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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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geflohen bist, hat Vater mich ausgepeitscht, weil ich dir geholfen habe – ja, Hylas, er weiß über unsere Freundschaft Bescheid –, und danach hat er mir alles erzählt. Warum er uns immer von dem restlichen Clan ferngehalten hat, was das Orakel sagte und was gestohlen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Kratos nur noch hinter dir her, denn außer dir gab es keinen Fremdling mehr in Lykonien.«
    »Abgesehen von Issi«, entgegnete Hylas.
    »Mädchen zählen nicht für Kratos.« Telamon massierte sich erneut die Stirn. »Als die Männer meines Vaters mich eingefangen und nach Lapithos zurückgebracht haben, ist Kratos ebenfalls dort gewesen. Von der Küste ist die Nachricht gekommen, dass ein Fremdling ein Boot gestohlen hat und im Nebel entkommen ist. Ich habe gewusst, dass du das gewesen bist. Ich habe Vater darum gebeten, Kratos auf der Suche nach dir begleiten zu dürfen, damit ich es wiedergutmachen kann, dass ich dir geholfen habe.«
    Hylas wartete schweigend, bis er weitersprach.
    »Vater hat es mir erlaubt. Er hat Kratos nichts von unserer Freundschaft erzählt und mir geglaubt, als ich gesagt habe, ich wollte die Scharte auswetzen. Verstehst du, was das bedeutet? Ich habe meinen Vater ein zweites Mal belogen, und wenn Kratos herausfindet, dass ich versuche, dir zu helfen, bringt er mich um.«
    Hylas blieb die Antwort schuldig. Er wollte Telamon gern glauben, aber das Risiko war zu groß. »Wie soll ich dir vertrauen?«, fragte er. »Du hast so viele Geheimnisse vor mir gehabt! Du hast mir weder von deinem Clan erzählt noch von dem Dolch …« Er verstummte.
    In der Stille waren nur das Summen der Libellen und die schrillen Rufe der Schwalben weit oben zu vernehmen.
    Telamon erstarrte. »Woher weißt du, dass es sich um einen Dolch dreht? Davon habe ich nichts gesagt.«
    Hylas, der dem Gesicht seines Freundes ansah, dass ihm die Antwort bereits dämmerte, schwieg.
    »Und ich habe geschworen, dass du nichts damit zu tun hast!«, rief Telamon. »Ich habe Vater gesagt, du könntest den Dolch nicht haben und wüsstest nicht einmal von seiner Existenz.«
    »Ich habe ihn nicht gestohlen«, erwiderte Hylas.
    »Aber du weißt darüber Bescheid. Hast du … den Dolch?«
    »Ja.«
    Telamon wich zurück und schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich habe dich die ganze Zeit verteidigt!«
    »Ich sage dir doch, ich habe ihn nicht gestohlen!«
    Telamon hörte nicht zu. »Wo ist er?«, fragte er barsch.
    Hylas schnaubte verächtlich. »Glaubst du vielleicht, ich trage ihn einfach mit mir herum?«
    Telamon setzte zu einer gereizten Antwort an und klappte den Mund wieder zu. »Woher soll ich wissen, ob du mich nicht anlügst? Woher weiß ich, dass es der richtige Dolch ist?«
    Hylas zögerte, aber es war zu spät, um alles abzustreiten. »Am Griff ist ein gestrichelter Kreis«, sagte er. »Ein Wagenrad, mit dem ihr eure Feinde zermalmt.«
    »Das könntest du auch gehört haben. Ich brauche mehr Beweise.«
    Hylas überlegte. »Wenn die Sonne aufgeht und der erste Lichtstrahl auf die Klinge fällt, färbt sich die Schneide blutrot. Wenn man den Dolch dann umfasst, fühlt man sich stark wie nie zuvor.«
    Telamon war fassungslos. »Ausgerechnet du hast die ganze Zeit den Dolch gehabt.«
    »Ich habe ihn nicht gestohlen, Telamon, das ist die Wahrheit. Gestern habe ich zum ersten Mal gehört, was für eine Bedeutung er hat.«
    Um seiner Wut Luft zu machen, packte Telamon einen Stock und schlug damit auf die Disteln der kleinen Lichtung ein. Als er sich wieder zu Hylas umdrehte, wirkte er älter und gefasster – wie der Sohn eines Stammesfürsten. »Bring mir den Dolch«, befahl er.
    »Was?«
    »Du sollst ihn mir geben. Ich sage, dass ich ihn gefunden habe, dann lassen sie dich in Ruhe.«
    »Sobald die Krähen den Dolch zurückhaben, sind sie unbesiegbar. Warum sollte ich das zulassen?«
    »Nicht alle Krähen – wie du sie nennst – sind schlecht. Vielleicht gelingt es meinem Vater und mir, die Ehre unseres Geschlechtes zu retten.«
    Hylas lachte höhnisch auf.
    »Wenn dich das nicht überzeugt, hör gut zu. Du entkommst nur, wenn du mir den Dolch gibst.«
    »Nein, ausgeschlossen.«
    »Weißt du eigentlich, wie mächtig sie sind?«, platzte Telamon heraus. »Dir kommt das alles so einfach vor, aber du hast noch nie erlebt, wie Kratos in Wut gerät. Außerdem hat er noch mehr Brüder, ganz zu schweigen von Koronos selbst.«
    Hylas musterte ihn. »Du hast Angst vor ihnen«, stellte er fest. »Du hast Angst vor deiner eigenen
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