Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Titel: Gnadenlose Gedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wagner
Vom Netzwerk:
hatte, alles woran er geglaubt hatte, würde auf einem Mal den Bach runtergehen. Oder den Fluss, um präzise zu bleiben. Es wäre alles umsonst gewesen. Was immer er auch mit dieser Jagd bezweckt hatte, er würde es nicht mehr erreichen, weil in dem Moment, wo ich die Brücke losließ, würde ich auch
ihn
loslassen. Mit all seinen bizarren Ideen würde ich ihn alleine lassen. Er wäre das einsamste Monster auf dieser Erde. Aber trotzdem hätte ich das Gefühl gehabt,
er
hätte gewonnen. Er wollte meinen Tod, nichts anderes. Von Anfang an hatte er nach meinem Leben getrachtet. Selbst als er mich nur aus der Ferne beobachtet hatte, damals auf dem Kennedy-Platz, hatte er nur meinen Tod gewollt. Doch später, nach meiner Flucht, hatte sich in seinem Hirn eine verrückte Zecke festgebissen. Diese Zecke hatte ihm ins Ohr geflüstert, dass nur ein toter Krüppel auch ein guter sei. Er wollte alle Krüppel vernichten, und mit mir hatte er den Anfang machen wollen. Gott wusste warum! Ich war wirklich zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen. Hätte er an diesem Tag einen Junkie entdeckt, der lallend in einer Ecke gelegen hätte, so hätte er sich eingebildet, er müsste alle Drogensüchtigen dieser Welt vernichten. Er musste vernichten. Leben vernichten. Dabei hatte es keine Rolle gespielt, welches Leben er auslöschte. Es musste in seinen Augen nur
schwaches
Leben sein. Störendes Leben. Lebensunwertes Leben. Es musste Leben sein, das die Existenz der starken menschlichen Rasse gefährden könnte. Warum auch immer.

    Wenn er mich heute nicht erwischen würde, wenn ich ihm jetzt davonspringen könnte, dann würde er solange weiter auf die Jagd gehen, bis er
alle
Behinderten getötet hätte. Oder bis er alle Schwachen dieser Welt ausgemerzt hatte. Doch wer war in seiner Vorstellung schon stark genug, um die Berechtigung zu haben, in seiner Welt existieren zu dürfen? Waren denn eigentlich nicht alle Menschen unwürdig und schwach neben ihm? Wer war denn stark genug? Und musste er die Starken dann nicht auch vernichten, weil sie ihm gefährlich werden könnten?
    Er würde niemals Ruhe geben. Er würde solange weitermachen, bis man ihn unschädlich machte. Aber wer sollte das tun? Wer würde ihm jemals so nahe kommen können, dass er überhaupt den Hauch einer Chance gegen ihn gehabt hätte? Bis dahin hätte der Koloss Tausende von „unwürdigen“ Menschen gekillt, so wie man Mücken zerquetschte, weil sie einfach nur lästig waren.
    So wie ein Züchter seine missgestalteten Würfe vernichtete, weil sie die Reinrassigkeit seiner Zucht gefährdeten, so würde der Koloss jeden Menschen töten, der ihm als missraten erschien. Gegen ihn hatte die menschliche Rasse keine Chance. Weil er sie beschützen wollte, war er ihre größte Gefahr. Atombomben einmal ausgenommen, die waren vielleicht noch ein bisschen gefährlicher als er, wollten aber angeblich auch nichts anderes, als zu beschützen.

    Was hatte ich denn schon zu verlieren? Mein Leben? Haha! Da konnte ich doch auch noch einen Moment auf ihn warten.

    Da war er auch schon bei mir, bückte sich und packte mich. Er hielt mich so fest, als wollte er mir das Leben retten. Das schien der Wahrheit ja auch ziemlich nahe zu kommen. Er wollte mir das Leben retten, um es mir dann nehmen zu können.
    Seine Augen waren nun nicht mehr die eines Monsters. Er schaute mich an wie ein Wesen, das nicht von diesem Planeten stammen konnte. All die Menschen, die glaubten, es gäbe fremde Existenzen außerhalb unseres Sonnensystems, mussten sich so die Begegnung mit einem Außerirdischen vorstellen. Mit einem feindlichgesinnten Außerirdischen. Mit einem sehr, sehr feindlichgesinnten Außerirdischen! Der uns Menschen für das Synonym des Bösen hielt. Der dachte, wenn er unsere Welt nicht zerstören würde, dann würden wir es mit seiner tun.
    Der Koloss sah mir in die Augen und ich sah in die Hölle.

    Die Gedanken, die ich von ihm empfing, wirkten auch nicht gerade besonders beruhigend auf mich.
    [Trinken! Blut trinken! Macht! Macht! Macht! Seine Macht trinken! Blut trinken!]
    Der Typ war wirklich absolut durchgeknallt. 2 Meter 30 Irrsinn hatten mich gepackt, und ich tat etwas, was er wohl niemals vermuten hätte. Etwas, was noch keines seiner Opfer gewagt hatte. Ich hätte meinen Rollstuhl darauf verwettet, dass alle seine Opfer, egal, ob Tiere oder Mensch, immer nur einen Fluchtweg gesucht hatten. Bei seinem Anblick musste jedes Wesen an Flucht denken, selbst, wenn er ganz

Weitere Kostenlose Bücher