Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
bin ich los, um dich zu warnen. Ich habe dein – dein Lager gefunden.«
»Sie haben Scram getötet.«
»Ich weiß. Ich habe ihn begraben. Es war schrecklich. Zuerst habe ich gedacht, sie hätten dich auch getötet, aber dann habe ich deine Spur entdeckt. Nach einer Weile habe ich sie zwar verloren, dafür aber die von Issi gefunden …«
»Sie ist entkommen?«, stieß Hylas hervor.
»Die Spur führt nach Westen, aber inzwischen habe ich sie wieder verloren.«
»Nach Westen! Und ich bin nach Osten gegangen! Ich dachte, sie wäre zum Dorf oder hätte versucht, dich zu finden.«
»Wir finden sie, Hylas, ihr ist bestimmt nichts passiert.«
»Aber sie ist doch erst neun Sommer alt.«
»Ein so kleines Mädchen ist ihnen egal.«
»Aber aus welchem Grund jagen sie uns überhaupt?«
»Ich hab’s dir doch schon gesagt, ich habe keine Ahnung!«
Hylas verlor die Geduld. »Was soll das heißen, du hast keine Ahnung?«, schrie er. »Dein Vater ist der mächtigste Mann in ganz Lykonien!«
»Hylas!«
»Er ist der Stammesfürst! Es gehört zu seinen Aufgaben, Angreifer zu bekämpfen. Wieso sieht er tatenlos zu, wenn seine eigenen Leute gejagt werden!«
Telamons dunkle Augen wurden schmal. »Zweifelst du etwa an meinem Vater?«
»Oder schützt er lediglich die Dorfbewohner und überlässt die Fremdlinge ihrem eigenen Schicksal?«
»Zweifelst du etwa an meinem Vater?« wiederholte Telamon. Sein hübsches Gesicht wurde starr, während er die Hand um das Heft seines Messers legte.
Für Telamon ging es immer um die Ehre, das war für ihn das Allerhöchste. Er würde nicht zögern, die geringste Unehrenhaftigkeit zu bestrafen.
»Nein«, gab Hylas barsch zurück. »Ich zweifle nicht an deinem Vater.«
»Gut«, entgegnete Telamon knapp.
Gereizte Stille trat ein. Telamon untersuchte die Hufe der Pferde sorgfältig nach Steinen, und Hylas blieb am Ufer sitzen. Er wusste, dass sein Freund zu schwermütigen Grübeleien neigte und die Stille niemals als Erster brechen würde. Hylas überlegte, ob er Telamon den Bronzedolch zeigen sollte. Dann würde er allerdings auch erklären müssen, dass die Waffe gestohlen war und dass er einen toten Fremden in einem Grabhaus verborgen hatte, was Telamon mit Sicherheit nicht gutheißen würde.
Stattdessen bat er Telamon, ihm sein Messer zu leihen. Wortlos warf sein Freund es zu ihm hinüber, und Hylas schnitt aus seiner Tunika einen neuen Verbandsstreifen für den verletzten Arm zurecht. In der Nähe fand sich etwas Ziest, und er zerkaute einige Blätter zu einem Brei, den er vor dem Verbinden auf die Wunde strich. Dann ging er zum Wagen und überreichte Telamon das Messer, das dieser wortlos einsteckte.
Schließlich brach Hylas das Schweigen. »Das sind also Pferde.«
Telamon knurrte unwillig.
In den Bergen gab es keine Pferde, und Hylas hatte die Tiere bisher nur aus der Entfernung gesehen. Er stand neben dem größeren der beiden, einem mächtigen Ross mit schimmerndem, kastanienbraunem Fell und pechschwarzer Mähne. Als er das Pferd streicheln wollte, legte es die Ohren zurück und schnappte nach seiner Hand.
Das andere Pferd war freundlicher. Es rieb mit den Nüstern an seiner Brust und schnaubte ihm ins Ohr. Seine großen dunklen Augen waren sanft wie Pflaumen, aber der Nacken unter Hylas Hand fühlte sich kräftig und muskulös an. »Gehören sie dir?«, fragte er Telamon.
»Schön wär’s«, gab Telamon unwirsch zurück. »Das sind Vaters. Ich darf eigentlich nicht mit ihnen ausreiten.«
Hylas pfiff durch die Zähne. »Sag jetzt bloß nicht, du hast sie gestohlen «, sagte er sarkastisch.
Telamon lief rot an. »Ich hab sie mir nur ausgeborgt.«
Er drehte an seinem Siegelstein, wie er es häufig tat, wenn er über etwas nachdachte. »Hylas, diese Männer sind keine Angreifer. Sie kommen von Osten, aus dem mächtigen Mykene, und sie heißen auch nicht Krähen , sondern gehören zum dortigen Herrscherclan: dem Geschlecht des Koronos. Viele Krieger kämpfen für sie, und nur unwissende Bauern halten den Clan und seine Krieger für eine Einheit und nennen alle miteinander die Krähen .«
Hylas warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Anscheinend weißt du ja gut über sie Bescheid.«
»Ich bin der Sohn des Stammesfürsten«, erwiderte Telamon. »Natürlich weiß ich einiges über sie.«
»Für mich bleiben sie jedenfalls die Krähen. Sie haben Scram auf dem Gewissen und wollten mich und Issi umbringen.«
»Ich weiß, aber …«, Telamons Gesicht färbte sich dunkelrot,
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