Gnade
eigentlich auch nicht, was ich hier tue«, gestand er schließlich. »Geben Sie mir eine Blockflöte, und ich bringe Ihnen bei, wie man darauf spielt, aber das hier …«, er machte eine unbestimmte Handbewegung, »ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Ich habe mich ehrlich bemüht, meinen Job gut zu machen, aber ich brauche dringend einige Spielberichte mit den Beschreibungen von verschiedenen Zügen.«
»Ich bin davon überzeugt, dass Sie Ihr Bestes gegeben haben«, erwiderte Theo und überlegte fieberhaft, was er Aufmunterndes sagen konnte.
»Ich habe sogar Recherchen im Internet betrieben. Ich kann Ihnen die ganze Geschichte des Footballs erzählen, aber ich weiß immer noch nicht, wie das Spiel wirklich geht. Die Zeichnungen, die ich im Internet gefunden habe, waren für mich nichts als wirre Kritzeleien. Eine Menge Kreise und Pfeile, die nicht den geringsten Sinn ergeben.«
Er nahm die Pfeife ab, die an einem Band um seinen Hals hing, und hielt sie Theo hin. »Sehen Sie zu, was Sie tun können, Trainer.«
»Ich bin kein …« Doch Conrad hatte sich bereits umgedreht. »Trainer«, murmelte Theo.
Michelle lehnte sich an ihn. »Sie sind wirklich schlecht, stimmt’s?«, flüsterte sie.
»O ja!«, stimmte er ihr zu.
Sie lächelte. »Ich setze mich auf die Tribüne, bis du hier fertig bist.«
Okay, dachte er bei sich, ein Training würde er wohl durchstehen. Er wollte später mit den Jungs reden, ihnen sagen, dass er Freeland seine Spielberichte und vielleicht ein paar Videos schicken würde, die sie sich anschauen konnten, und dann musste Schluss sein. So sah sein Spielplan aus.
Er steckte zwei Finger in den Mund und pfiff so laut, dass die Kids auf ihn aufmerksam wurden. Dann winkte er sie zu sich.
Sie rannten wie tollpatschige, übergewichtige Fohlen auf ihn zu. Ein Junge fiel hin, stand auf, rannte noch ein paar Meter und stolperte dann erneut über die eigenen Füße. Theo hoffte, dass er nicht auf die Position des Läufers aus war. Alle drängten sich um ihn und bombardierten ihn mit Fragen. Theo sagte kein Wort. Er hielt nur eine Hand in die Höhe und wartete. Schließlich verstummte das Geschrei.
Mit gesenkter Stimme bat er die Jungs, die Helme abzunehmen und sich vor ihn ins Gras zu setzen. Sie gehorchten ausnahmsweise. Als sie sich auf den Boden fallen ließen, bebte die Erde unter seinen Füßen. Plötzlich brüllte Elliott Waterson: »Wo ist Ihre Waffe, Trainer?« Und der Lärm begann von neuem.
Theo schwieg eisern. Er stand einfach nur mit verschränkten Armen da und verharrte in dieser Position, bis sich die Meute wieder beruhigte. Es dauerte nicht lange. Innerhalb einer Minute war es wieder still.
Beinahe im Flüsterton sagte er: »Elliott, meine Waffe befindet sich an einem sicheren Ort. Und ich schwöre euch, der Nächste, der mich unterbricht, kann was erleben. Verstanden?« Die Jungs saßen still da und spitzten die Ohren. »Also, der Plan ist folgender.«
Michelle saß derweil auf der Tribüne und beobachtete die Verwandlung, die mit den Jungen vorgegangen war. Sie staunte, wie schnell Theo die Kontrolle über den wilden Haufen gewann. Das ganze Team hockte im Schneidersitz vor ihm, und alle hatten die Helme auf dem Schoß. Ihre Blicke waren auf Theo gerichtet, sie schienen geradezu an seinen Lippen zu kleben. Conrad war nicht minder beeindruckt. Er hatte sich inzwischen zu Theo gesellt, um hin und wieder bestätigend zu nicken.
»Entschuldigen Sie, Ma’am?«
Michelle drehte sich um. Ein großer, leicht übergewichtiger, dunkelhaariger Mann hatte gerade den Tunnel, der zu den Umkleidekabinen führte, verlassen. Er kam ihr irgendwie bekannt vor.
»Ja?«
Er trat näher. Der Fremde war in khakifarbene Shorts und ein dazu passendes kurzärmeliges Hemd gekleidet, auf dessen Brusttasche das Wort »Speedy« gestickt war. Dort hing auch ein Namensschildchen an einer Klammer. Der Mann hielt ein Päckchen in der Hand. Michelle erkannte das Label des Kurierdienstes, aber der Bote stand so weit weg, dass sie seinen Namen nicht lesen konnte.
»Ich suche eine Dr. Michelle Renard. Wissen Sie zufällig, wo ich sie finden kann?«
»Ich bin Dr. Renard.«
Der Bote strahlte. »Dem Himmel sei Dank! Ich habe schon überall nach Ihnen gesucht.«
Er klemmte sich das Päckchen unter den Arm und lief rasch die Metallstufen hinauf.
»Ist das Päckchen für mich?«
»Nein, Doktor. Es gibt da ein Problem. Aber vielleicht können Sie mir helfen, es zu lösen, bevor Eddie seinen Job
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