Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt
genug ist, dass ich zwei Finger hineinstecken kann. Sie ist leer. Dann drücke ich den Knopf unter dem größeren Rechteck. Nichts passiert. Ich drücke noch mal. Diesmal fester. Ein leises Biep! hallt durch mein stilles Zimmer, als das Türchen zischend aufgeht.
Dahinter ist ebenfalls ein Hohlraum, aber dieser ist nicht leer. Es steht eine warme Pastete darin, aus der an einer Seite leckere Soße quillt. Ich verschlinge drei oder vier Bissen, bevor ich wirklich etwas schmecke.
Als ich etwas schmecke, fällt mir das Schlucken schwer. Es ist eine Fleischpastete mit Soße und unterschiedlichen Gemüsesorten. Aber die runden grünen Dinger, die aussehen wie Erbsen, sind viel dicker und gummiartiger als alle Erbsen, die ich kenne. Und die Stücke, die ich zunächst für Kartoffeln gehalten habe, sind gar keine Kartoffeln. Sie erinnern mich an Tofu, nur zäher, und nachdem ich die Soße von einem Stück abgeleckt habe, fühlt sich das Zeug auf meiner Zunge an wie Gummi und schmeckt auch so. Es sind auch kaum Gewürze in dieser Pastete auszumachen – auf jeden Fall Salz und irgendwas Süßes wie Zimt, aber kein Pfeffer, nichts, was dem Ganzen ein bisschen Feuer verleihen würde.
Und das Fleisch … es sieht auch nicht aus wie Fleisch, das ich kenne. Es ist kein bisschen Fett daran. Jedes Stück ist ein perfekt geformter Würfel. Hat ein geschickter Koch es so zugeschnitten – oder ist es vielleicht gar kein Fleisch? Ich stelle mir Eiswürfelbehälter vor, in die kein Wasser gefüllt wird, sondern roter glibberiger Fleischersatz. Das bringt mich zum Würgen, und ich werfe die Überreste der Pastete in den kleinen Behälter an der Tür, der aussieht wie ein Mülleimer. Kaum sind sie darin verschwunden, als der Boden des Behälters auch schon zur Seite schießt. Zum Vorschein kommt ein langer schwarzer Tunnel, in den die Pastete blitzschnell eingesaugt wird.
Ich schüttele den Kopf. Diese Technologie ist viel besser als alles, was wir auf der Erde hatten. Noch ein Anzeichen dafür, dass ich nicht hierher gehöre.
Ich wünschte, es wäre jemand da, mit dem ich diese Entdeckungen teilen kann. Mein Blick wandert zum Stuhl und ich kann Junior fast dort sitzen sehen. Die einzige Person an Bord, die sich nicht wünscht, dass ich vom Schiff verschwinde.
Ich denke an meine Eltern. Sie sind auch auf diesem Schiff, aber noch fünfzig Jahre entfernt.
Ich kneife die Augen zu und zwinge mich, nicht mehr daran zu denken.
Aber dann denke ich daran, wie mich jemand aufgeweckt hat und dass ihnen das auch passieren könnte.
Ich schaudere und rede mir ein, dass das nur daran liegt, weil es so kühl im Zimmer ist. An einer Wand steht ein Schrank neben einem großen Stück Metall, das ich für ein Fenster halte, denn rundherum schimmert Licht durch. Die Kleidung im Schrank riecht muffig, aber als ich ein paar Teile ausschüttele, machen sie einen sauberen und gepflegten Eindruck. Ich kann in keiner der Schubladen einen BH finden, aber eine ist voller Unterhosen. Ich finde es ziemlich eklig, Unterhosen anzuziehen, ohne zu wissen, woher sie kommen oder ob sie jemand anders gehören, aber sie sehen zum Glück nicht alt oder gebraucht aus. Ich lasse das Handtuch fallen und ziehe eine rehbraune Tunika und eine dunkle Hose an. Beides ist an den Rändern mit aufgemalten gelben Blümchen verziert. Als ich das Handtuch in den Wäschekorb neben dem Schrank werfe, schnappt der Deckel zu. Eine Dampfwolke quillt darunter hervor und der Deckel zischt wieder auf. Das Handtuch darin ist sauber und trocken.
Es gibt zu viel, was ich über dieses Schiff nicht weiß. Ich muss andere Leute finden, alles über das Schiff in Erfahrung bringen und herausfinden, wie ich meine Eltern vor demjenigen schützen kann, der an meinem Kasten den Stecker herausgezogen hat. Denn auch wenn ich sie jetzt mehr brauche als je zuvor, will ich nicht, dass sie kalt und allein aufwachen und das Gefühl haben, unter dem Glasdeckel zu ertrinken.
Unter dem viereckigen Stück Metall neben dem Schrank zeichnet sich ein schmaler Lichtstreifen auf dem Teppich ab. Ich berühre das Metall. Es zischt sofort zur Seite und zum Vorschein kommt ein schmutziges Fenster mit Blick auf leuchtend grüne Felder.
Hier werde ich also die nächsten 49 Jahre und 266 Tage verbringen.
Es ist nicht hässlich. Es ist nicht das, was ich erwartet habe. Es ist noch mehr Grün da. Hinter dem Rasen des Krankenhauses breiten sich sanfte Hügel auf beiden Seiten einer staubigen Straße aus. Die Weiden
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