Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
seist auch für jene zwei anderen, noch ungelösten Mordfälle verantwortlich. Du weißt das.«

    »Man hat mich oft genug danach gefragt.«
    »Du bist mit dem Mädchen der Carfollis zur Schule gegangen, du hast für Mrs. Weiss Schnee geschippt… Es lag nahe, daß man dich danach fragte. Das ist der normale Vorgang.
    Nach deiner Verhaftung war Schluß mit diesen Morden - bis jetzt. Ron, im letzten Monat hat es in Fairfield County zwei weitere Morde an jungen Frauen gegeben. Wenn wir nur irgend etwas Neues hinzufügen können, irgendeinen Zweifel… Besinne dich, vielleicht gibt es etwas, das eine Verbindung herstellen könnte zwischen dem Tod von Nina Peterson und den anderen.«
    Er legte seinen Arm um den Jungen. »Ron, ich weiß, wie furchtbar dies für dich ist. Ich kann mir nur annähernd vorstellen, was du durchgemacht hast. Aber du hast mir erzählt, wie oft du über diesen Tag nachdenkst. Vielleicht ist da doch noch etwas, irgend etwas, das dir nicht wichtig erschien, eine Nebensächlichkeit. Wenn du nur reden wolltest!«
    Ron löste sich von ihm und setzte sich wieder auf die Pritsche. Er drückte die Aufnahmetaste des Kassettenrecorders und wandte sich dem Gerät zu, so daß seine Stimme klar verständlich aufgenommen werden konnte. In seinem Bemühen um äußerste Konzentration runzelte er die Stirn und begann mit stockender Stimme zu sprechen.
    »An jenem Nachmittag arbeitete ich nach der Schule in Timberlys Lebensmittelgeschäft.
    Mrs. Peterson war im Laden. Mr. Timberly hatte mir gerade gesagt, daß er mich entlassen würde, weil ich zu oft fürs Baseballtraining frei nehmen mußte. Sie hatte ihn gehört. Als ich ihr half, ihre Einkäufe zum Wagen zu bringen, sagte sie…«
15
    Um neun Uhr fuhr der Zug in den Bahnhof von Carley ein. Steves schreckliche Ungeduld hatte sich bis dahin gelegt, aber eine dunkle quälende Besorgnis war geblieben. Er hätte den Arzt anrufen sollen. Wenn Neil krank geworden war, hatte ihn Sharon vielleicht in die Praxis gebracht, damit er eine Spritze bekam. Vielleicht war deshalb niemand ans Telefon gegangen.
    Sharon war gekommen; daran bestand kein Zweifel. Sie hätte ihn angerufen, wenn ihr etwas dazwischengekommen wäre.
    Möglicherweise waren auch nur die Telefonleitungen nicht ganz in Ordnung. Und wenn er den Zug versäumt hätte, wer weiß, wann der nächste gefahren wäre. Der Schaffner sagte etwas von festfrierenden Weichen.
    Aber irgend etwas stimmte nicht, das spürte er. Ja, er wußte es.
    Es konnte natürlich auch die bevorstehende Hinrichtung sein, die ihn so nervös und ängstlich machte. Die Abendzeitung hatte die ganze üble Geschichte wieder aufgewärmt.
    Ninas Bild prangte auf der ersten Seite mit der Unterschrift: »Jugendlicher muß sterben für den Mord an einer jungen Mutter aus Connecticut.« Neben ihrem Bild brachte die Zeitung ein Bild von Thompson - ein nett aussehender Junge. Kaum zu glauben, daß er kaltblütig einen Mord verüben konnte.
    Während der langen Bahnfahrt ertappte sich Steve dabei, wie er immer und immer wieder Ninas Bild anstarrte. Die Reporter hatten alle nach einem Foto aus der jüngsten Zeit vor dem Mord verlangt, aber heute verwünschte er sich, daß er ihnen ausgerechnet dieses Bild zur Verfügung gestellt hatte. Es war sein Lieblingsbild, ein Schnappschuß, den er von ihr gemacht hatte. Der Wind spielte mit ihren dunklen Locken, und wie immer, wenn sie lachte, kräuselten sich ein paar Fältchen auf ihrer kleinen geraden Nase. Lose um den Hals geschlungen trug sie einen Schal, den er erst später als den erkannte, mit dem sie erdrosselt worden war.
    O Gott.

    Steve stellte sich an die Wagentür, um als erster aussteigen zu können, sobald der Zug hielt.
    Endlich, mit vierzig Minuten Verspätung, fuhr er in Carley ein. Steve rannte über die glatte Bahnsteigtreppe hinab zum Parkplatz. Mit der Hand wollte er den Schnee von der Windschutzscheibe seines Wagens entfernen, doch eine dünne Eisschicht vereitelte seine Bemühungen. Ungeduldig öffnete er den Kofferraum, um Enteisungsmittel und Schaber zu Hilfe zu nehmen.
    Er hatte Nina zum letzten Mal lebend gesehen, als sie ihn zum Bahnhof brachte. Ihm war aufgefallen, daß sie auf dem rechten Vorderrad mit dem abgefahrenen Reservereifen fuhr, und sie gab zu, daß sie am Abend zuvor eine Panne gehabt hatte und nun ohne Reserverad unterwegs war. Gereizt und zornig hatte er sie zurechtgewiesen. »Du solltest nicht mit diesem schlechten Reifen fahren. Verdammt noch mal, Liebling, dein

Weitere Kostenlose Bücher