nicht getötet«, presse ich trotzig hervor. Ich sitze direkt neben Neal an die schmutzige Zimmerwand gelehnt, aber mich

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