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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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Knie bis zum Kinn hochgezogen und die Arme um ihre Beine geschlungen. Neben ihr liegt ein dickes altes Buch. Es ist aufgeschlagen, aber sie liest nicht darin. Im Raum herrscht ein ziemliches Durcheinander. Auf einer Seite stapeln sich Skulpturen und Bilder der Künstler vergangener Generationen und an der anderen Wand lehnen reihenweise Leinwände – überwiegend von Harley, aber auch ein paar von anderen Malern. Kunst ist hier auf der Godspeed nicht besonders hoch angesehen, und obwohl Orion versucht hat, aus diesem Sammelsurium eine richtige Ausstellung zu machen, haben ihn die Bücher doch wesentlich mehr interessiert als die Gemälde.
    »Wie hast du mich gefunden?«, fragt Amy, als ich mich neben sie auf den Fußboden setze.
    Ich zupfe an der Dra-Kom an ihrem Handgelenk. »Die Dinger lassen sich orten, schon vergessen?«
    Sie nickt stumm. Ihr Kopf sinkt auf meine Schulter und das lange rote Haar fällt mir über den Arm.
    »Tut mir leid, dass du das gesehen hast«, sage ich.
    »Es tut mir viel mehr leid, dass es geschehen ist. Weißt du …« Amy sieht mich beim Sprechen nicht an. »Weißt du schon, wer es war?«
    »Wir haben ein paar Verdächtige. Die Zweite Technikerin Shelby sagt, dass gestern ein Versorger im Archiv herumgeschrien hat. Irgendwas darüber, dass er tun könnte, was er will …«
    Ich beobachte sie genau. Shelby hat auch berichtet, dass Amy die Person war, die der Versorger angeschrien hat. Sie lässt sich zwar nichts anmerken, aber ich kann das Geheimnis in ihren Augen sehen, das darum kämpft, endlich gelüftet zu werden.
    »Wieso bist du weggerannt?«, frage ich sanft.
    Es gefiel mir gar nicht, Amy allein weglaufen zu lassen, aber ich konnte die Untersuchung des Tatorts nicht abbrechen, nicht vor den Technikern und nicht, bevor sie alle Anweisungen hatten, die sie zur Tätersuche brauchten. Aber ich habe die ganze Zeit ihre Dra-Kom geortet, bis ich endlich gehen konnte.
    »Ich dachte, ich gehe schon mal vor und fange mit dem Hinweis an, den Orion mir hinterlassen hat«, sagt sie mit zittriger Stimme.
    »Hast du etwas gefunden?«, frage ich und tue so, als würde ich nicht merken, dass sie geweint hat. Der Tod des Mädchens von der Kaninchenfarm scheint sie mehr zu belasten als die auf dem Schiff geborenen Menschen.
    Amy schiebt mir das Buch hin. Ich verziehe schmerzhaft das Gesicht beim Anblick eines Buches – eines Buches ! Von der Sol-Erde ! – das über den Boden geschoben wird, aber ich sage nichts und nehme es in die Hand. Ich überfliege den Titel und blättere ein paar Seiten um. »Wo siehst du hier einen Hinweis?«
    »Alice folgt einem Kaninchen in ein Kaninchenloch«, sagt sie und schlägt für mich ein Kapitel ziemlich weit vorn auf. Irgendwie vermeidet sie es, mich zu berühren, so wie sie auch jedem Augenkontakt ausweicht. »Ich dachte, das könnte es sein. Aber offenbar nicht.«
    Ich betrachte die Abbildung am Anfang des Kapitels: Ein Mädchen in einem Kleid starrt neugierig in ein Loch unter einem Baum.
    »Wieso bist du in die Galerie gegangen?«, frage ich. Ich klappe das Buch zu und lege es vorsichtig neben mich.
    »Weil sonst keiner herkommt«, sagt sie leise. »Ich wollte nicht im Literatursaal bleiben und dachte, dass mich hier oben niemand findet.«
    Ich frage mich, ob ich auch niemand bin.
    Amy dreht ihre Dra-Kom immer wieder um ihr Handgelenk. Die Haut ist schon ganz gerötet. Am liebsten würde ich ihre Hand festhalten. Stattdessen nehme ich das Buch wieder hoch und betrachte die Rückseite. Ich weiß zwar nicht, was in Amy vorgeht, aber vielleicht finde ich den nächsten Hinweis und kann sie damit aus der Welt herausholen, in die sie sich zurückgezogen hat.
    »Heh«, sage ich.
    Amys Aufmerksamkeit kehrt zu mir zurück. »Was ist?«
    Ich zeige ihr die Rückseite des Umschlags. »Weitere Bücher von Lewis Carroll«, lese ich laut vor. »Alice hinter den Spiegeln.«
    »Und?« Amy sieht mich neugierig an.
    »Der erste Hinweis war doch auf der Rückseite eines Bildes, richtig?«, frage ich. Amy bedeutet mir mit einer Handbewegung, weiterzusprechen. »Vielleicht gilt das auch für den zweiten.«
    » Alice hinter den Spiegeln ist aber ein Buch«, wendet Amy ein. »Kein Gemälde.«
    Statt mit ihr zu diskutieren, springe ich auf und gehe auf einen Stapel Gemälde zu. Harley hat so viele Bilder gemalt, und die Galerie ist so klein, dass nicht alle Bilder an der Wand hängen. Hastig durchstöbere ich die Leinwände – ich weiß genau, welches Bild ich suche.
    »Harley

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