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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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und Felder sind durch dunkelgrüne Hecken oder braune Zaunpfähle voneinander getrennt. Die Kühe stehen mir am nächsten, und ich vermute, dass die weißen Tupfen weiter weg entweder Schafe oder Ziegen sind. Und noch weiter hinten ist etwas, das aussieht wie gestapelte Legosteine – oder Container, aufeinandergetürmt und in verschiedenen Farben gestrichen.
    Ich versuche, die Container zu zählen, aber es gelingt mir nicht. Wie viele Leute leben auf diesem Schiff? Es ist Platz genug für ein paar Tausend.
    Ich frage mich, ob Junior wohl in einer der bunten Schachteln wohnt.
    Mein Blick wandert zum Horizont.
    Es gibt keinen Horizont. Weil es keinen Himmel gibt. Hinter den bunten Schachteln ist nur kaltes graues Metall, das sich über die Stadt wölbt. Am oberen Teil der Kuppel ersetzt ein wenig überzeugender Blauton das Grau. Wahrscheinlich soll das aussehen wie der Himmel, aber besonders gut ist die Illusion nicht gelungen.
    Genau in der Mitte befindet sich ein schrill orangefarbener Lichtball. Wenn ich die Sonne nie gesehen hätte, wäre ich vielleicht beeindruckt von dieser gleißenden, von Menschen geschaffenen Licht- und Wärmequelle. Aber ich habe die Sonne gesehen und sie ist nicht wie dieses mickrige unechte Ding. Ich starre zu der nachgemachten Sonne, bis meine Augen tränen, und als ich schließlich den Blick abwenden muss, kneife ich die Augen länger zu als nötig.
    Bunte Lichtblitze tanzen hinter meinen Lidern. Wie kann man diese Riesenlampe mit der Sonne vergleichen?
    Hier ist nichts echt. Alles ist kaputt. Zerbrochen.
    Wie das Licht.
    Wie ich.
    Ich habe nie darüber nachgedacht, wie wichtig der Himmel für mich ist, und jetzt habe ich keinen mehr.
    Ich bin von Wänden umgeben.
    Ich habe eine Kiste gegen die andere eingetauscht.

20
    Junior
    Der Älteste und ich sprechen nicht miteinander. Wir fahren mit dem Fahrstuhl hinunter ins Kryo-Deck. Vor allem aber sprechen wir nicht darüber, dass die Alarm-Box auf dem Tisch im vierten Stock geöffnet und zerschlagen ist und dass sich ihr Innenleben auf dem Fußboden verteilt hat. Kaputt. Nutzlos.
    Als die Türen aufgleiten, ist das Licht schon an.
    »Hier hinten!«, ruft Doc.
    Der Älteste macht große Schritte, trotz seines Hinkens, und ich muss mich beeilen, ihm durch den Gang mit den nummerierten Türchen zu folgen. Ich suche nach der Nummer 42, aber wir gehen zu schnell. Ich kann sie nicht finden, ohne dafür stehen zu bleiben.
    Wir biegen um die Ecke und in den Gang mit den Nummern 75 –100.
    Eine der kleinen Türen ist offen. Der Tisch ist bereits herausgezogen und es steht eine Kryo-Box darauf. Obwohl Doc uns die Sicht versperrt, merke ich, dass etwas nicht stimmt.
    Der Älteste zögert keinen Moment.
    Ich schon.
    Der Mann in der Box ist tot. Er schwimmt in dem Wasser mit den blauen Glitzerpartikeln. Seine Arme sind gebeugt, die Finger zu Klauen gekrümmt. Ich weiß, dass er gestorben ist, während er versucht hat, sich aus der Box zu befreien, als die Kryo-Flüssigkeit auftaute. Das weiß ich, weil seine Augen offen stehen, sein Mund weit aufgerissen ist und ich ihm seine Angst ansehen kann. Auf dem Boden unter ihm ist eine Pfütze aus blau gesprenkelter Kryo-Flüssigkeit und an seinem bleichen Hals sind rote Flecken.
    Der Älteste und Doc heben den Deckel ab.
    »Wer war er?«, frage ich.
    »Nummer 100.« Die letzte Box in der Reihe, der letzte Mensch, der eingefroren wurde.
    Mir sagt das nichts, aber der Älteste atmet tief durch. Doc nickt ihm bedeutsam zu.
    Der tote Mann zuckt und ich springe erschrocken zurück. Aber Doc zieht nur die Schläuche aus seinem Hals. Bei jedem Ruck bewegt sich sein Körper. Wasser schwappt aus der Box. Ich weiche zurück, aber es spritzt trotzdem auf meine Stiefel. Ich gehe zum Tisch am Ende des Gangs, nehme mir Docs Floppy und fahre mit dem Finger über den Rand, um ihn zu aktivieren. Der Schirm leuchtet auf. Ich lege den Daumen auf den Scanner und es blinkt die Berechtigung auf: »Ältester/Junior: vollständiger Zugang gewährt.«
    Der Schirm füllt sich mit Informationen – Icons, Ordner, Texte. Ich suche nach Nummer 100. Nach einigem Herumtippen finde ich die Akte des Toten.
    Name: William Robertson
    Nummer: 100
    Verwendung: Führungsspezialist
    Status: Entscheidend für offensive Organisation
    Hintergrund: Marineinfanterie, aktiver Dienst im Krieg in …
    Der Älteste nimmt mir den Floppy aus der Hand und mit einer Berührung seines Fingers schwärzt er den Bildschirm wieder.
    »Pass auf«, wispert er und

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