Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
bevorstehenden Regenguss, sondern vor den Tieren, die bald auf die Jagd gehen würden, wenn die Sonne hinter den Bäumen unterging und die Nacht hereinbrach.
So gern er auch an eine nackte Acadia denken wollte, die energetische Gymnastikübungen machte, während sie rittlings auf ihm saß, hatte Zak andere, drängendere Sorgen. Die Guerillas schienen nicht zu wissen, dass die Brüder sich getrennt hatten, was hoffentlich bedeutete, dass Gideon frei und unbehelligt war. Eine große Erleichterung.
Aber warum wollte Piñero überhaupt entweder ihn oder Gideon lebendig? Sie war weggegangen, um Lösegeldforderungen zu stellen, und hatte vermutlich Bilder in die ZAG-Firmenzentrale und zu Buck in Seattle geschickt. Das war ein Beweis, dass sie lebten. Die Logik besagte, dass sie danach ins Lager zurückkehren würde, um sie zu töten. Warum also den einen und nicht den anderen?
»Warum machst du denn so ein düsteres Gesicht?«, flüsterte Acadia. »Hast du schlimme Schmerzen? Werden wir wieder verfolgt?«
Er schüttelte den Kopf und wünschte sich dann, er hätte es nicht getan, denn er musste sich an einem Baumstamm festhalten, um nicht umzukippen. »Ich frage mich nur, warum die Guerilla-Zicke nicht darauf bestanden hat, dass wir alle sofort umgelegt werden.«
»Vielleicht will sie einen von euch als Versicherung?« Sie wühlte in ihrer Tasche und holte die Pfefferminzdragées heraus.
»Vielleicht.«
»Du hast keine Ahnung, wo wir sind, oder?« Sie hielt Zak den Plastikbehälter hin, und als er den Kopf schüttelte, bediente sie sich selbst und steckte die Dose vorsichtig wieder in die Tasche.
»Piñero ist zurück ins Lager gegangen … wir haben ihren Pfad vor einer Stunde gesehen, und es war deutlich zu erkennen, dass sie umgekehrt sind.« Zak hatte Probleme, die Worte mit der Zunge zu formen. Scheiße. »Wir gehen Richtung Fluss. Ich beobachte die Sonne, wenn ich sie sehen kann, und das Navi zeigt uns unser Ziel. Wir finden jemanden, der uns ein Boot verkauft, und dann geht’s zurück in die Zivilisation. Morgen um die Zeit wirst du eine kalte Dusche nehmen.«
»Ich bin ja ungern der Überbringer schlechter Nachrichten, Zakary Stark, aber das hast du auch schon vor einer Stunde und eine Stunde davor gesagt.« Sie seufzte. »Ich glaube, wir sollten mal an der Tankstelle anhalten und nach dem Weg fragen.«
Er blieb stehen, und sie lief ihm in die Seite und gegen seine Schulter. Er biss die Zähne aufeinander, streckte aber eine Hand aus, um sie näher an sich zu ziehen.
»O Gott. Und was jetzt?«
Mit dem Unterarm zerrte er sie bündig an seinen Körper, das lange Messer hinter ihrem Kopf mit der Faust umklammert. »Ich brauche noch einen Kuss, um weitergehen zu können.«
Sie neigte ihr Gesicht nach oben, und als Zak ihren Mund mit seinem berührte, spürte er, wie ihr Lächeln ihm bis tief in die Brust leuchtete. Er wollte nur einen kleinen Kuss, etwas, das seinen Energiepegel davor bewahrte, einen Sturzflug zu machen. Aber sie schmeckte nach wintergrüner Minze und blauäugigen Versprechen, und plötzlich verzehrte er sich nach ihr.
Nein. Blöde Idee. Sein Blutdruck musste sich einpendeln und nicht das Blut noch schneller durch seine Venen gepumpt werden. Er ließ sie los. »Ich mache mir keine Sorgen«, sagte er. »Wir haben Essen und Wasser, und die Raubtiere schlafen tagsüber.« Zumindest die meisten.
»Die Leute, die uns entführt haben, sind Raubtiere, und ich glaube nicht, dass die eine kleine Siesta einlegen, bloß weil die Sonne scheint.«
»Punkt für dich. Wir gehen weiter, so oder so. Am Fluss gibt es mehrere kleine Siedlungen. Irgendjemand wird bereit sein, uns in die nächste Stadt zu bringen.«
»Und wie bezahlen wir das?«
»Notfalls verhökern wir meine Uhr.«
»Ich habe zwanzig Dollar im Stiefel.«
Zak schnaubte vor Lachen. »Natürlich. Außerdem«, er fischte in seiner Brusttasche und zog ihre Kette mit dem Medaillon des heiligen Christophorus heraus, »haben wir das hier.«
Ihre Augen leuchteten auf, als er die lange Silberkette in ihre ausgestreckte Hand fließen ließ. »Du hast sie für mich zurückgeholt. Danke, Zak.« Ihre Augen glühten. »Mein Dad hat sie mir geschenkt, als … Wir haben früher exotische Ferien geplant. Die wir nie gemacht haben«, gab sie zu, »aber das Planen hat Spaß gemacht. Es war das letzte Geschenk, das er mir gemacht hat, bevor er krank geworden ist. Ich …« Ihre Gesichtszüge wurden weich, und ihr Blick wurde plötzlich etwas
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