Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
verschwommen, als sie sich die Kette um den Hals legte und das Medaillon des heiligen Christophorus unters T-Shirt steckte. »Danke.«
»Sind deine beiden Eltern gestorben? Wie alt warst du da?«
»Dreizehn bei meiner Mom. Komplikationen bei einer OP. Mein Vater ist vor drei Monaten gestorben.«
»Hart.«
»Ja, das war es.«
Das war’s? Er war überrascht, dass sie nicht die ganze Geschichte ausschlachtete, so wichtig, wie sie war. Zak sorgte dafür, dass Acadia vor ihm ging, leicht nach links versetzt, und er zwischen ihr und jedem, der ihnen folgen mochte. Einem Tier, dem sie möglicherweise begegneten, hatte er jedoch nichts entgegenzusetzen.
Im Dschungel wimmelte es vor Raubtieren, sowohl vier- als auch zweibeinigen.
So weit, so gut.
Daran, wie ihre Schultern herunterhingen, konnte er erkennen, dass ihre körperliche Leidensfähigkeit bereits ausgeschöpft war, trotzdem hatte sie sich noch nicht ein einziges Mal beklagt oder nach einer Pause verlangt.
Zak verspürte augenblicklich einen Schub Illoyalität und Reue, gepaart mit einer Woge des Ärgers darüber, wieder mal in einer Situation zu sein, die so beschissenen war, dass er nur verlieren konnte.
Als Jens Ehemann war es seine Pflicht gewesen, sie zu lieben und zu beschützen, und in beiden Aspekten hatte er jämmerlich versagt. Sie hatten ein paar Jahre zusammengelebt. Die Heirat war eine Selbstverständlichkeit gewesen. Aber Zak hatte schon lange vor der Hochzeit gewusst, dass er einen schrecklichen Fehler gemacht hatte. Zuerst hatte er alle Schuld für das Scheitern ihrer Ehe ganz auf seine Kappe genommen.
Jennifer zu heiraten war der Weg des geringsten Widerstandes gewesen. Er, Gid und Buck hatten alle Hände voll zu tun, die Firma aufzubauen, sodass wenig Zeit für irgendetwas anderes blieb. Und das hatte er nach ihrem Tod zutiefst bedauert.
Während ihrer sechs Ehejahre hatte sie sich gelangweilt und war rastlos gewesen. Unmöglich zufriedenzustellen. Sie fing damit an, allein Reisen zu unternehmen. Sie bekam den Job bei CNN. Sie lebten sich auseinander, und die Lücke wurde von Tag zu Tag größer.
Plötzlich fiel es ihm auf, und ihm wurde klar, dass die Ehe zerbrechen würde, wenn er nicht daran arbeitete. Aber da war es schon zu spät.
Gideon und Buck glaubten, dass Jennifer die Liebe seines Lebens gewesen sei. Leider war das nicht der Fall – nicht, dass Zak nicht daran glaubte, dass es eine solch perfekte Verbindung geben könne. Nein, Jennifer war schlicht und einfach nicht die Richtige gewesen. Aber er schuldete ihr seine Loyalität, seinen Respekt und seine Zuneigung in der Öffentlichkeit. Das hatten sie sich in ihren Gelübden versprochen. In guten wie in schlechten Zeiten. Er war für sie verantwortlich gewesen. Es war egal, was sie getan hatte, denn er hatte bei ihr in jeder Hinsicht versagt.
»Ich nehme ein Pfefferminz.« Mist, seine Stimme klang dünn und schwach. Er hätte ein Vermögen gegeben für einen sicheren Ort, wo er sich für eine Stunde hätte hinlegen können.
Acadia kramte die fast leere Dose aus ihrer Tasche und schüttelte sich zwei Dragées in die Hand. »Gute Idee.« Sie warf ihm einen besorgten Blick zu, während sie sie ihm in die ausgestreckte Handfläche legte. »Der Zucker könnte helfen.«
Er war weit über den Punkt hinaus, an dem ihm ein paar Bonbons helfen konnten.
Und während Acadia beharrlich einen Fuß vor den anderen setzte, verebbte seine Kraft mit jedem Schritt. Früher, als es ihm gefiel, brach in dem kleinen Stück blauem Himmel zwischen dem dichten Laub die Dämmerung herein. Innerhalb einer Stunde würde es ganz dunkel sein. Sie hatten keine Unterkunft außer dem, was er noch notdürftig errichten konnte, was im Dunkeln so gut wie unmöglich war. Er hielt Ausschau nach einem passenden Platz. Das fleckige Grün verschwamm ihm bedrohlich vor den Augen.
»Wir müssen einen Platz für ein Nachtlager suchen.« Er hielt sich an einem Baumstamm fest, alles verwackelte vor seinen Augen, als sehe er alles unter Wasser. Seine Beine knickten ein. Nicht gut.
»Wonach soll ich denn suchen?« Ihre Stimme schien von weit weg zu kommen, wie durch einen Tunnel.
Er runzelte die Stirn, versuchte verzweifelt, wieder scharf zu sehen. »Dichtes Unterholz … Äste … Verste…«
8
»Zak?« Acadia warf einen Blick über die Schulter, als er seinen Satz nicht beendete. »Stimmt irgendwas n… Oh, Mist, Mist, Mist!« Sein langer Körper lag mehrere Meter hinter ihr auf dem Boden ausgestreckt. Sie
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