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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Mach schnell, nimm schon.«
    Sie beugte sich, so weit es die Fesseln zuließen, zu ihm vor und griff hastig nach der Gabe: eine zierliche, schiefergraue Feder mit einem blaugrauen Streifen.
    »Das ist eine Falkenfeder«, sagte er. »Ich habe sie in einer kleinen Bucht gefunden. Du könntest dir daraus ein Amulett machen.«
    »So was Schönes habe ich noch nie bekommen«, murmelte sie. »Dabei habe ich nicht einmal ein Geschenk für dich.«
    Er grinste unwillkürlich. »Pirra, du hast mir gerade einen ganzen Klumpen Gold geschenkt.«
    »Aber ich habe kein Amulett für dich.« Dabei hatte sie sogar eines für ihn, das sie leider im Lager zurückgelassen hatte. Userref hatte ihr eine Löwenklaue aus dem verbrannten Tal gebracht, und die hatte sie Hylas geben wollen. Aber jetzt war keine Zeit mehr dafür.
    Sie bemerkte, dass er sie durch seine wirren blonden Strähnen ansah. »Du bist schon einmal entwischt«, sagte er. »Du schaffst es bestimmt ein zweites Mal.«
    Sie brachte keine Antwort zustande, ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    »Du bist tapfer und lässt dich nicht so schnell unterkriegen. Du schaffst es ganz sicher, Pirra.«
    Sie rang sich ein Lächeln ab. »Viel Glück, Hylas.«
    »Das wünsche ich dir auch.«
    Sie hätte ihn gern gefragt, ob er glaubte, dass sie sich wiedersehen würden, aber Userref und die Krieger waren bereits zu nahe. Als sie sich kurz darauf suchend umdrehte, war er verschwunden.

    Hylas blickte dem Schiff, das Telamon und Pirra davongetragen hatte, noch lange hinterher.
    Der frische Wind, der tüchtig in die Segel geblasen und die Abfahrt beschleunigt hatte, war längst abgeflaut und auf der Insel war Totenstille eingekehrt. Nicht einmal eine Möwe glitt über der Wasserfläche dahin. Von Filos war ebenfalls keine Spur zu sehen, wahrscheinlich jagte er mit seinem Schwarm.
    Nur sein Verstand, nicht aber sein Herz, sagte Hylas, dass es so richtig und Filos glücklich war. Seit sie gemeinsam getaucht waren, wusste er, dass sie nicht zusammen sein konnten. Als Filos ihm sein geliebtes Meer zeigen wollte, hätte Hylas es beinahe mit dem Leben bezahlt.
    Er fragte sich, ob Filos es ebenfalls wusste. Bis auf das kurze Auftauchen in der Nähe des Schiffes hatte sich der Delfin nicht mehr gezeigt.
    Telamon hatte die Vorräte unter dem Bergahorn mit dem abgebrochenen Ast versteckt: einen Trinkschlauch, Tunika, Gürtel und sogar ein Bronzemesser. Ein Beutel aus Ziegenleder war mit gepressten Oliven, Hartkäse und gesalzenen Makrelen vollgestopft. Telamon hatte trotz allem Wort gehalten, aber daran wollte Hylas nicht denken.
    Er machte sich in Richtung Norden auf den Weg und erreichte schließlich die Spalte, die der Erderschütterer am Strand gerissen hatte. Vom Wrack war keine Spur zu sehen, nur das Meer spülte unermüdlich über die Stelle hinweg.
    Hylas konnte Kratos’ schreckliches, gurgelndes Lachen förmlich hören. Was mochte er ihm in seiner merkwürdigen, abgerissenen Sprache zugerufen haben? Und was hatten seine letzten Worte zu bedeuten: Jetzt schaffst du es nicht mehr?
    Hylas baute aus Treibholz einen Steg über den Spalt und ging dann in Richtung des zweiten Wracks weiter, dessen Ladung er mit Pirra geborgen hatte. Er vermied es, an Pirra zu denken oder an das, was vor ihm liegen mochte: auf dem Floß allein in See zu stechen und von Filos Abschied nehmen zu müssen.
    Doch er kam dem Floß nicht einmal nahe, denn es steuerte bereits in flotter Fahrt aufs offene Meer hinaus. Der Mann, der es gestohlen hatte, hatte es mit einem Mast und einem Stück Segeltuch aus dem Wrack ausgestattet. Das Segel hing zwar in der Windstille schlaff herab, aber der Mann stemmte sich fest auf die Planken und ließ sich, eine Hand ans Steuerruder gelegt, von der Strömung an den Klippen vorbeitreiben. Obwohl er sich zum Schutz vor den Erzürnten das Haar kurz geschnitten hatte, erkannte Hylas ihn sofort.
    »Akastos!«, rief er und rannte ins seichte Wasser.
    Akastos drehte sich um und erstarrte. Dann stieß er einen Schrei aus, der verdächtig nach Lachen klang. »Floh! Du bist tatsächlich mit heiler Haut davongekommen?«
    »Dir habe ich das nicht zu verdanken!«, brüllte Hylas wütend. »Das ist mein Floß! Bring es sofort zurück.«
    Akastos stieß abermals sein sonderbares Lachen aus und schüttelte den Kopf.
    »Das Floß gehört mir!«, schrie Hylas. »Ich hab’s gebaut!«
    »Stimmt«, rief Akastos zurück. »Aber du hast dich dafür aus meinem Schiff bedient. Gar nicht übel für einen Jungen aus

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