Gnade
Nacht zu töten.«
»Also hat Detective Harris in diesem Punkt nicht gelogen«, bemerkte Michelle.
»Sie war klug«, sagte Theo. »Sie blieb so nahe an der Wahrheit wie möglich, damit sie sich nicht in ihrem eigenen Lügengespinst verhedderte.«
»Woher wusstest du eigentlich, dass Harris zu den Verbrechern gehörte?«, wollte Michelle wissen.
»Ich habe Noah gebeten, sich ein bisschen mir ihrer Person zu beschäftigen«, erklärte er. »Ich fand es eigenartig, dass ihr Chef nichts über den Fall preisgeben wollte, an dem sie gerade arbeitete. Noah ist daran gewöhnt, sich mit feindseligen Polizisten herumzuschlagen, die die Mitarbeit des FBI vehement ablehnen, also nahm er an, dass ihm der Captain aus diesem Grund auswich. Ich argwöhnte zwar, dass er womöglich gar nicht wusste, was Harris im Schilde führte, aber ich habe diesen Gedanken nicht weiter verfolgt.«
»Ich hätte mir noch die Zeit nehmen müssen, mit ihren Kollegen zu sprechen«, sagte Noah. »Um herauszufinden, wie sie mit ihr klarkamen.«
»Vermutlich hätten sie sich ohnehin geschlossen vor sie gestellt«, vermutete Theo.
»Ich verstehe immer noch nicht, wie du das Puzzle zusammengesetzt hast, Theo«, sagte Michelle.
»Catherine hat mir die Lösung des Rätsels verraten«, sagte er. »Sie war wirklich raffiniert, und schließlich bin ich dahinter gekommen, warum sie alles so kompliziert gestaltet hat. Sie bat den Anwalt nicht, die Papiere an die Polizei weiterzuleiten, weil sie wusste, dass es sich bei einem Mitglied des Sowing Clubs um einen Detective handelte. Sie hat Rosa eine zweite Kopie übergeben, weil sie sicher war, dass die Haushälterin damit nie im Leben zur Polizei gehen würde. Mir ist allerdings immer noch schleierhaft, was Rosa ihrer Meinung nach damit tun sollte.« Theo gähnte. »Jedenfalls erfuhr ich, dass Johns Komplizen Preston und Dallas hießen, und ich wusste, dass einer von ihnen zur Polizei gehört. Dann tauchte Harris hier in einer dicken Jacke auf, obwohl es draußen heiß und schwül war. Als sie den Flur betrat, hatte sie mir den Rücken zugekehrt, und ich beobachtete, wie sie nach hinten griff, um die Klappe des Holsters aufzumachen. Die andere Hand hatte sie in die Tasche gesteckt. Mir war sofort klar, dass sie bis an die Zähne bewaffnet war.«
»Ich würde wirklich gern wissen, wo sich John Russell herumtreibt«, sagte Noah.
Theo nickte. »Wir kriegen ihn früher oder später.« Dann gähnte er wieder. »Lasst uns nach Hause fahren.«
»Ich bin bereit«, verkündete Michelle.
»Noah schläft heute in deinem Gästezimmer«, bestimmte Theo. »Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.«
»Du glaubst doch nicht, dass John oder Monk …«
Er fiel ihr ins Wort. »Nein, aber ich werde besser schlafen, wenn Noah da ist – und du bestimmt auch.«
Sie gingen zum Ausgang. Theo legte den Arm um Michelles Schultern.
»Ich muss noch im Motel vorbeischauen und ein paar Sachen holen«, sagte Noah. »Wie geht’s eigentlich dem kleinen Jungen, Mike?«
»Er wird wieder gesund«, antwortete sie. »Es war nicht so schlimm, wie es zunächst aussah.«
»Bist du immer noch sauer, dass dir Monk durch die Lappen gegangen ist?«, fragte Theo.
»Nein, ich habe mich damit abgefunden. Ich konnte ja nicht an zwei Orten gleichzeitig sein«, erwiderte Noah. »Ich wusste, dass ich deinen bemitleidenswerten Arsch retten musste und dass die Polizei ohnehin die Treppe abriegelte. Ich dachte natürlich, sie schnappen ihn.«
»Ich habe deinen bemitleidenswerten Arsch gerettet«, berichtigte Theo.
»Den Teufel hast du!«
»Noah, woher weißt du eigentlich, dass du Monk getroffen hast? Ist er hingefallen?«, erkundigte sich Michelle.
»Nein, er hat nicht einmal gewankt«, erklärte er. »Aber an der Tür und auf der Treppe war Blut. Ich habe ihn entweder an der Hüfte oder in der Seite erwischt. Er ist danach vermutlich aufs Dach geklettert und hat die Feuerleiter hinunter benutzt.« Noah hob die Hand. »Wir sehen uns später.«
»Könntest du noch warten, bis wir wissen, ob der Pick-up auch anspringt?«, bat Michelle.
Sie war froh, dass sie daran gedacht hatte, denn der Wagen gab tatsächlich keinen Mucks von sich. Noah musste den Motor kurzschließen. Theo bestand darauf, sich hinters Steuer zu setzen, und schien beim Autofahren glücklicherweise keinerlei Probleme mit seinem rechten Bein zu haben.
»Ich werde bis morgen Mittag durchschlafen«, kündigte Michelle an.
»Das geht nicht. Du musst früh aufstehen und angeln
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