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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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dagegenschlagenden Brechern ausgeliefert. Vorsichtig setzte Hylas auf dem schlüpfrigen Holz einen Fuß vor den anderen. Als eine der Planken nachgab, wäre er um ein Haar in den Frachtraum gestürzt. Dort unten hatte sich in der Nähe des Mastbaumes ein tiefschwarzer, glänzender Teich gebildet. Der Mast hing zerbrochen in aberwitziger Schrägstellung über dem Wrack. Er knarrte und ächzte, wenn die Wellen gegen den Rumpf schlugen.
    Außer einem Tau fand Hylas nichts, was sich als Waffe eignete. Er nahm das Seil in die eine und sein Bündel in die andere Hand, versteckte sich hinter einem Scherbenhaufen zerschmetterter Krüge und wartete.
    Seine Geduld wurde nicht lange auf die Probe gestellt.
    Telamon hatte Wort gehalten und kam allein. Er hielt an den Felsen inne. »Bist du dort drüben, Hylas?«
    Hylas schwieg.
    »Ich komme allein und ohne Waffen. Vor unserem Lager, unter dem großen Bergahorn mit einem gebrochenen Ast, liegen einige Vorräte für dich versteckt.«
    »Warum hast du das getan?«, fragte Hylas und trat aus seinem Versteck hervor.
    Telamon blinzelte mit zusammengekniffenen Augen zu ihm herauf. Er machte keine Bemerkung über das Seil in Hylas’ Hand. »Sobald ich den Dolch habe, brechen wir auf. Die Vorräte kannst du dir später holen.« Er suchte auf den Felsen nach einem Weg hinauf.
    »Bleib, wo du bist«, rief Hylas warnend.
    Telamon runzelte die Stirn. »Von mir aus. Hast du den Dolch?«
    Hylas streckte das Bündel hoch und Telamon nickte kurz.
    Das purpurfarbene Leinen der Keftiu war die richtige Wahl, dachte Hylas. Trotzdem fühlte er sich schlecht, weil er seinen Freund betrog.
    »Zeig mir den Dolch«, verlangte Telamon.
    »Sag mir, wo Issi ist.«
    »Erst, wenn ich den Dolch habe.«
    Hylas schüttelte den Kopf. »Zuerst will ich wissen, wo sie ist.«
    Die Sonne blitzte als roter Feuerball unter den schweren Wolken auf, die sich am Himmel türmten, und das Meer nagte unermüdlich am Wrack.
    Telamon war seit jeher ein schlechter Lügner gewesen.
    »Du hast keine Ahnung, wo sie steckt«, stellte Hylas fest.
    Telamon zögerte. »Ich habe ihre Spuren an unserem Felsen entdeckt, dort lag ein Kiesel mit einem eingekratzten Frosch. Die Spur führte nach Messenien, aber ich konnte ihr nicht weit folgen, ehe mich die Männer meines Vaters erwischt haben.«
    »Dann hast du mich belogen.«
    Telamon schob herausfordernd das Kinn vor. »Du weißt jetzt mehr als vorher.«
    »Du hast gelogen. Hier, das ist für dich.« Damit warf er das Bündel zu ihm hinunter.
    Telamon fing es mit einer Hand auf. Als er das Leinen aufriss, fiel ihm der Stock vor die Füße.
    »Du hast mich also auch belogen«, sagte er.
    Sie musterten sich feindselig, und Hylas wusste, dass sie nie mehr Freunde sein würden. »Hast du wirklich geglaubt, ich würde dir den Dolch einfach so überlassen?«
    »Ich habe geglaubt, du würdest dein Wort halten.«
    »So wie du?«
    Telamon setzte zu einer Antwort an. Dann riss er plötzlich entsetzt die Augen auf. »Hylas, pass auf!«
    Hylas wirbelte herum und sah den Speer auf sich zufliegen. Er warf sich zur Seite, die Waffe zischte an seinem Ohr vorbei und schlug klappernd auf den Ufersteinen auf.
    Telamon rannte zu dem Speer hinüber. »Davon habe ich nichts gewusst!«, rief er.
    Hylas gab keine Antwort. Ein Krieger kam über die Landzunge auf ihn zugelaufen. In der Morgendämmerung schimmerte seine Rüstung dunkelrot, sein Gesicht war hinter dem bronzenen Nackenschirm und dem Helm verborgen.
    Dennoch erkannte Hylas den Mann sofort. Es war Kratos. Er hielt den Dolch des Koronos in der Hand.

T rotz der schweren Rüstung bewegte sich Kratos schnell und leichtfüßig. Hylas saß in der Falle. Hinter ihm das Wrack und die tosenden Wellen, unter ihm, an den Felsen, Telamon mit dem Speer in der Hand.
    Hylas machte einen Schritt zurück. »Wo ist Pirra?«, schrie er über das Tosen der Brandung hinweg.
    Kratos öffnete die freie Hand. Eine kleine goldene Doppelaxt fiel zu Boden.
    Das Blut rauschte in Hylas’ Ohren. »Was hast du mit ihr gemacht?«
    Kratos hatte die Landzunge überquert. Er nahm Helm und Nackenschirm ab und legte beides auf den Boden. Die Botschaft war deutlich: Gegen einen kleinen Jungen benötigte er die Rüstung nicht. »Telamon«, rief er seinem Neffen zu. »Wirf den Speer herüber.«
    Telamon stand am Ufer und zögerte. »Du brauchst ihn nicht!«, schrie er. »Du hast den Dolch! Er ist machtlos gegen uns.«
    »Er ist ein Fremdling und eine Bedrohung, solange er lebt.«
    »Wie
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