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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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in Ordnung ist.
    Und dann sah er es. Auf der Merktafel stand mit Kreide geschrieben in dicken ungleichmäßigen Buchstaben eine Nachricht:
    »Wenn Sie Ihr Kind und Ihre Freundin lebend zurück haben wollen, warten Sie auf Anweisungen.« Die nächsten zwei Worte waren dick unterstrichen: »Keine Polizei!«
    Unterzeichnet »Foxy«.
16
    Im FBI-Stadtbüro von Manhattan schloß Hugh Taylor seufzend die oberste Schublade seines Schreibtischs. Wie schön, endlich nach Hause gehen zu können. Es war fast halb zehn. Der Verkehr dürfte sich beruhigt haben. Allerdings würde der Schneesturm den West Side Highway schwer befahrbar machen, und die Brücke war vermutlich schon jetzt eine halbe Katastrophe.
    Er stand auf und streckte sich. Schultern und Hals waren verkrampft und steif. Da gehe ich auf die Fünfzig zu und fühle mich wie achtig, dachte er. Es war ein übler Tag gewesen.
    Wieder einmal ein versuchter Raubüberfall auf eine Bank, diesmal auf die Chase Bank an der 48. Straße, Ecke Madison Avenue. Einem Kassierer war es gelungen, den Alarmknopf zu drücken, und sie hatten die Kerle geschnappt, doch erst, nachdem der Wärter eine Kugel abbekommen hatte. Der Zustand des armen Kerls war kritisch; wahrscheinlich kam er nicht durch.
    Hughs Gesicht wurde hart. Verbrecher, die zu so etwas fähig waren, sollte man für immer hinter Gitter bringen. Aber nicht exekutieren. Das war einer der Gründe, warum er sich heute so niedergeschlagen fühlte. Hugh griff nach seinem Mantel. Immer wieder ging ihm das Schicksal dieses jungen Thompson durch den Kopf. Hugh war damals, vor zwei Jahren, mit der Untersuchung des Falls beauftragt gewesen. Mit seinen Beamten hatte er Thompson in dem Motel in Virginia aufgespürt und verhaftet.
    Der Junge hatte konstant geleugnet, den Mord an Nina Peterson begangen zu haben. Selbst als er wußte, daß seine Haut nur noch zu retten war, wenn er sich der Gnade des Gerichts auslieferte, leugnete er noch.
    Hugh zuckte die Achseln. Es lag nicht in seiner Hand. Das stand fest. Und übermorgen starb Ronald Thompson auf dem elektrischen Stuhl.
    Hugh überquerte den Flur und drückte den Knopf für den Fahrstuhl.

    Er war hundemüde. Eine halbe Minute später hielt eine Kabine in seinem Stockwerk. Die Tür glitt auf, er stieg ein und drückte den Knopf für die Parkebene.
    Da wurde sein Name gerufen. Automatisch hob er die Hand, so daß sich die Tür nicht schließen konnte. Eilige Schritte näherten sich dem Aufzug. Hank Lamont, einer der jüngeren Polizeibeamten, packte ihn am Arm. »Hugh«, stieß er hervor, »Steve Peterson ist am Apparat.
    Sie wissen schon, der Mann von Nina Peterson, die der Thompsonjunge…«
    »Ich weiß, wer er ist«, unterbrach Hugh barsch. »Was will er?«
    »Es ist wegen seinem Sohn. Er sagt, sein Sohn und diese Journalistin, Sharon Martin, sind entführt worden.«
17
    »Wer hat diese Bilder gemacht?« Sharon hörte den schrillen Ton in ihrer Stimme, der ihre Angst verriet. Als sie seinem Blick begegnete, erkannte sie, daß sie einen Fehler begangen hatte. Sie hatte ihn erschreckt. Seine Lippen wurden schmal, der Puls in seiner Wange schlug rascher. Intuitiv setzte sie hinzu: »Ich meine, sie sind so realistisch.« Seine Spannung lockerte sich. »Vielleicht habe ich sie gefunden.«
    Sie dachte an das Blitzlicht, das sie im Wagen geblendet hatte.
    »Oder Sie haben sie vielleicht selbst aufgenommen.« Sie ließ eine Spur von Anerkennung mitklingen. »Vielleicht -« Sie fühlte, wie seine Hand ihr Haar berührte und langsam über ihre Wange strich. Keine Angst zeigen, sagte sie sich beschwörend. Neils Kopf lag noch in ihrem Arm. Der Junge begann zu zittern, und sein asthmatisches Keuchen wurde von Schluchzern unterbrochen. »Neil, weine nicht«, flehte sie. »Du kannst sonst nicht mehr richtig atmen.«
    Sie sah zu ihrem Entführer auf. »Er fürchtet sich so. Schneiden Sie ihn los.« »Wirst du mich mögen, wenn ich es tue?« Sein Bein preßte sich gegen ihre Hüfte, während sie vor dem Feldbett kniete. »Natürlich mag ich Sie… Aber bitte.« Ihre Finger strichen die feuchten blonden Locken aus der schmalen Stirn. »Rühr’ ja nicht die Augenbinde an!« Mit hartem Griff entfernte er ihre Hand von Neils Gesicht. »Nein, natürlich nicht«, antwortete sie beschwichtigend. »Also gut. Ich binde ihn für kurze Zeit los. Aber nur die Hände. Vorher legst du dich hin.« Sie erstarrte. »Warum?« »Ich kann euch nicht beide frei herumlaufen lassen. Laß den Jungen los.« Es blieb ihr

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