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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Hylas?«
    Die Dunkelheit hatte ihn bereits verschluckt. Es wäre sinnlos, ihm folgen zu wollen.
    Zwischen die Felsen gekauert auf die Morgendämmerung zu warten, war ausgesprochen unangenehm. Sonderbare Vögel lärmten in den Bäumen und ein großes, massiges Geschöpf schnüffelte so dicht in ihrer Nähe herum, dass ihr sein Pfeffergeruch in die Nase stieg. Den Dolch fest in der Hand knurrte sie drohend, um es zu verscheuchen – und zu ihrer Überraschung nahm es Reißaus und stürzte Hals über Kopf den Hang hinunter. Ob sie gerade zum ersten Mal Bekanntschaft mit einem Eber gemacht hatte …?
    Als Pirra steif und verkrampft erwachte, krabbelten Ameisenkolonnen über ihre Beine und der Himmel färbte sich gerade grau.
    Zwischen den Bäumen erspähte sie das wogende Meer und einen schmalen Uferstreifen, auf dem ein Junge entlangging. Sie erkannte Telamon, den Sohn des Häuptlings. Er hatte sein Versprechen gehalten.
    Und wenn schon, dachte Pirra. Hylas mochte noch so schlau sein, aber im Gegensatz zu ihr hatte er seine Kindheit nicht unter den Mächtigen mit ihren Intrigen und Winkelzügen verlebt. Glaubte er ernstlich, Telamon würde ihm verraten – Dolch hin oder her –, wo sich seine Schwester befand?
    Eine Brise strich über das Meer und zauberte Muster aus schwarzen Flecken aufs Wasser, die aussahen wie Fußspuren, gerade so, als ginge dort etwas Großes, Unsichtbares. Pirra überrieselte ein Schauer. Das musste die Göttin sein, die über das Meer lief, um die Sonne zu wecken. Pirra hatte das unbehagliche Gefühl, dass die Leuchtende die Insel soeben verlassen hatte und die Sterblichen ihre Kämpfe unter sich ausfechten ließ.
    Pirra dachte an Hylas, der auf dem Wrack wartete. Wusste die Göttin von seiner Existenz? Kümmerte es Sie?
    Unten an der Böschung rührte sich etwas.
    Pirra erstarrte.
    Keine zwanzig Schritte entfernt befand sich ein Krieger. Den behelmten Kopf gesenkt, ging er sehr langsam voran. Er folgte einer Spur.
    Ihr Herz pochte heftig, als sie den Mann in der Bronzerüstung erkannte, der ein Schwert am Gürtel trug und einen mächtigen Speer in der Hand hielt. Seine Hand war mit Asche eingerieben, die Fingernägel schwarz verfärbt.
    Kratos.
    Den Blick auf den Boden geheftet, verschwand er auf dem Pfad.
    Hastig versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen. Falls Kratos das Wrack erreichte, war Hylas verloren. Wenn sie ihm jedoch folgte, musste sie den Dolch zurücklassen, damit er nicht in seine Hände fiel, und ohne Dolch konnte sie Hylas nicht viel helfen.
    Da warf Kratos einen Blick zurück und blieb unvermittelt stehen. Pirra konnte sein Gesicht nicht sehen, ahnte aber, dass er etwas entdeckt hatte.
    Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie er kehrtmachte und den Weg zurückging, auf dem er gekommen war. In ihre Richtung.
    Jetzt war er direkt unter ihr.
    Er bückte sich und hob etwas auf. Als er sich aufrichtete, wirkte er verändert. Der Jäger hatte Beute gewittert.
    Langsam ließ er den Blick über die Böschung wandern.
    Er kann mich nicht sehen, beruhigte sie sich. Er weiß nicht, dass ich hier bin.
    Doch kurz darauf erhaschte sie einen Blick auf das, was in seiner Hand glitzerte. Ihr wurde übel.
    Es war eine winzige, goldene Doppelaxt.

    Als die Sonne am Rand der Welt auftauchte, leuchtete sie rot wie eine Fackel, die den Himmel in Flammen setzen wollte.
    Hylas stand in den Brandungswellen und blickte mit gerecktem Hals zu dem Wrack hinüber.
    Irgendetwas stimmte damit nicht. Bisher war er zu weit entfernt gewesen, aber aus der Nähe erkannte er es: Das Schiffswrack, aus dem er mit Pirra Holz und Segel geborgen hatte, war weder auf schwarzem Gestein gestrandet, noch hatte es unter einem solchen Felsvorsprung gelegen, der es wie eine brechende Welle zu überschäumen drohte.
    Das hier musste ein anderes Wrack sein.
    Während er überlegte, was das zu bedeuten hatte, suchte er die schwarzen Felsen nach einem Aufstieg ab. Ob Telamon nun allein kam oder nicht, er wollte auf jeden Fall eine strategisch günstige Position mit mehreren Fluchtmöglichkeiten einnehmen.
    Hylas haschte nach einem Ginsterstrauch, zog sich daran hoch und schaffte es nach einer halsbrecherischen Kletterpartie bis nach oben. Dort angekommen, bemerkte er, dass er sich sinnlos verausgabt hatte. Vom Fuße der Landzunge aus hätte er wenig später bequem auf das Wrack klettern können.
    Das Meer hatte das Schiff halb auf die Felsen geschleudert. Dort hing es mit schwerer Schlagseite, den unablässig

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